Konzentration am Äquivalenzpunkt berechenen?

1 Antwort

Du setzt Deine Probe mit n₁=cV=2.5 mmol Ag⁺ um und titrierst den Silber-Überschuß zurück; er beträgt n₂=cV=1.46 mmol. Also enthielt Deine Probe n₁−n₂=1.04 mmol Chlorid bzw. m=nM=60.8 mg NaCl.

Soweit so einfach. Nun kommt der schwieriger bzw. unbestimmte Teil.

In Deiner Lösung schwimmen am Äquivalenzpunkt Ag⁺, Cl¯ und SCN¯ herum, und zwar so, daß n(Cl¯)+n(SCN¯)=n(Ag⁺) ist (wenn man das ausgefallene mitzählt). Äqui­valent gesagt, man hat eine gesättigte Lösung von AgCl und AgSCN gleichzeitig.

Das Löslichkeitsprodukt von AgSCN beträgt lt. Wikipedia 1.03·10¯¹² mol²/l², und das von AgCl 1.77⋅10¯¹⁰ mol²/l² (nicht wesentlich verschieden vo Deiner Angabe). Also ist AgCl knapp zweihundertmal besser löslich als AgSCN.

Das wirft jetzt allerdings ein paar Fragen auf:

  1. Zunächst einmal: Warum funktioniert die Titration überhaupt? Wenn AgCl besser löslich ist als AgSCN, dann würde das AgCl mit NH₄SCN zu AgSCN reagieren, und man würde immer einen Verbrauch von 25 ml SCN¯ erwarten, unabhängig von der Chlo­rid­menge im Kolben.
  2. Das ist den analytischen Chemikern natürlich aufgefallen, und es gibt ein paar Lö­sungsmöglichkeiten für das Problem, vor allem Abfiltrieren des AgCl, bevor man mit dem Thiocyanat titriert.
  3. Wenn man das mit Abfiltrieren löst, dann hast Du am Äquivalenzpunkt eine ge­sät­tigte Lösung von AgSCN (plus kleine Mengen Chlorid in Lösung, die ich einfach vernachlässige). Die Lös­lich­keit ist dann die Qua­drat­wur­zel des Lös­lich­keits­pro­dukts von AgSCN, also 1.02 µmol/l
  4. Wenn Du nicht abfiltrierst und während der Titration den AgCl-Schlunz im Kolben behältst, dann ist mehr Ag⁺ gelöst — vermutlich fast soviel wie in einer gesättigten AgCl-Lösung, also die Wurzel aus dem Löslichkeitsprodukt ⪆13 µmol/l. Allerdings setzt das die falsche Arbeitsweise voraus, in der man den Äquivalenzpunkt gar nicht sehen kann und munter übertitriert.
  5. Deine Aufgabenstellung gibt Dir nur das Löslichkeitsprodukt von AgCl, nicht das von AgSCN. Das impliziert, daß Du wie in Punkt 4 rechnen sollst obwohl das Gurke ist und eine nicht funktionierende Arbeitsweise voraussetzt. Mit dem in der An­ga­be gegebenen Wert fürs Löslichkeitsprodukt kriegt man 14 µmol/l.

Ich weiß wirklich nicht genau, wie Du Dich hier aus der Affäre ziehen kannst, ohne Dein Rückgrat bei der Garderobe abzugeben.