Mexikanisches Spanisch lernen?

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Zunächst mal sprechen Mexikaner Spanisch. Damit hast du eine gute Grundlage.

Dann muss man sehen, dass Spanisch vor allem von Andalusiern, Kanariern und Galiciern im Mittelalter nach Lateinamerika gebracht und von diesen geprägt wurde, weil dort die Häfen waren, von denen aus die Expeditionen in die Neue Welt stattfanden. Das schlägt sich auch im kolombianischen Baustil (welcher ja wie eine Mischung aus andalusischem und kanarischem Stil ist) nieder und in grammatikalischen Besonderheiten:

In ganz Lateinamerika, wie auch Norspanien (z.B. Galicien) wird das Pretérito Perfecto praktisch nicht angewendet. Man kennt es, lernt es in der Schule, verwendet es aber nicht, sondern stattdessen das Pretérito Indefinido.

Mittelalterliches Spanisch kennt keine 2. Person Plural (vosotros/vosotras). Die 2. Person Singular (tú) hieß damals "vos". Während das tú sich bis auf Argentinien und Uruguay in Spanien und dem Rest Lateinamerikas eingebürgert hat, wird in Lateinamerika die 2. Person Plural nicht angewandt. Auch diese lernen sie auf der Schule, verwenden sie aber nicht, stattdessen die 3. Person Plural Höflichkeitsform (ustedes).

Das bedeutet: mit iberischem Spanisch lernst du mit dem Pretérito Perfecto und der 2. Person Plural eigentlich grammatikalisch wichtige Aspekte, kannst sie aber in Lateinamerika einfach weglassen. Ja selbst wenn du diese weiter anwendest würde man dich perfekt verstehen. Wenn du dagegen mexikanisches Spanisch lernen würdest, hättest du mit diesen 2 Themen immer Schwierigkeiten.

Jetzt speziell zu mexikanischem Spanisch: Lateinamerikanisches Spanisch ist schon keine Einheit und klingt von Argentinien über die Dom. Republik nach Mexiko völlig unterschiedlich, aber auch mexikanisches Spanisch teilt sich in 5 verschiedene Dialekte auf, welche den Wortschatz und die Grammatik gem. ihrem Stellenwert indigener Sprachen bestimmen.

Praktisch kannst du eben wie mit Sombrero rüberkommen und "Ándaleeee muchaaaachooo" sagen, oder wie einer der vielen modernen mexikanischen Youtuber, die eher dialektfrei reden und auch vom Wortschatz her nicht wirklich mexikanisch, sondern fast wie aus Spanien bzw. international.

Dazu musst du auch eines wissen: kubanische Lieder, mexikanische Youtuber, kolumbianische Telenovelas, argentinische Jugendserien, spanische Kinofilme usw. werden ja nicht übersetzt. In Spanien und jedem lateinamerikanischem Land ist man es gewöhnt, wie die Sprache in anderen spanischsprachigen Ländern klingt. Man kennt die gröbsten Besonderheiten, wie man eben auch in Deutschland im Süden grüß Gott sagt und im Norden guten Tag, ja im Süden das Perfekt verwendet und im Norden eher das Pretäritum, im Süden eher Wiener Würstchen, im Norden eher Frankfurter sagt, im Süden eher Radler, im Norden eher Alsterwasser etc.

Klar kann es da zu Verwechslungen kommen. Vor allem was Kleidung, Verkehrsmittel und Essen angeht, ist der Wortschatz unterschiedlich. Aber selbst innerhalb eines Landes, also innerhalb Mexikos. Oder geh mal in München, Köln oder Berlin zum Bäcker. Es gibt viele Sachen, die dort unterschiedlich heißen. Das ist aber i.d.R. kein Problem. Dafür kann man ja nachfragen.

Und das ist überhaupt der Punkt: Spanier und Lateinamerika sind kommunikative Menschen. Du kannst allgemein aber auch nur eben Spanisch lernen, allenfalls noch mit etwas(!) länderspezifischen Eigenheiten. Aber ein Galicier, Kanare, Andalusier, Madrilene oder Baske reden im Alltag auch anders. Inkl. haben sie jeweils andere Themen, andere Prioritäten, andere kulturelle Backgrounds und Verhaltenskodexe.

Aber vor Ort - egal mit welchem Spanisch - ist man da im Nu drin.

Du kannst schon mit dem spanischen Spanisch anfangen, die Details lernt man erst später. Hauptsächlich ist das wie hier schon erwähnt die unterschiedliche Nutzung der Zeitformen und das generelle Auslassen der zweiten Person Plural (auch Freunde werden in der Mehrzahl mit „Ustedes“ angeredet).
Nur das „th“ solltest du von Anfang an vermeiden zu sprechen, damit klingt man in Lateinamerika eben sofort wie ein (bei vielen eher unbeliebter) Spanier.
Ansonsten, wenn du später flüssig sprechen kannst und in der Umgangssprache reden möchtest, sind Missverständnisse ohnehin fast unvermeidbar, da die mexikanische Umgangssprache so vielfältig und unterschiedlich von Region zu Region ist, dass die sich teilweise selbst nicht verstehen und nachfragen müssen, was gemeint ist. Es gibt da ein sehr gutes Buch „Mexiko Slang“ vom Verlag Reise Know-How, das sehr akkurat ist.

Die Unterschiede sind für einen Anfänger relativ egal. Deine Aussprache wird ohnehin deutsch klingen. Egal für was du dich entscheidest.. :-)