Outing heute überhaupt noch nötig?

10 Antworten

Ich finde man sollte sich zumindest vor der Familie outen.
Ich bin auch zu meiner Mutter gekommen und meinte: Ich hab einen Freund.

Das ist ja gleichzeitig auch irgendwo wie ein Outing. Die Leute stellen fragen, wie lange man es schon weiß, ob es wirklich stimmt, mann offenbart ihnen seine Gefühlswelt, die man so lange verheimlicht hat.
Die Reaktion des Umfelds ist eben nicht immer locker und gelassen.

Daher macht man sich Gedanken. Die Mehrheit ist eben Hetero, da gehen die Leute natürlich erstmal davon aus, dass man es auch ist.
Ich finde auch indem man sagt: Hey, ich habe einen Freund" outet man sich. Man offenbart, dass man auf Männer steht. Was viele Menschen als "anders" betrachten.

Wenn die Welt soweit wäre, und es als normal ansehen würde, sprich es wirklich keinen weiter interessieren würde, wäre es nicht weiter schlimm, allerdings ist es heute noch so, dass es gerade für die Jugend eben nicht immer normal ist. Man würde sicherlich noch bei manchen doof angeschaut, wenn man einfach so mal seinen Freund/Freundin vorstellen würde, deswegen ist es quasi eine verbale Vorwarnung, aber ich würde auch gerne in einer Welt leben in der es nicht so ist.

Ein Outing vor Familie und Freunden ist halt auch, damit man auch mit denen offen über alles reden kann - das bedeutet, wie hier auch mehrfach schon angesprochen wurde, nicht unbedingt das "hey ich bin..."-sagen, sondern kann auch einfach durch, das man sagt/zeigt, ich hab den und den kennengelernt, passieren. 

Allerdings gibt es auch einen gewissen Redebedarf, den ich selber zum Beispiel hatte, als ich herausfand, zu einer Minderheit auf dem Gebiet zu gehören, dieser entstand aus dem Grund, weil ich vorher noch nie davon gehört hatte und ich das selber schlimm fand, weil es so etliche Jahre und Entscheidungen gab, die ich sonst anders getroffen hätte. 

Das ist auch der einzige Grund, warum ich mich manchmal oute, ich möchte darauf hinweisen, HEY wir existieren und es ist nicht schlimm! (da sind homosexuelle inzwischen aber auch an einem anderen Punkt, denn die meisten Menschen wissen und akzeptieren diese Ausrichtungen und ein paar Idioten gibt es immer und wird es immer geben, kann man ignorieren ...), wenn es darum nicht ginge und ich mit meiner Familie ja offen reden kann (weil ich mich da in der Tat "geoutet" habe) gäbe es jeweils nur eine Person, die es wissen muss, und bei der man sich in meinem Fall wirklich outen muss, das wäre der potentielle Partner. Allerdings ist das natürlich ein Sonderfall, den Homosexuelle so nicht haben, da es bei ihnen offensichtlich wird, sobald sie einen potentiellen Partner als solchen auch ansprechen.

Also nicht für jeden, und für jede Gruppe, ist ein "outen" nötig, ich empfinde aber, man sollte es dennoch dürfen, ich finde zum Beispiel den Satz: "Kannst du ja sein, aber erzähl mir das gefälligst nicht" als schlimm, denn ich würde ja auch niemandem verbieten wollen, zu erzählen, er sei hetero - dabei kommt es auf die Art und Weise des Erzählens an. Klar, ich würde auch nicht wollen, das jedem sowas einfach mal so auf der Straße erzählt wird, denn es geht im Prinzip niemanden was an, aber wenn man zum Beispiel in einem Gespräch ist, wo es wichtig sein kann, um Perspektiven zu erklären, sollte man es auch aussprechen dürfen.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Ich bin selber asexuell und kenne auch einige andere.

Ich persönlich finde, dass bei so etwas wie einer Veränderung der Pronomen (z. B. inter, nonbinary) oder des Körpers (trans) ein Outing zumindest bei Eltern und Freunden angebracht/hilfreich/sinnvoll wäre.

Ich zum Beispiel bin aber lesbisch und habe für mich beschlossen, mich nicht so "klassisch" zu outen. Ich denke, da meine Eltern nicht das geringste Problem mit meiner Sexualität haben werden und es sonst aus meiner Sicht (außer meinen Freunden) niemand zu wissen braucht, ist zumindest in meinem Fall nicht nötig, zumal ich auch Single bin.

Es kommt aber darauf an: Sind deine Eltern vertraut mit dem Thema? Tolerant gegenüber anderen Sexualitäten/Geschlechtern? Du musst, denke ich, selbst erstmal entscheiden, ob in deinem speziellen Fall ein Coming Out nötig ist, UND, ob es dir selbst helfen würde, zum Beispiel in der Art, damit umzugehen, oder es zu verstehen. Ein Outing kann also nicht nur informativ für andere, sondern auch nützlich für dich selbst sein.

Ich denke aber, dass du und viele, die die Frage angeklickt haben, ein klares JA oder NEIN hören wollen und entschuldige mich für die Enttäuschung in dieser Hinsicht.

Also, ich finde Outings grundsätzlich überbewertet und auch in extrem seltenen Fällen erforderlich.

Dabei meine ich nicht nur ein sexuelles Outing (sprich: sexuelle Orientierung), sondern auch ein geschlechtliches Outing (sprich: trans*, nichtbinär, etc.)

Wobei ich es bei abweichendem Geschlecht noch eher "verstehen" kann bzw. den Sinn dahinter sehe. Bei sexueller Orientierung hingegen befinde ich es für unnötig.

Wenn jemand explizit danach fragt, welche sexuelle Orientierung man hat, dann kann und sollte man natürlich ehrlich darauf antworten - aber sofern dies nicht der Fall ist, sehe ich dafür keinen plausiblen Grund.
Übrigens auch nicht gegenüber der Familie oder den Freunden.

Ich zum Beispiel hatte nie ein "Outing" - und trotzdem wussten oder wissen alle, die es wissen müssen, darüber Bescheid, wer ich bin und welche Art von Mensch mein Herz in partnerschaftlicher Hinsicht höherschlagen lässt.

Aber diese "typischen Outings", sei es gegenüber Familie, Freunden oder Bekannten, finde ich - was sexuelle Orientierung angeht - völlig unnötig. Wozu muss man seiner Familie / seinen Freunden / etc. mitteilen, wen man anziehend findet? Das ist doch ne reine Privatsache.

Und außerdem erfahren die betreffenden Personen es ohnehin irgendwann, wenn man mal die erste Beziehung eingeht und den Partner vorstellt oder mit nach Hause bringt.
Warum also vorher ein Tamtam darum machen? Erscheint mir relativ unnötig.

Bei einem geschlechtlichen Outing (z.B. als trans*, nichtbinär, etc.), kann ich die Intention dahinter noch eher verstehen. Man wird vom Umfeld als jemand wahrgenommen, der man nicht ist - und das möchte man richtig stellen.

Wobei ich hier die Herangehensweise entscheidend finde: Es ist freilich immer viel leichter gesagt als getan, aber ich finde es wichtig, dass man dabei entschlossen und konsequent vorgeht.
Vor allen Dingen sollte man sich nicht verunsichern oder beirren lassen, weshalb ich eine gewisse "Grundsicherheit" über das eigene Geschlecht als Voraussetzung erachte.

Als Beispiel aus meinem Bekanntenkreis, um zu veranschaulichen, was ich meine:
Eine befreundete Transfrau, die ihre Transition relativ früh begonnen hat, hatte ihr "Coming-out" mit 14 Jahren.
Sie sagte zu ihren Eltern allerdings nicht: "Ich möchte gern eine Frau sein" oder "Ich fühle mich als Frau". Sie stellte direkt die Tatsachen klar, indem sie sagte: "Mama, Papa - ich bin eine Frau. Und ich heiße ...".

Das ist es, was ich unter einem selbstbewussten Auftreten und einer sicheren Geschlechtsidentität verstehe. Und natürlich habe ich absolutes Verständnis dafür, dass nicht jeder von Anfang an dieses Selbstbewusstsein an den Tag legen kann.
Aber ich finde - und das ist nur meine persönliche Meinung - dass man eine gewisse "Grundsicherheit" haben sollte, bevor man den Entschluss fasst, sich zu "outen".
Klar darf man mal Zweifel haben und Dinge hinterfragen, doch sollte man sich - besonders wenn es um sexuelle und geschlechtliche Selbstfindung geht - nicht beirren lassen und nur auf sich selbst vertrauen.
Man selbst weiß schließlich am besten, was man möchte bzw. ist oder nicht.

Ich selbst hatte übrigens nie ein "klassisches Coming-out", nach dem Motto: "Freunde/Eltern/was-auch-immer... ich muss euch da was sagen...".

Zumal ich selbst bis heute eigentlich keine "eindeutige" Bezeichnung für meine sexuelles und romantisches Empfinden gefunden habe. Am ehesten trifft es für mich die Beschreibung "androphil" - und wenn ich gefragt werde, dann beschreibe ich es auch stets so.

Auch was mein Geschlecht angeht, hatte ich nie ein "offizielles Coming-out" - irgendwann wusste es in meinem Bekanntenkreis jeder, wer bzw. welches Geschlecht ich bin - und die Sache war erledigt.
Ich binde es niemandem auf die Nase, reagiere aber, wenn jemand mich falsch anspricht, vorstellt oder benennt. Das Recht auf korrekte Anrede hat schließlich jeder - und wem das zu umständlich, unverständlich oder blödsinnig ist, den ignoriere ich. Und er mich bitte auch.

Von daher möchte ich zusammenfassend sagen: Geht die Intention des Outings von einem selbst aus ("Ich will, dass die Leute das wissen"), befinde ich es sowohl bei sexueller, als auch geschlechtlicher Identität für überflüssig. Denn man sollte sich fragen: Warum sollen die Leute es wissen? Reicht es nicht, wenn ich es selbst weiß?

Wird man allerdings danach gefragt oder stecken wichtige Gründe dahinter (z.B. korrekte Geschlechtsbezeichnung und Anrede, korrektes Gendern), sollte man, zumindest meiner Meinung nach, eine ehrliche Antwort darauf geben.
Betonung auf sollte. Muss man natürlich nicht. Wobei ich hier nach dem uralten Motto gehe: Ehrlich währt am längsten.

Zwangsoutings sind natürlich ein absolutes No-Go, das sollte sich von selbst verstehen. Und jemanden absichtlich zu outen, ohne dessen Kenntnis oder Einverständnis, ist für mich absolut unterste Schublade.

Abschließend bleibt mir nur noch zu sagen, was ich oben schon gesagt habe: An sich halte ich "Coming-outs" für überflüssig und unnötig, sofern keine wirklich relevanten Gründe dahinterstecken.

Und ob man sich outet oder nicht, ist immer eine ganz individuelle Entscheidung, die jeder für sich selbst treffen muss.
Wenn man danach gefragt wird, sollte man offen antworten - ansonsten kann es den Mitmenschen relativ egal sein und ich sehe keine Veranlassung dazu, es zu erwähnen.

Genau so habe ich das auch schon betrachtet. 

Warum muss man sich definieren und sich zu irgendetwas bekennen?

Man sollte froh darüber sein, wenn man Liebe geben und empfangen kann. Welches Geschlecht einen nun glücklich macht, spielt doch dabei keine Rolle, sondern schlicht dass man die Emotionen aufrichtig zelebriert und sich stolz an der Seite des Partners fühlt und mutig genug ist, zu ihm zu stehen.