Marthe in Faust 1?

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Ich gehe davon aus, dass es um den Mordprozess gegen Gretchen geht, in dem Frau Marthe als Zeugin mitwirkt. Da Frau Marthe als Nachbarin von Gretchen (und ihrer Mutter) über die Umstände aussagen soll, unter welchen Umständen Gretchen an Faust geraten ist, was sich zwischen beiden abgespielt hat usw., wird sie zunächst einmal vom Gericht zu belehren sein, dass sie die Aussage verweigern kann, soweit sie sich selbst im Zusammenhang mit dem angeklagten Verbrechen strafrechtlich belasten würde. Das ist hier der Fall, weil sie ja Gretchen geholfen hat, ungestört mit Faust zu verkehren und ihr verschiedene Ratschläge dazu gegeben hat. Als Rechtsberater von Marthe würde ich ihr raten, das Zeugnis zu verweigern. Sie sollte mithin nur ihren Namen angeben, ihr Geburtsdatum und ihren Wohnsitz, ferner,. dass sie mit Gretchen nicht verwandt oder verschwägert sei , dass sie Nachbarin von Gretchen und deren Mutter ist, und schließlich dass sie über ihre Rolle beim Kennenlernen Gretchens und Faust und der Entwicklung dieser Beziehung keine Aussagen machen werde, um sich nicht selbst strafrechtlich zu belasten (dabei ist zu unterstellen, dass gegen Marthe kein Strafverfahren wegen Beteiligung an Gretchens Verbrechen bisher eingeleitet worden ist).

Willst Du den Weg der Aussageverweigerung (die StPO lässt diese zu) nicht wahrnehmen, sondern zur Sache aussagen, musst du berichten, dass Gretchen ratsuchend zu dir als vertrauter Nachbarin gekommen sei, ihre Verliebtheit in Faust bekannt und sie um Rat gefragt habe, was sie in ihrer Situation tun solle. Sie müsste dann ferner zugeben, dass sie die Verbindung Gretchens mit Faust durch die Einladung Fausts (mit dessen "Freund" Mephisto) zu einem Rendez-vous in ihrem Garten gefördert habe, dass sie Gretchen geraten habe, Faust Schmuckgeschenk vor der Mutter geheim zu halten. Sie habe also Gretchen dazu verholfen, sich Faust "hinzugeben", was dann zur Schwängerung, der Geburt des nichtehelichen Kindes von Gretchen geführt habe, dass sie aber keinerlei Kenntnis gehabt oder gar Beihilfe geleistet habe, dass G. ihr neu geborenes Kind umgebracht hat. Wenn sie danach gefragt wird, müsste sie aussagen, dass Gretchen ein ganz unschuldiges und in Geschlechtsfragen gänzlich kenntnisloses Kind sei, dem sie eben (als in diesen Dingen erfahrene und kupplerisch veranlagte Frau) habe zu ihrem Glück an der Seite eines reifen, gelehrt und würdig wirkenden Mannes verhalfen wollen, selbstverständlich ohne Ahnung davon, welch schreckliche Folgen das für Gretchen (und ihr Kind) haben würde. Wenn sie dann noch ein Übriges tun möchte, sollte sie dem Gericht sagen, in welche Verzweiflung Gretchen durch die Affäre und ihre Folgen geraten sei. Das Gericht möge das berücksichtigen und sie von einer schweren Strafe oder sogar der Todesstrafe bewahren.

Ich wünsche dir rechten Erfolg in deiner Marthe-Rolle !