Konjunktiv 1 und Konjunktiv 2 - Unterschied?

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Was ist der Konjunktiv 1?
  • Der Konjunktiv 1 ist eine bestimmte Konjugation der Verben, die man in der indirekten Rede anwendet.
  • Man findet ihn vor allem in Zeitungstexten, Nachrichten und einigen festen Wendungen.
Was ist indirekte Rede?

Direkte Rede:

Der Lehrer sagt: „Deutsch ist nicht schwer!“

Indirekte Rede:

Der Schüler sagt zu einem Freund:  „Mein Lehrer sagt, Deutsch sei nicht schwer.“

⇒ Der Sprecher ist hier der Lehrer und der Schüler berichtet, was der Lehrer gesagt hat.

Bildung

Theoretisch gibt es für alle Verben eine Konjunktiv 1 – Form, aber praktisch wird nur noch „sein“ in allen Personen benutzt:

Bei allen anderen Verben verwendet man den Konjunktiv 1 meist nur noch in der 3. Person Singular (er/sie/es/man):

Dazu muss man nur das „n“ vom Infinitiv wegnehmen.

  • leben  ⇒ „er lebe“
  • haben  ⇒ „er habe“

In der 2. Person (du/ihr) wird der Konjunktiv 1 nur noch ganz selten verwendet und unterscheidet sich vom Indikativ nur durch ein „e“ vor der Endung.

  • Bringen  ⇒ „du bringest“ / „ihr bringet“
  • Gehen  ⇒ „du gehest“ / „ihr gehet“

In der Umgangssprache wird hier oft der Konjunktiv 2 benutzt.

In der 1. Person Singular (ich) und der 1. und 3. Person Plural (wir/sie) wird der Konjunktiv 1 nicht mehr verwendet. Man benutzt hier die Konjunktiv 2 oder die normale Indikativ - Form.

Er sagt: „Wir gehen ins Kino.“

  • „Er sagt, sie würden ins Kino gehen.“ (= Konjunktiv 2)
  • „Er sagt, sie gehen ins Kino.“ (= Indikativ)
Zeitformen

Den Konjunktiv 1 kann man im PräsensPerfekt und im Futur benutzen.

Beispiele:

Feste Wendungen

Neben der indirekten Rede wird der Konjunktiv 1 auch noch in einigen, festen Wendungen verwendet:

  • „Hoch lebe das Geburtstagskind!“
  • „Gott sei dank!“
  • „Es lebe die Freiheit.“
Konjunktiv 1 in der Umgangssprache

In der Umgangssprache benutzt man den Konjunktiv 1 aber nur selten.

Man nimmt den Konjunktiv 2 oder nutzt den Indikativ.

  • „Der Lehrer sagt, dass Deutsch nicht schwer ist.“ (Indikativ)
  • „Der Lehrer sagt. dass wäre nicht schwer.“ (Konjunktiv 2)

100% Korrekt ist aber nur folgende Variante mit dem Konjunktiv 1:

  • „Der Lehrer sagt, dass Deutsch nicht schwer sei.“

Grammatisch 100% korrekt ist der Satz aber nur mit dem Konjunktiv 1. Außer Deutschlehrern und Germanistikstudenten wird der Fehler aber wahrscheinlich keinem auffallen.

Du solltest ihn auf jeden Fall lernen, aber nicht zu viel Zeit dafür verwenden, wenn du nicht gerade in einem Krankenhaus oder am Gericht arbeitest. Dort wird er aus beruflichen Gründen häufiger gebraucht.

Was ist der Konjunktiv 2?
  • Der Konjunktiv ist einer der 3 Modi (Indikativ, Imperativ, Konjunktiv), die ein Verb haben kann. Es gibt in der deutschen Grammatik den Konjunktiv 1 und den Konjunktiv 2. Der Konjunktiv 2 wird auch als Möglichkeitsform bezeichnet und beschreibt Vermutungen und irreale Dinge.
  • Man verwendet ihn hauptsächlich, wenn man sich etwas vorstellt oder wünscht, was zurzeit nicht möglich ist.
  • Außerdem wird er bei höflichen Fragen oder Aussagen, Vorschlägen und Ratschlägen benutzt.
Vergleich mit dem Indikativ

Der Indikativ beschreibt die reale Welt. Also Dinge, die wirklich passieren.

  • „Ich bin ein Millionär.“

Der Konjunktiv 2 beschreibt die irreale Welt. Diese Welt existiert nicht. Es sind Wünsche und Träume.

  • „Ich wäre so gern ein Millionär.“
Verwendung (A2)

Als höfliche Bitte:

  • „Ich hätte gern noch ein Bier.“
  • (= höfliche Bitte/Bestellung in einem Restaurant.)
  • „Würdest du bitte das Fenster zumachen? Mir ist kalt!“
  • (= höfliche Frage/Bitte, ob jemand etwas tun kann.)

Als Wunsch/Traum:

  • „Ich hätte gern eine hübsche Freundin.“
  • (= Wunsch)
  • „Ich wünschte mir, ich wäre jetzt in der Karibik.“
  • (= Traum)

Für Vorschläge und Ratschläge:

  • „Wir könnten heute Abend ins Kino gehen.“
  • (= Vorschlag für die Abendplanung)
  • „Du solltest für deine Prüfung morgen lernen.“
  • (= Ratschlag, Hinweis, Tipp)

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Verwendung (B1+)

Neben höflichen Bitten, Wünschen, Träumen und Ratschlägen wird der Konjunktiv 2 auch noch für irreale Bedingungen, Vermutungen, irreale Vergleiche und irreale Wünsche und Träume benutzt.

Als irreale Bedingung:

Dinge die in der Realität wahrscheinlich nicht passieren werden.

  • „Auch wenn ich reich wäre, würde ich den Ring nicht kaufen.“
  • (= Ich bin nicht reich. ⇒ irreal / keine Realität ⇒ Konjunktiv 2)
  • „Wenn du mehr Sport gemacht hättest, wärst du nicht so dick.“
  • (= Vergangenheit kann man nicht ändern ⇒ irreal / keine Realität ⇒ Konjunktiv 2)

Als irrealer Wunsch/Traum:

Irreale Wünsche und Träume zeigen das Gegenteil von der Realität. Man benutzt oft Ausdrücke wie „bloß“, „doch“ oder „nur“:

  • „Ach, wenn ich nur nicht so dick wäre!“
  • (= Ich werde nicht von heute auf morgen schlank ⇒ irreal / keine Realität ⇒ Konjunktiv 2)
  • „Ach, wenn ich doch keinen Alkohol getrunken hätte.“
  • (= Wunsch etwas in der Vergangenheit zu ändern ⇒ irreal / keine Realität ⇒ Konjunktiv 2)

Irreale Vergleiche

Irreale Vergleiche sind Vergleiche, die nicht real sind. Eine Seite des Vergleichs entspricht nicht der Wahrheit. Man benutzt die Konjunktionen: „als ob“ oder „als wenn“.

  • „Ich fühle mich, als ob ich krank wäre.“
  • (= In der Realität bin ich nicht krank ⇒ irreal / keine Realität ⇒ Konjunktiv 2)
  • „Sie tut so, als ob sie mich nicht kennen würde.“
  • (= nicht real, da sie mich eigtl. kennt, aber wohl nicht mag. ⇒ Konjunktiv 2)
Bildung des Konjunktiv 2 (Präsens)
  1. Setze das Verb ins Präteritum
  2. Verben mit „a“, „o“, „u“ wechseln zu: „ä“, „ö“, „ü“
  3. Ein „e“ ans Ende der 1. und 3. Person Singular hängen (wenn es nicht sowieso schon da ist)
Konjugation der wichtigsten Verben

Sollen bekommt im Konjunktiv 2 kein „ö“. Es behält den normalen Vokal „o“.

Konjunktiv 2 in der Vergangenheit

So bildet man den Konjunktiv 2 in der Vergangenheit:

1. Setze das Verb ins Perfekt - „Ich habe das Spiel gesehen.“

2. Setze das Hilfsverb in den Konjunktiv 2. - „Ich hätte das Spiel gesehen.“

Das Partizip 2 bleibt unverändert.

In der Vergangenheit kann der Konjunktiv 2 nur über die Perfekt-Form gebildet werden. Es gibt keine Präteritum-Form.

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Bildung mit „würde“

In der normalen Alltagssprache (= nicht literarisch) bekommen nur fast noch die Modalverben, sowie „sein“, „haben“ und „werden“ ihre eigene Konjunktiv 2 – Form.

Bei allen anderen benutzen die meisten Menschen „würden“ (als Hilfsverb) + Infinitiv des Hauptverbs.

  • ⇒ „Ich ginge heute ins Kino.“ (Wird kaum benutzt)
  • ⇒ „Ich würde heute ins Kino gehen.“

Diese 2. Möglichkeit den Konjunktiv 2 zu bilden, ist die am meisten benutzte. Sie kann theoretisch auch für sein, haben, werden und die Modalverben benutzt werden. Es ist aber absolut unüblich und klingt komisch.

Wortstellung

Hauptsatz vor dem Nebensatz:

Wenn der Hauptsatz vor dem Nebensatz steht, bleibt alles wie immer: Das konjugierte Verb steht im Hauptsatz auf der 2. Position und im Nebensatz am Ende.

Nebensatz vor dem Hauptsatz:

Wenn der Nebensatz vor dem Hauptsatz steht, hat man zwei Möglichkeiten. Benutzt du die Konjugation „wenn“, bleibt alles wie immer: Verb im Nebensatz ans Ende und im Hauptsatz direkt hinter das Komma, da der komplette Nebensatz als Position 1 gilt.

Vor allem in der gesprochenen Sprache wird aber auch häufig die 2. Variante angewendet. Ohne „wenn“ kommt das Verb im Konjunktiv 2 auf die 1. Position. Allerdings nur wenn der Nebensatz vorn steht. Wenn man mit dem Hauptsatz anfängt, kann „wenn“ nicht weggelassen werden.

Am Häufigsten wird es in Situationen ähnlich wie dieser ohne „wenn“ benutzt:

  • Anna: „Mama, ich bin durch die Deutschprüfung gefallen.“
  • Annas Mama: „Hättest du mal mehr gelernt.“

Annas Mama gibt hier eine Empfehlung, was Anna in der Vergangenheit hätte anders machen sollen. In Situationen, wo du eine Empfehlung gibst, was jemand in der Vergangenheit hätte anders/besser machen sollen, wird in der gesprochenen Sprache fast immer diese Variante benutzt.

Warum? Es ist einfach viel kürzer als: 

  • „Wenn du mehr gelernt hättest, wärst du nicht durch die Deutschprüfung gefallen.“

https://easy-deutsch.de/verben/konjunktiv-1/

https://easy-deutsch.de/verben/konjunktiv-2/

byStoaki 
Fragesteller
 07.10.2020, 16:37

Ich danke dir vom Herzen!!

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Der Konjunktiv II ist vielseitiger verwendbar als der Konjunktiv I und er ist - im Gegensatz zum Konjunktiv I - auch in gesprochener Umgangssprache unentbehrlich. In seiner Hauptfunktion stellt er das Ausgesagte dar als etwas, was nicht in der Wirklichkeit, sondern nur der Möglichkeit nach oder in der Vorstellung besteht.

= Im Konjunktiv II unterscheidet man formal nur zwei Zeitstufen: eine nicht abgeschlossene Gegenwart/Zukunft einerseits und eine abgeschlossene Vergangenheit andererseits.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung