Mir fällt es schwer zu akzeptieren, dass meine Eltern gewalttätig sind?
Wie auch schon in anderen Fragen genauer beschrieben, glaube ich immer mehr, dass meine Eltern gewalttätig sind/waren, habe aber immer noch Angst, dies einzusehen. Ich schäme mich dafür, dass ich meine Eltern als Monster ansehe, die mir aber das Leben geschenkt und mich großgezogen haben. Ich empfinde eine Art Hass und Verachtung gegenüber ihnen, da sie mich/uns so behandeln und doch liebe ich sie, sie sind ja trotz allem meine/unsere Eltern. Ich empfinde auch Scham dafür, dass ich von Gewalt betroffen bin, auch wenn ich weiß, dass ich damit nicht alleine bin. All diese Gefühle machen mir sehr zu schaffen und ich weiß nicht wie ich mit ihnen umgehen soll? Wie könnte ich das besser machen?
1 Antwort
Das sind ganz normale Gefühle. Du beschreibst perfekt, was für einen inneren Konflikt Gewalt von Eltern an Kindern auslöst. Kinder sind abhängig von ihren Eltern, sie müssen in diesem Umfeld irgendwie überleben und darum brauchen sie trotzdem die guten Gefühle gegenüber ihren Eltern. Um das aufzulösen brauchst du genau zwei Dinge.
1. Die Erkenntnis, es gibt/gab Gewalt.
2. Eine Psychotherapie
Die erste Erkenntnis hast du bereits. Es tut mir sehr leid, dass deine Eltern gewalttätig sind. Ich bin froh, dass du das erkennst und so toll und reflektiert darüber nachdenkst. Ich bin mir sicher, du wirst deinen Weg gehen und dich von dieser ungesunden emotionalen Verstrickung lösen können.
Du findest auch viele Informationen online zum Thema Auswirkungen von Gewalt an Kindern. Es wird wichtig sein, dass du auch an dir arbeitest, um die langfristigen Auswirkungen zu verhindern.
Ja. Es liegt leider in der Natur der Sache, dass Gewaltausübende ihre Gewalt nicht eingestehen. Mir ist noch nie ein Gewalttäter begegnet, der A) umfassend seine Taten erkennt B) diese ehrlich benennt und C) die Auswirkungen auf das Opfer voll erkennt und zugibt.
Es wird Teil der Therapie sein, dass du nicht mehr nach der Einsicht und dem Verständnis deiner Eltern suchst. Es ist unrealistisch, dass sie dazu jemals in der Lage sein werden. Darum ist es wichtig, dass man weiß was man fühlt, seine eigenen Werte kennt, was ist richtig, was falsch usw. und lernt sich gut abzugrenzen und sein eigenes Leben zu leben.
Ich beobachte immer wieder, dass sich diese Gewaltbeziehung zu den Eltern im Laufe der Jahre zwar verändert, aber nicht aufgelöst wird und dadurch viel Leid verursacht wird. Darum ist es gut, wenn man das angeht.
Ich wünsche dir alles liebe!
Vielen Dank für deine Antwort! Ich habe tatsächlich nach sechs Jahren immer noch Schwierigkeiten damit, zu akzeptieren, dass es wirklich Gewalt ist, die leider nicht von meiner Mutter so empfunden wird. Psychotherapie und allgemein Therapie bei Psychologen hatte ich auch schon bereits hinter mir, war von 2017 bis 2020 in verschiedenen Behandlungen sowohl als auch, hab aber seit anderthalb Jahren keine festen Termine mehr und bin auch keine Klientin mehr bei meiner ehemaligen Psychotherapeutin. Mein Vater hatte gerade eben meinen Bruder gefragt, ob er etwas gegen ihn werfen sollte, da er in seinen Augen "frech" war... naja... man gewöhnt sich an diese Dinge. Meine einzige Hoffnung ist die Tatsache, dass ich im Jänner für ein halbes Jahr nach Frankreich geh für einen Austausch und dort hoffentlich eine liebende Familie haben werde. Danke für deine Worte, sie haben mir Gutes getan.