Philosophisches Hausarbeitsthema/ Sekundärliteratur zu Platons Protagoras?

1 Antwort

Bei einer Hausarbeit sollte das Thema ausreichend eingegrenzt zu sein, um etwas vertieft und gründlich zu untersuchen.

Das Gespräch endet ohne abschließende Klärung. Eine Einigung besteht darin, die Frage nach dem Wesen der Tugend/Vortrefflichkeit sei weiter zu untersuchen. Überlegt werden kann, welche Lösung Platon selbst zu den im Dialog offengebliebenen Fragen vorschwebt.

Eine allgemeine Möglichkeit ist, sich auf einen einzelnen Abschnitt des Dialoges »Protagoras« zu konzentrieren und den Gedankengang (vertretene Thesen und Argumentation) zu untersuchen.

Zu dem genannten inhaltlichen Interesse ist ein Mythos (Platon, Protagoras 320 c – 323 a) mit Aussagen zur Anthropologie und Kulturentstehung besonders passend. Er steht im Zusammenhang mit der Frage nach der Lehrbarkeit von Tugend. Auffassungen zum Wesen des Menschen können ermittelt werden. Ergänzend kommen z. B. ein Vergleich mit anderen Positionen und eine Auseinandersetzung, wie überzeugend die Aussagen sind, in Frage.

Inhaltlich bietet vielleicht Anregungen:

https://www.gutefrage.net/frage/der-griechische-mythos-von-prometheus

Hauptthema des Dialoges sind Fragen zur Tugend/Vortrefflichkeit (ἀρετή [arete]).

Lehrbarkeit der Tugend/Vortrefflichkeit (ἀρετή [arete]): Ist Tugend/Vortrefflichkeit lehrbar und kann also erfolgreich weitergegeben werden?

Einheit und Vielheit der Tugend/Vortrefflichkeit: Sind die einzelnen Tugenden/Vortrefflichkeiten – genannt werden werden Gerechtigkeit (δικαιοσύνη [dikaiosyne]), Tapferkeit (ἀνδρεια [andreia]), Besonnenheit (σωφροσύνη [sophrosyne]), Frömmigkeit (ὁσιότης [hosiotes]) und Weisheit (σοφία [sophia]) – bloß verschiedene Namen für die gleiche Sache oder bestehen sachliche Unterschiede? Sind die einzelnen Tugenden/Vortrefflichkeiten Teile zu einem Ganzen und haben zugleich jeweils ihre Eigentümlichkeiten (z. B. wie beim Gesicht Teile - Mund, Nase, Augen und Ohren - ein organisches Ganzes bilden)? Kann ein Mensch die eine Tugend haben, die andere nicht (z. B. gerecht sein, aber nicht tapfer)?

Verhältnis von Tugend/Vortrefflichkeit und Wissen/Erkenntnis (ἐπιστήμη [episteme]): Beruht Tugend/Vortrefflichkeit auf Wissen/Erkenntnis? Nach Platons Standpunkt ist Wissen/Erkenntnis für Tugend notwendig (zur Gleichsetzung, dem „Tugendwissen“ vgl. Protagoras 360 d; Menon 87 c – 89 a; Politeia 348 c – 351 c; Gorgias 460 b; Laches 194 d). Fehlverhalten ist dann ein intellektuelles Versagen. Dies ein Standpunkt, der durchaus als Herausforderung verstanden werden kann. Spielen Gefühle/Leidenschaften nicht eine Verstandesüberlegungen ausschaltende Rolle? Gibt es nicht Handeln wider besseres eigenes Wissen? Zu diesem Thema der Unbeherrschtheit/Willensschwäche (ἀκρασία [akrasia]) gibt es auch Gedanken von Aristoteles, Nikomachische Ethik 7, 1 – 11.

Literatur:

Platon, Protagoras. Eingeleitet, übersetzt und erläutert von Bernd Manuwald. Göttingen : Vandenhoeck & Ruprecht, 2006 (Sammlung Philosophie ; Band 6). ISBN 978-3-525-30605-5 (mit ausführlichem Literaturverzeichnis)

Platon, Protagoras : griechisch-deutsch = Anfänge politischer Bildung. Herausgegeben, übersetzt und erläutert von Karl und Gertrud Bayer. Düsseldorf : Artemis & Winkler, 2008 (Sammlung Tusculum). ISBN 978-3-538-03514-0

Platon, Protagoras : griechisch/deutsch. Übersetzt und kommentiert von Hans-Wolfgang Krautz. Bibliographisch ergänzte Ausgabe. Stuttgart : Reclam, 2000 (Reclams Universal-Bibliothek ; Nr. 1708). ISBN 978-3-15-001708-1

Robert Bees, Der Mythos im Protagoras. In: Markus Janka/Christian Schäfer (Hrsg.), Platon als Mythologe : Interpretationen zu den Mythen in Platons Dialogen. 2., vollständig überarbeitete und aktualisierte Auflage. Darmstadt : Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 2014, S. 175 – 202

Dirk Cürsgen, Tugend/Bestform/Exzellenz (aretê). In: Platon-Lexikon : Begriffswörterbuch zu Platon und der platonischen Tradition. Herausgegeben von Christian Schäfer. 2., durchgesehene und bibliographisch aktualisierte Auflage. Darmstadt : Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 2013, S. 285 - 290

Michael Erler, Platon (Grundriss der Geschichte der Philosophie. Begründet von Friedrich Ueberweg. Völlig neu bearbeitete Ausgabe. Herausgegeben von Helmut Holzhey. Die Philosophie der Antike - Band 2/2). Basel ; Stuttgart : Schwabe, 2006, S. 184 – 192 (Dialog »Protagoras«), S 438 – 440 (Ethik) und S. 611 – 615 (Literatur zum Dialog »Protagoras«)

S. 438: „Wenn die Tugenden auf Wissen beruhen, ist eine Differenzierung nur durch die Gegenstände möglich, auf welche sich das Wissen richtet. Da jedoch alle Tugenden auf das Gute zielen, ist von einer Einheit der Tugenden auszugehen. Denn zugrunde liegt ein Wissen, was gut und was nicht gut ist. Allerdings gibt es verschiedene Formen des Gut-Seins, die nicht identisch, aber auch nicht unterschiedlich im Sinn von Teilbereichen vom Wissen des Guten sind: Das Teil-Ganze-Verhältnis der Tugenden gerät damit in die Nähe des Einheit-Vielheit-Problems der Ideen […]. Die Möglichkeit einer Einheit der Formen des Gutseins im Verständnis Platons ist deshalb umstritten […]. Lösungsmöglichkeiten deuten sich sich mit Blick auf die <Politeia> an […].“

Edward C. Halper, Dialog und Argument in Platon, Protagoras. In: Platon verstehen : Themen und Perspektiven. Herausgegeben von Marcel van Ackeren. Sonderausgabe. Darmstadt : Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 2011, S. 39 - 56

Christoph Horn, Tugend. In: Platon-Handbuch : Leben, Werk, Wirkung. Herausgegeben von Christoph Horn, Jörn Müller und Joachim Söder. Unter Mitarbeit von Anna Schriefl und Simon Weber. Stuttgart ; Weimar : Metzler, 2009, S. 343 – 347

Jörn Müller, Anthropologie. In: Platon-Handbuch : Leben, Werk, Wirkung. Herausgegeben von Christoph Horn, Jörn Müller und Joachim Söder. Unter Mitarbeit von Anna Schriefl und Simon Weber. Stuttgart ; Weimar : Metzler, 2009, S. 191 – 199 (geht nicht ausdrücklich auf den Dialog »Protagoras« ein)

Gustav Adolf Seeck, Nicht-Denkfehler und natürliche Sprache bei Platon : Gerechtigkeit und Frömmigkeit in Platons Protagoras. München : Beck, 1997 (Zetemata : Monographien zur klassischen Altertumswissenschaft; Heft 96). ISBN 978-3-406-42393-2

Marcel van Ackeren, Das Wissen vom Guten : Bedeutung und Kontinuität des Tugendwissens in den Dialogen Platons. Amsterdam ; Philadelphia : Grüner, 2003 (Bochumer Studien zur Philosophie ; Band 39). ISBN 90-6032-368-8

Ursula Wolf, Die Suche nach dem guten Leben : Einführung in Platons Frühdialoge. 2., aktualisierte Auflage. Frankfurt am Main : Klostermann, 2013 (Klostermann Rote Reihe ; Band 60). ISBN 978-3-465-04193-1 (zum Dialog »Protagoras« S. 118 – 125)