Kung Fu effektiv?

8 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Du hast in soweit recht das die Körperschule anspruchsvoll ist. Die Formen sind Bewegungsschule um den Stil zu vertiefen und Reflexe bei Bewegungen zu bilden. Aber kämpfen kann man deswegen nicht. Ob Formen sinnvoll sind oder nicht, dass ist ein anderes Thema und man kann sich herrlich darüber streiten. Traditionalisten werden sie befürworten, Stilisten die rein Sparring und Gerätetraining befürworten werden Formen ablehnen. Kung Fu geht deswegen genauso kämpfen, macht Kampftraining so wie alle anderen Arten und Stile Kampfsport und Kampfkunst auch. Sie haben ein eigenes Kickbox System, es heißt Sanda oder Sanchou. Da sehen sie wie effektiv sie kämpfen können. Sie trainieren aber auch Boxen, Muay Thai oder MMA. Je nachdem wie gut und effektiv sie werden wollen.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Jahrzehnte langes Training verschiedener Stile,
martialarts1234 
Fragesteller
 28.06.2022, 12:59

Ich bin mir sicher, dass im reinen Kungfu kein Muay Thai oder MMA trainiert wird. Von Sanda weiß ich, halte ich auch recht viel von aber ich habe oft gesehen und gehört, dass Sanda im traditionellen Kungfu von vielen nicht praktiziert wurde.

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Frank1409  28.06.2022, 13:18
@martialarts1234

Manche machen es nicht. Manche kämpfen nur in ihrem Wettkampfsport, ohne gegen andere Stile anzutreten. Und Sanda ist hart und anspruchsvoll, da geht man nicht mal eben so hin. Genauso wenig wie zum Boxen und Kickboxen. Aber die Öffnung des Wettkampfsports hat in vielen Bereichen zum Umdenken beigetragen. Man merkte das solches Training einen Stil stärker und effektiver machen kann. Und gerade Kickboxen wurde Ende der 70er Jahre ins Leben gerufen damit Stile wie Karate, Kung Fu, Taekwon-Do und ähnliche Stile gegeneinander effektiv kämpfen können, ohne das ein Stil durch eigene Regeln Vorteile gegen die anderen Stile hat. Muay Thai bietet noch mehr Möglichkeiten der realen Anwendung. Man muss nicht auf die Meisterschaften im Muay Thai gehen, aber den Sparring so zu trainieren ist hilfreich. Im Gegensatz zu früher, 70er und 80er Jahre, machen viele Stile offeneres Training und lehnen nicht alles Fremde ab. Und Shaolin Kung Fu hat schon immer sehr hart gekämpft und war offen für Kämpfe gegen andere Stile. Aber du hast insoweit recht, es gibt immer noch Schulen oder Stile die kochen lieber im eigenen Saft. Das Umdenken durch Muay Thai und MMA wollen viele nicht, es hieße sich mit den eigenen Schwächen auseinandersetzen. Das ist unbequem. Und die Eastern, auch da gebe ich dir recht, haben einen völlig überzogenen Mythos des Kung Fu geschaffen. Da kämpft ein Mann unbewaffnet gegen 20 oder mehr schwer bewaffnete Gegner. Am Ende siegt er ohne Verletzungen und ohne zu schwitzen. Völlig unrealistisch.

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Also ich bin ja selber noch kein Meister oder sowas, aber mit Kung Fu kann man durchaus kämpfen bin ich der Ansicht. Nur mit dem Müll der hier im Westen so geschult wird kannst du rein gar nichts anfangen. Speziell beim Wing Chun. Das traditionelle Wing Chun hat einmal sehr sehr gut funktioniert bin ich der Meinung, nur lernt man das heute einfach nirgendwo mehr so, wie man es eigentlich sollte. Alle wollen zu schnell zu den "krassen Techniken" und überspringen die Grundlagen. Dazu kommt, dass WC (Wing Chun (passende Abkürzung heutzutage xD) ) meistens von beispielsweise Frauen oder Leuten praktiziert wird, die Angst haben geschlagen zu werden und meinen WC löst dieses Problem. Aber SV = Kämpfen = Schlagen.

Kung Fu wird in der Regel mit "Harte Arbeit" übersetzt. Es heißt aber nicht so, weil es physisch anstrengend ist oder Ähnliches. Es heißt so, weil es ein ewig langer Prozess ist, für den man seeehr viel Geduld einpacken muss. Und das hat heute eben keiner mehr. Alles muss schnell gehen und man will Erfolge sehen.

Wenn 2 Menschen die exakt die gleichen Voraussetzungen mitbringen, einer anfängt Boxen zu trainieren und der Andere richtiges, traditionelles Kung Fu und sie nach 3 Jahren gegeneinander Kämpfen, gewinnt selbstverständlich der Boxer. Der Kung Fu-ler hat dann nämlich gerade mal erst die Grundstände gelernt. Aber durch die hohe Zahl an Wiederholungen die man im Kung Fu für jede Bewegung macht, ist irgendwann alles was man gelernt hat, ein Reflex. Und ab dem Zeitpunkt ist es dann tatsächlich möglich, Techniken im Kampf einzusetzen, die von "Allen" als Ineffektiv und nur zur Show geeignet gelten. Dann kannst du auch Problemlos mit der Affentechnik herkommen und den Boxer platt machen.

Die Affentechnik galt in China früher als die stärkste von Allen. (Affentechnik ist mit viel Akrobatik, und Tiefen Ständen.)

Nur wenn er eines Tages soweit sein sollte, was die Wenigsten jemals werden, hat er gar kein Interesse mehr an einem Wettkampf, weil er dann auch geistig durch das Intensive Training (Kung Fu trainiert immer ebenfalls deinen Geist) einfach sein Ego soweit überwunden hat, dass ihm sowas föllig egal ist. Deswegen wird man sowas auch niemals in der UFC oder so sehen. Weil die Meister, die dieses Level erreicht haben, sehr hohen Wert auf Bescheidenheit legen. Es ist sogar die wichtigste Tugend im Kung Fu.

Und deswegen bin ich ebenfalls der Meinung, dass ECHTES Kung Fu heute auch nicht mehr in den Shaolin Tempeln zu finden ist, weil dort geht es nur noch um Geld und Status und Name/... Aber Irgendwo findet man dann einen Hausmeister, so wie bei Karate Kid, der ein echter Kung Fu Meister ist, aber keiner weiß es.

Tut mir Leid für den Aufsatz, aber ich dachte dich interessiert es einfach. Ich hatte den Selben Gedanken auch mal.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung
martialarts1234 
Fragesteller
 14.10.2022, 22:11

Kann dir in vielen Punkten recht geben, die Grundlage um kämpfen zu lernen ist allerdings Sparring. Und Sparring hatte man laut recherche auch früher nie wirklich.

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So wie ich die Sache als Leihe sehe, sind viele Kampfkünste mit einer Tradition verbunden.

Zu ihrer Zeit und ihrer Region waren sie höchst effektiv. Doch entwickeln sich Kampfkünste weiter und sollten den Gegebenheiten angepasst werden.

Bruce Lee zum Beispiel lernte ja verschiedene Stile und ließ alles überflüssige aus der alten Tradition weg. Um sein KungFu auch real im Kampf einsetzen zu können.

Ich persönlich glaube, wer das KungFu als starres System betrachtet was traditionellen Regeln folgt, wird kaum mit anderen Kampfsortarten mithalten können.

Wer das KungFu jedoch als lebendiges sich stetig anpassendes System sieht, welches den Erfordernissen der Gegenwart entspricht, wird damit auch gut unterwegs sein .... Aber jetzt die Frage an die Kenner ...

Ist es dann noch KungFu oder doch schon MMA ? :) Wo will man die Linie ziehen ?

Früher reichte Capoeira (ich weiß, kein KungFu aber nur mal so zum Vergleich) gegen die Aufseher vollkommen aus. Heutzutage ist Capoeira nur noch Tradition welche nicht als ernstzunehmende Kampfkunst gesehen wird. Obwohl es beim Training sehr viel abverlangt.

martialarts1234 
Fragesteller
 28.06.2022, 13:01

Falls die Frage lautet was effektiver ist, ist MMA die Antwort. Im MMA trainierst du im Vollkontakt und die reine Effektivität des Kämpfens ist der Mittelpunkt, klar gibt es die ein oder andere Regel aber das Grundprinzip bleibt das gleiche. Kungfu ist mehr eine Kunstform oder ein Sport für sich welcher meistens nichts mit Kämpfen zu tun hat außer man bezieht Sanda mit ein

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  1. Geht es nicht darum zu Kämpfen, sondern sich selbst zu verteidigen. Das beginnt schonmal damit das ein guter Kämpfer immer erst die Deeskalation voranzieht.
  2. Was er sagt ist doch einfach das du ohne praktische Erfahrung mit egal welcher Kampfkunst eigendlich keine CHance hast. Praktische Erfahrung ist z.B. das du dir bewusst bist das es im realen Kampf keine Regeln gibt und der Gegner alle Möglichkeiten offen hat. Du darfst ihn niemals unterschätzen und musst immer achtsam sein. Gelernte Muster reduzieren die Reaktionszeit erheblich, aber können dich auch daran hindern aus dem Kampf erfolgreich hervorzugehen.
martialarts1234 
Fragesteller
 28.06.2022, 12:56

Von Deeskalation war nicht die Rede, da wärst du mit irgendwelchen Büchern und Psychologie zur deeskalation besser dran. Es ging um die reine Effektivität im Kampf, er sagt, dass Kungfu nicht Praxisbezogen ist wie andere Kampfsportarten (Sanda, Muay Thai, Kickboxen usw.) er sagt explizit, dass du mit reinem Kungfu nicht kämpfen kannst.

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Dass Kung Fu eine nicht anwendbare Kunstform ist, ist leider eine Legende, die sich hartnäckig hält. Es wird auch oft das moderne Wushu mit altem Kung Fu verwechselt.

Yanlei Shifu geht hier vor allem auf das Formtraining ein. Das Formtraining hat unterschiedliche Ursprünge und Zwecke: Einerseits ist es tatsächlich insofern für den Kampf gedacht, dass mit den hunderten Wiederholungen die einzelnen Bewegungen der Abläufe in die Muskelerinnerung übergehen, um sie in angepasster Form im Kampf verwenden zu können. Zweitens ist es Dafür gedacht, die effektive Kraftübertragung über die Faszien zu trainieren, ähnlich wie auch Qi Gong oder teilweise Tong Zi Gong. Drittens entstammen die Formen den ebenfalls aus dem Tong Zi Gong entspringenden Ertüchtigungstechniken, die in den Anfängen des Klosters rein für die Meditation angewandt wurden. Das Formtraining ist also in vielerlei Hinsicht nur Mittel zum Zweck, ein Übungswerkzeug und keine Kampftechnik. Vernünftige Lehrmeister würden es auch nie so verkaufen. Jedoch ist in der alten Tradition (das kann man zum Beispiel im Buch "Wu - ein Deutscher bei den meistern in China" von Maik Albrecht nachlesen) des Meister-Schüler-Lehrens das Formtraining nur ein kleiner Teil und der Fokus liegt viel mehr auf den Kampftechniken als in vielen modernen Schulen.

Zudem muss man sich klar machen, dass Kung Fu wie gesagt ein Überbegriff über alle chinesischen Kampfkünste ist und Shaolin Kung Fu nur einer von weit über 400 Stilen ist, die mit über 3000 Jahren teilweise mehr als doppelt so alt wie Shaolin Kung Fu sind. Im Shaolin Kung Fu kamen zwei Zwecke zusammen: Die Bewegungsmeditation und die Möglichkeit das Kloster gegen Überfälle verteidigen zu können. Man muss sich ja vor Augen führen, warum verschiedene andere Kung Fu Stile entwickelt wurden: Die meisten wurden entwickelt, um sich in der Gesellschaft des altertümlichen Chinas gegen bewaffnete und Unbewaffnete Gegner verteidigen zu können. Den Ruf eines Hobbys, eines Sports, einer "hippen Kampfkunst" hat es ja erst heutzutage. Warum hätte ein Kung Fu Meister 1500 v.Chr. eine unrealistische Kampfkunst, die nur aus Formtraining besteht, entwickeln sollen, wenn es seine Absicht war, sein Provinzdorf in Sichuan effektiv gegen die mit Guandao bewaffneten Banditen aus den umliegenden Wäldern zu verteidigen? Es ist logisch, dass Kung Fu effektiv entwickelt wurde und Formtraining nur ein kleiner Teil des Trainings war. Nicht umsonst gab es bis ins 20. Jhd. hinein in ganz China blutige Wettkämpfe, in denen Kung Fu Meister bis zum Tod miteinander Kämpften. Nicht umsonst gab es die sog. Xiake, unabhängige Krieger, "Vagabunden", die durch das Land zogen und mit den von ihnen erlernten Kung Fu Stilen durch Kampf oder Verteidigung halfen wo sie könnten. Der vielleicht berühmteste Xiake war Wong Fei Hong, der das Hung Gar-Kung Fu beherrschte und noch heute in China so verehrt wird, dass für ihn Loblieder geschrieben und in Foshan ein Tempel gewitmet wurde. Seine Lieblingswaffe soll der Meteorhammer gewesen sein. Ein berühmtes Xiake-Pendant aus Japan war der legendäre Miyamoto Musashi. Kung Fu Stile, die sich nur durch falsch eingesetztes Formtraining auszeichnen, sind meist moderne Auswüchse der Kommerzialisierung und haben nicht mehr mit dem traditionellen Kung Fu zu tun, das ja eben genau dafür entwickelt wurde, echte Angreifer abzuwehren, zu verletzen oder zu töten. Natürlich werden sowohl innere als auch äußere Techniken verwendet, im Endeffekt ist Kung Fu eben eng mit den chinesischen Hauptphilosophien Daoismus, Buddhismus und Konfuzianismus und dem traditionellen Streben nach Langlebigkeit verwoben.

Kampfkunst Lifestyle hat hier eine ganz gute Schule gezeigt, sie ist für den Qi Xing Tanglang Quan Stil: https://youtu.be/QrXGGjkahvg

Und ganz aktuell war Sascha Huber im Shaolin Tempel Europe, wo sowohl Formtraining als auch Sparring und Sanda trainiert wird, obwohl auch hier wohl leider teilweise die falsche moderne "Performance-Form" des Shaolin Kung Fu durchgerungen ist: https://youtu.be/COvROSmY3W4

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung