Meinung zu Napoleon?

5 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet
Napoleon zählt für mich zu der großen Gruppe von Menschen die viel böses und viel Gutes getan haben.

Die Frage drängt sich natürlich auf, was dabei überwiegt!

Aber deswegen jetzt die großen Fragen: Was haltet ihr von seinen militärischen Fähigkeiten?

Das ist sehr schwer zu beurteilen. Er war wagemutig und persönlich nicht feige. Aber es machte ihm auch nichts aus, Leben und Gesundheit nicht nur der feindlichen, sondern auch seiner eigenen Soldaten ohne Hemmungen zu opfern. Er hatte einige begabte Generäle - und Glück!

Und was haltet ihr von ihm als Person? Ist er für euch ein Monster? Ein Held?

Napoleon war ein Egomane, auf seinen persönlichen Vorteil und politischen Aufstieg bedacht, dabei unberechenbar und launisch, ein Autokrat, mit dem nicht zu spaßen war. Er war nicht zufrieden mit seinem Aufstieg zum französischen Kaisertum, nahm sich kaum Zeit, sein durch Kriege erobertes europäisches Imperium zu konsolidieren, die unterworfenen Völker für sich zu gewinnen. Statt durch Überzeugung regierte er durch Zwang, nicht nur das französische, auch alle anderen Völker beutete er gnadenlos aus, um weitere Kriege führen zu können. Weil er sich in seiner Überheblichkeit für unbesiegbar hielt, hat er sich schließlich in Russland eine blutige Nase geholt - er selbst hat seine Person in Sicherheit gebracht und seine sowie die Soldaten seiner Zwangsverbündeten im Stich gelassen.

Napoleon war vielleicht kein "Monster", aber sicherlich auch kein "Held", sicherlich ein Mensch mit deutlichen Schwächen. Seine Überheblichkeit und Herrschsucht macht ihn als Mensch nicht sympathisch. Er hatte als Feldherr durch seinen Wagemut erhebliche Erfolge, aber im Endeffekt hat er diese wieder verspielt. Als Politiker hat er versagt: er hat sein Imperium nicht konsolidiert, sich nicht um das Vertrauen der ihm unterworfenen Monarchen und Völker bemüht und versucht, die Errungenschaften der frühen Französischen Revolution in Europa populär zu machen und durchzusetzen. Als Monarch hat er die Revolution verraten, seine Gefolgsleute als neuen Adel installiert und sich zum unumschränkten Herrscher gemacht.

In Frankreich wird er immer noch als ein "Großer" verehrt. Für die europäische Geschichte allerdings hat Napoleon negativ gewirkt. Denn er hat den (extremen) Nationalismus in den europäischen Ländern als Gegenströmung zum französischen Nationalismus geweckt, der die Politik der europäischen Länder im 19. Jh. erheblich belastet und gerade im 20. Jh. furchtbare Auswirkungen gezeitigt hat. Nach seinen militärischen Erfolgen hätte Napoleon auch die Möglichkeit gehabt, eine Politik der Völkerverständigung und der Förderung der Ideen der frühen Französischen Revolution zu betreiben. Das aber lag außerhalb seiner intellektuellen Möglichkeiten und seines selbstbezogenen Denkens, vielmehr hat er das Gegenteil getan - und ist damit gescheitert! Dass sich auch Vorstellungen wie Verfassung, Menschenrechte und Demokratie in Europa verbreiteten und letztlich durchsetzten, ist kein Verdienst Napoleons! Insofern war seine Herrschaft eine eher negative, destruktive, keinesfalls konstruktive Episode europäischer Geschichte.

Bleibt gesund und geduldig!

Arnold

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung

Napoleons Fähigkeiten als Feldherr waren sehr gut, aber das andere läßt zu wünschen übrig.

Eine Selbsteinschätzung des „Kaisers“ gegenüber Metternich könnte dir helfen diesen Menschen zu verstehen.

———„Ich bin in den Feldlagern aufgewachsen, ich kenne nichts als die Feldlager und ein Mann wie ich scheißt auf das Leben von einer Million Menschen“.

( Je suis élevé dans les camps, je ne connais que les camps, et un homme comme

moi f.... de la vie d‘un million d‘hommes! ) 

Napoleon war zweifellos ein brillianter militärischer Anführer. Menschlich war er sicher ein schwieriger Charakter, und ich denke, seine vielen Erfolge auf dem Schlachtfeld haben die dunklen Seiten an ihm in späteren Jahren immer weiter gestärkt.

Napoleon hätte mehr aus sich machen können, wenn er neben seinen militärischen Talenten auch mehr Wert auf "social skills" gelegt hätte. Wenn er weniger arrogant und kompromisslos, dafür aber etwas kritischer gegen sich selbst und milder zu seinen Mltmenschen gewesen wäre.

Schade, dass es mit ihm letztlich kein gutes Ende nahm. Er hätte der Pionier einer neuen, liberalen Ära in Europa werden können. Sein Scheitern hat letztlich dazu geführt, dass konservative und reaktionäre Kräfte jahrzehntelang den Ton in Europa angeben konnten.

Je nun, er war ein Genie.
Über jedes Genie ließ sich trefflich streiten.

Ohne seine millitärischen Erfolge wäre er nicht Kaiser geworden.
Seien Entourage war nicht weniger begabt, ob nur Marshall Murat, Tallyrand oder Fouche.
Jedoch in diesen Höhen der Macht wird man einsam und schließlich introvertriert.

Die Französische Revolution hat ihr gebraucht und schließlich getragen.

Steffenfragt493 
Fragesteller
 10.07.2021, 06:38

Tallyernd in Sachen Diplomatie und bei Fouche in Sachen Geheimpolizei gebe ich dir recht. In diesen Sachen waren die Männer eine wichtige Ergänzung für Napoleon. Bei Murat... Versteh mich nicht falsch, ja Murat war einer der besten Kavallerie Komandaten seiner Zeit aber in einer Schlacht würde ich 10 zu eins wetten das Napoleon gegen ihn gewonnen hätte. Allgemein glaube ich konnte keiner von Napoleons Marschällen ihm das Wasser reichen. Außer vielleicht noch Davout, das war aber auch der einzige der einige Male ohne Napoleons Hilfe eine Schlacht gewonnen hat.

Aber korrigiere mich falls ich dich falsch verstanden habe.

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soisses  10.07.2021, 07:15
@Steffenfragt493

Millitärisch machte Napoleon die jeweils Besten zu Marschällen.
Zumindest jene die mit ihm aufgestiegen sind, Marmont, Davout, Ney, Murat, waren samt sonders "Kinder der Revolution".
Bernadotte hielt sich für gleich, was beide schließlich entzweite.
Je höher die Stufen der Macht, wird es eng mit dem Platz an der Spitze.
Das betrifft die militärische Organisisation.

Allein hätte Napeleon keine Schlacht gewinnen können.
Im Gegensatz zu seinen Marschällen war er auch ein kluger Stratege.
Was ihm anderseits politisch fehlte, da eine Zivilgesellschaft nicht mit Befehl und Gehorsam führen lässt.
Dafür hatte Napoleon keine wirkliche Antenne.
(Haben Politiker bis heute nicht...).

Wiewohl Napoleon um die Bedeutung der Bürger wußte, weshalb er den Code Civil, urspründlich Code Napoleon in Szene setzte.
Und die Ehrenlegion gründete, die keinesfalls nur Millitärs vorbehalten war, sondern u.a. auch Wissenschaftlern.
Das System der Ecole geht auf Napoleon zurück.
Loyalität erhält man nicht durch Gehorsam, mit Belohnung dafür sicher.

Bonapartisten gibt es bis heute In Frankreich.

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earnest  10.07.2021, 06:56

Was bedeutet dein letzter Satz?

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Nur als Cognac bei mir positiv in Erinnerung.

Ansonsten: Leichen pflastern seinen Weg. Der Code Civil macht das nicht wett.

Gruß, earnest