Komparsen, Statisten, Schauspieler anwesend :)?

2 Antworten

Hey Tine,

...indem man sich mit seiner Rolle identifiziert und sie in dem Moment, wenn man auf der Bühne steht, nicht mehr spielt, sondern lebt. Wer während einer Vorstellung an solche Dinge denken muss, macht eindeutig etwas falsch.

Wie das tatsächlich funktioniert und wie man den Weg dorthin findet, lernt man an den renommierten und guten staatlichen Schauspielschulen und durch viel Training.

Komparsen und Statisten sind Laien, die sich um diese spieltechnischen Details nicht kümmern müssen. Es genügt, wenn sie den Anordnungen des Regisseurs Folge leisten, mit Freude bei der Sache sind, konzentriert mitarbeiten und nicht privat und teilnahmslos herumstehen. Braucht man mehr an Können, greift man auf Kleindarsteller zurück, die eine Schauspielausbildung genossen haben und die wichtigsten Grundlagen beherrschen.

Liebe Grüße!

Woher ich das weiß:Berufserfahrung
Tine321 
Fragesteller
 10.01.2020, 10:40

Gerade, weil Komparsen und Statisten nicht auf eine Schauspielausbildung zurückgreifen können, ging ich davon aus, dass es irgendwelche 'gedanklichen Kniffe' geben müsste, durch die es ihnen leichter fällt, nicht in die Kamera zu sehen. Rein psychologisch wandert der Blick ja immer in Richtung der Quelle unserer Aufmerksamkeit. Ich hätte z.B. ein Problem, mich kpl auf eine Szenenhandlung einzulassen, weil ich dann wahrscheinlich irgendwelche Anweisungen 'von außen' gar nicht mehr hören würde. - Es ist dieser Spagat zwischen 'in der Handlung' und 'Ohr nach draußen', der mich interessiert. :)

0
Tanzistleben  11.01.2020, 02:00
@Tine321

Wenn du in der Arbeit drinsteckst, ergeben sich solche Fragen nicht. Komparsen erhalten die Anweisung, wohin sie schauen sollen (und wohin nicht - bei Kameraarbeit). Das haben sie zu befolgen und sich zu konzentrieren. Macht das jemand nicht oder kann es aus unerfindlichen Gründen nicht, wird er spätestens nach der dritten Ermahnung ausgetauscht. Die Assistenten verfügen über endlos lange Listen an Anwärtern. Um mit Komparsen da extra Trainings zu machen, wenn sie sich ungeschickt anstellen, fehlen Geld, Zeit, Personal und Nerven. Wer es nicht schafft, konzentriert in der Handlung zu bleiben und ständig ein Ohr draußen hat, findet sich sehr schnell endgültig draußen. Gerade bei Film und Fernsehen, wo noch mehr gilt, das Zeit Geld ist. Am Theater ist man vielleicht etwas geduldiger und wenn man einen netten Regieassistenten oder gar nette Kollegen erwischt, wird vielleicht noch ein weiteres Mal erklärt, was zu tun ist. Funktioniert das aber nicht, wird auch da ausgetauscht. Gerade bei Szenen mit vielen Personen ist sehr viel Konzentration gefordert. Wenn ich 25 Leute auf der Bühne habe, in der Oper oft bedeutend mehr, wenn auch noch der Chor auf der Bühne ist, kann ich Ausreißer oder Leute, die nicht völlig bei der Sache sind, nicht brauchen. Da macht man sich keine Gedanken, wie das beim Einzelnen funktioniert. Entweder es klappt, dann ist es schön, oder es klappt nicht, dann wird gewechselt.

0
Tine321 
Fragesteller
 11.01.2020, 17:01
@Tine321

Ich habe noch ein wenig recherchiert und wunderbare Erklärungen zur Vierten Wand gefunden :)

Der Vollständigkeit halber, falls sich jemand auch einmal dafür interessiert:

"Für ein möglichst natürliches Spiel die Rolle zutiefst verinnerlichen, die Zuschauer ignorieren und die „vierte Wand“ wie eine reale Wand behandeln."

Quelle: http://www.stiftung-digitale-spielekultur.de/der-entfremdete-spieler/

"Stellen Sie sich am Vorderrand der Bühne eine große Mauer vor, die Sie vom Parterre trennt, und spielen Sie so, als würde sich diese Wand nicht wegbewegen." (Denis Diderot)

Quelle: https://www.blogvombleiben.de/vierte-wand-bedeutung-geschichte/

"Innerhalb der Bühnenhandlung ist die „vierte Wand“ eine Wand, weil die Theaterfiguren sie als Wand behandeln, also nicht durch sie hindurchblicken und sie nicht durchschreiten. ... Wenn ein Schauspieler allerdings „aus der Rolle fällt“ und auf Beifalls- oder Missfallenskundgebungen des Publikums eingeht, löst sich die vierte Wand auf."

Quelle: https://deacademic.com/dic.nsf/dewiki/1464179

"Eine „Selbstvergessenheit“ der Autoren und Schauspieler." "Die Schauspielmethodik von Stanislawski forderte eine weitgehende Unabhängigkeit von Zuschauerreaktionen."

Quelle: https://deacademic.com/dic.nsf/dewiki/1464179

Method Acting/Lee Strasberg

"...reduzierte Interaktion mit dem Publikum und Betonung der vierten Wand..."

"Hindernis für den Schauspieler ... dessen Bewusstsein, vor einem Publikum zu stehen und sich (gesellschaftlich) verhalten zu müssen oder zu wollen. So verlieren Emotionen ... ihre Frische und Glaubwürdigkeit. Daher erfand er Übungen, das Publikum zu vergessen und sich stärker auf sich selbst zu konzentrieren."

Quelle: https://de.m.wikipedia.org/wiki/Method_Acting

"Der Schauspieler interessiert sich hinter der "Vierten Wand" nur für seine Figur und ihr Erleben und Handeln. Er vergisst im Gedankenexperiment von Diderot, dass das Schauspielen über sein Handeln in der dramatischen Situation hinaus einen Zweck hat. Er vergisst die Zuschauer, er vergisst, dass er Theater spielt."

Quelle: Roselt, Weiler, Schauspielen heute: Die Bildung des Menschen in den performativen Künsten

https://www.theatersturmvogel.de/single-post/2017/08/15/Interaktives-Theater--Nieder-mit-der-vierten-Wand

Filme mit Regelbruch "Durchbrechen der 4. Wand":

http://www.filmstarts.de/nachrichten/18501221.html

0
Tanzistleben  12.01.2020, 01:04
@Tine321

Ja und? Das ist die Theorie dahinter und Papier ist außerdem geduldig. Schauspiel ,wie alle Bühnenberufe, lernt man nicht aus Büchern, sondern in der Praxis! Ich habe auch den Stanislawski, den Strasberg, die Vaganova und einige andere "Bibeln" im Bücherregal stehen und auch gelesen. Und? Das ist alles schön und gut, hat aber mit der Praxis nur sehr wenig zu tun. Ich dachte, Du wolltest wissen, wie diese Dinge im Alltag gehandhabt werden. Wenn das ein Missverständnis war, bitte ich um Entschuldigung.

0

Man schaut hinter die letzte Reihe des Saales.

Tine321 
Fragesteller
 09.01.2020, 20:42

Dann schaut man ja aber förmlich DURCH die Wand?! Verleitet das nicht auch das Publikum, sich ebenfalls dorthin umzudrehen? - Und ist wohl auch schwer, wenn man z.B. mit jemandem auf der Bühne oder am Set interagieren muss.

0
burpie  09.01.2020, 20:45
@Tine321

Wenn Du mit jemandem auf der Bühne interagierst, was hat die Vierte Wand damit zu tun? Kennst Du "House of Cards"? Dort wird die Vierte Wand sehr sehr gut umgesetzt. Möglicherweise verwechselst Du da etwas ...

1
burpie  09.01.2020, 20:48
@burpie

Wenn Du in Deiner Rolle in diesem Stück aufgehst, wozu brauchst Du dann die Meinung des Publikums? Oder bist Du nicht von dem überzeugt, was Du da tust?

1
Tanzistleben  10.01.2020, 02:42
@burpie

Die Meinung des Publikums braucht man erst hinterher.😉 Es kommt halt auch ganz drauf an, was man spielt, ob man Kontakt zum Publikum braucht oder nicht.

Sonst hast du einen Schlüsselsatz geschrieben: "Wenn man in seiner Rolle aufgeht..". Genau das ist es nämlich. Wenn man seine Rolle in dem Moment nicht spielt, sondern lebt, erübrigen sich solche Fragen.

1
Tine321 
Fragesteller
 10.01.2020, 10:32
@burpie

Nach meinen Recherchen ist die 4. Wand, die imaginäre Wand, durch die im Prinzip die Zuschauer eine Szene betrachten. Ein Schauspieler durchbricht sie z.B., wenn er direkt in die Kamera (Eddie Murphy, Jim Carrey) sieht bzw. mit dem Publikum interagiert. Nein?

Ich habe gerade auch nochmal nach 'House of Cards' gegoogelt. Ja, die definieren das ebenfalls meinen Recherchen entsprechend:

"Im Laufe der Serie wird die sogenannte vierte Wand von Francis Underwood zahlreiche Male durchbrochen. Auch Claire Underwood wendet dieses Stilmittel ab der letzten Episode der vierten Staffel an. Hierbei adressieren sie den Zuschauer, ohne dass ihr rechtliches Umfeld in der Serie dies bemerkt."

Quelle: https://house-of-cards.fandom.com/de/wiki/Vierte_Wand

0
burpie  10.01.2020, 16:46
@Tine321

Ja, es ist ein absichtliches Stilmittel, d.h. die Szene/der Text ist so geschrieben, dass der Darsteller eine direkte Beziehung mit dem Publikum eingeht. Deshalb verstehe ich die Frage nicht. Dir geht es darum, nicht von der Kamera "angezogen" zu werden und das ist etwas völlig anderes.

1
Tine321 
Fragesteller
 10.01.2020, 21:19
@burpie

Es ist vielmehr das exakte Gegenteil ;)

Gerade das Einhalten der Vierten Wand ist für mich die Kunst.

0
Tanzistleben  11.01.2020, 02:06
@Tine321

Sorry, aber das ist Unsinn! Burple hat das völlig richtig erklärt. Du scheinst eine völlig falsche Vorstellung von Bühnen- oder Kamera-Arbeit zu haben. Schauspieler, Sänger, Tänzer lernen diese Arbeit, die Statisterie hat damit nichts zu tun.

1
Tine321 
Fragesteller
 11.01.2020, 13:26
@Tanzistleben

Dann ist es also völlig egal, wenn alle Statisten/Komparsen ständig in die Kamera/zum Publikum sehen? Man lernt nie aus...

Ja, da muss ich dann tatsächlich etwas falsch verstanden haben. Ich dachte ja, wenn ein 'Bruch' von etwas als Stilmittel existiert, müsste es auch eine Einhaltung dessen geben. Verwirrend... ;)

Damit es aber anderen nicht ähnlich geht, wäre es toll, wenn ihr Wikipedia etc. vielleicht entsprechend überarbeiten könntet?! :)

0
Tanzistleben  12.01.2020, 01:13
@Tine321

Noch einmal: Der Komparserie wird mitgeteilt, wohin sie zu schauen und was sie zu tun und zu lassen haben. Wer sich daran in auffälliger Weise nicht hält, wird gnadenlos ausgetauscht. Punkt. So sieht die Praxis aus. Meinst du im Ernst, am Set oder am Theater fängt jemand an, der Statisterie Unterricht zu erteilen und mit Theorie-Schwurbelei zu beginnen? Dann würden Filme unbezahlbar werden und am Theater bräuchte man 6 Monate Probenzeit!

1
Tine321 
Fragesteller
 12.01.2020, 18:40
@Tanzistleben

Zum Glück erwähnte ich in meiner Frage ebenfalls Schauspieler... :)

Schauspielerei an sich finde ich allerdings nicht sonderlich spannend. Dabei angewandte Psychologie (wie gefunden z.B. bei Stanislawsky und Strasberg) schon.

Die von mir vermuteten psychologischen Hintergründe konnte ich ja inzwischen selbst recherchieren. Es HÄTTE ja sein können, dass jemand die Frage liest, der das gut in kurzen Worten hätte erklären können. Nicht schlimm... :)

0
Tanzistleben  12.01.2020, 19:34
@Tine321

Was für eine kurze Erklärung hättest du denn haben wollen? Du hast die Artikel dazu gelesen, kennst also die Theorie. In der Praxis ist das nur ein marginales Thema. Vielleicht hättest du deine Frage konkreter formulieren sollen.

0
Tine321 
Fragesteller
 13.01.2020, 13:37
@Tanzistleben

Die Artikel habe ich alle nach(!) meiner Fragestellung recherchiert, als es leider keine befriedigenden Antworten gab.

Mit 'kurzer Erklärung' war gemeint jemand, der sich in einem Bereich umfassend auskennt, kann - auf den Punkt und in Kürze - Inhalte auch Laien verständlich erklären oder nennt Quellen, durch die eine optimale Recherche möglich ist. Und der hätte dann auch evtl. nötige Rückfragen gestellt.

Und nu' is' gut... ;)

0