Philosophiefrage Kant - Mill

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Kants kategorischer Imperativ besagt: „Handle so, dass die Maxime deines Willens jederzeit zugleich als Prinzip einer allgemeinen Gesetzgebung gelten könne.“ Das individuelle Handeln muss dabei mit der universellen Vernunft übereinstimmen (das unterscheidet den kategorischen Imperativ von der „goldenen Regel“). Verbrecherisches Handeln kann niemals Prinzip einer allgemeinen Gesetzgebung sein, andernfalls müsste man wollen, dass Verbrechen auch gegen einen selbst verübt werden könne; eine solche Auffassung wäre aber unvernünftig. - Wenn jemand zu einem SS - Offizier wahrheitsgemäß sagt: „Ja, ich habe Juden versteckt!“, so könnte ein solcher Verrat, selbst wenn er dem „edlen“ Motiv der Wahrheitsliebe entspringt, niemals Prinzip einer allgemeinen Gesetzgebung sein; andernfalls müsste der betreffende „Wahrheitsfanatiker“, falls er in eine ähnliche fatale Situation käme, gleichfalls wollen, dass er von einem anderen, der ebenfalls die Wahrheit rückhaltlos liebt, verraten wird. So etwas wäre selbstverständlich unvernünftig. Sicher wird durch die Lüge das moralische Prinzip der Wahrheit verletzt, doch es kann nicht vernünftig sein, die Wahrheit in jedem Falle mitzuteilen. Nach Kant darf also derjenige, der Juden versteckt, einen SS – Offizier anlügen. - Bei John Stuart Mill und Bentham ist es genauso. In einer einfachen Formulierung lautet deren utilitaristisches Grundprinzip: „Handle so, dass die Folgen deiner Handlung bzw. Handlungsregeln für das Wohlergehen aller Betroffenen optimal sind.“ Nach dem Konsequenzprinzp des Utilitarismus wäre die Lüge für den SS-Offizier negativ. Nach dem Nutzenprinzip würde die Lüge für den SS-Offizier ebenfalls keinen „hohen Nutzen“ bringen; die Lüge wäre also abzulehnen. Nach dem hedonistischen Prinzip allerdings wäre die Lüge zu begrüßen. Bentham bzw. Mill gehen von einem hedonistischen Menschenbild aus. Für sie wird der Mensch von zwei Zuständen bestimmt: Freude und Leid. Der Mensch strebt stets nach der Maximierung von Lust und der Verminderung von Leid. Dementsprechend ist eine Handlung in dem Maße gut, wie sie angenehme Erlebnisse fördert bzw. Leid vermindert. Die Lüge wäre demnach zu begrüßen, weil sie Leid vermindert.