Muss ein Protagonist eine tiefgründige Charaktermotivation haben?
Es ist ja oft so, dass die Bösewichte eine tiefere und interessantere Motivation haben als die Helden.
Allerdings hat das ja oft den Grund, dass man das Verhalten des Bösewichts irgendwie erklären will.
Hier mal ein Beispiel:
Lea lebt in einen Dorf, in dem die übliche Friede-Freude-Eierkuchen-Situation herrscht. Eines Tages kommt dann Enzo vorbei, zerstört das Dorf und bringt alle um ausser Lea.
Lea beschliesst dann, aus der Wut und Trauer heraus, Rache an Enzo zu nehmen.
Hierbei ist Leas Motivation zwar ziemlich langweilig, aber für jeden Leser sofort verständlich. Ausserdem sorgt das sofort dafür, dass man mit Lea sympathisiert.
Bei Enzo hingegen kommt sofort die Frage des Warums auf. Man will als Leser wissen, wieso er das getan hat, und wie seine Einstellung zu dieser tat ist, und als Autor sollte man da besser eine gute Erklärung parat haben.
Um jetzt also noch mal auf die Frage zurückzukommen: Braucht Lea eine tiefere Motivation? Immerhin lernt man gleich zu Beginn kennen, während man bei Enzo die Motivation nach und nach enthüllen kann. Könnte man nicht auch im Laufe der Geschichte eine interessantere Motivation entstehen lassen? Und braucht ein interessanter Charakter überhaupt eine interessante Motivation?
(Mir ist klar, dass es da je nach Zielgruppe grosse Unterschiede gibt. Und es auch auf die Erzählsituation drauf ankommt, aber jetzt mal allgemein darauf bezogen, was ihr lest.)
Das Ergebnis basiert auf 4 Abstimmungen
2 Antworten
Hi,
Ich würde mal sagen in einem guten Buch ist eine Mischung aus dem und 'Der Protagonist braucht von Anfang an eine gute Motivation' der Fall.
Denn natürlich würde ich nicht von Anfang an auflösen, wie die komplette Vergangenheit des Protagonisten ist und was seine Gründe sind.
Ich würde die Gründe immer 'tiefer' werden lassen.
Also immer mehr erkennbar werden lassen/auflösen und vielleicht den Leser so verwirren, dass er denkt A wäre das Motiv, dabei ist es eigentlich B—etwas viel tiefgründigeres von dem der Leser nichts wusste.
Oder aber der Protagonist denkt anfangs, dass das und das, der Grund wäre und findet dann aber für sich selbst heraus das da noch viel mehr dahinter steckt (was aber eben von Anfang an da ist)
Also Beispiel: Lea denkt am Anfang sie will nur Gerechtigkeit und findet dann heraus das es Rache ist und löst den Lesern auf, was Enzo getan hat.
Also sollte der Grund zwar von Anfang an da sein, aber nicht komplett erkennbar, sondern noch versteckt.
Joa, das ist meine Meinung, ich weiß nicht, ob man das versteht aber ja ;)
LG
Bella
Ich sehe es ein kleines bisschen anders als meine Vorschreiberin.
Der Grund - die Motivation - sollte generell der Motor sein. Zudem muss die Motivation auch so stark sein, dass der Protagonist/die Protagonistin im Schmelztiegel bleibt, auch wenn sie am liebsten sagen würde: "Och nö, kein Bock mehr. Soll sich ein anderer Dude darum kümmern."
Wenn Enzo das Dorf zerstört und zig Leute dabei ihr Leben verlieren, dann ist es für Überlebende schon ein Grund. Von Rache nehmen über weitere Greueltaten verhindern
Allerdings ist die Frage eben jene, wie der Grund geweckt wird. Ist es das Gefühl von Schmerz, dass einen auf diesen Grund kommen lässt?
Fällt einem ein Versprechen ein (Wenn - dann) ? Lag ein Verwandter/Freund/Bekannter des Protagonisten/der Protagonistin im Sterben und hat noch ein paar Worte zu ihm/ihr gesprochen, was die Motivation auslöst?
Ich finde, Motivation entsteht durch einen Auslöser (eventuell sogar nur eine Idee) und einem Schubser, sich dem Verursacher des Auslösers entgegenzustellen. Und das ist nun der Hauptkonflikt.
Vielen Dank für deine Ausführliche Antwort.