Können wir überhaupt etwas verstehen?

2 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Was können wir verstehen?

Das ist eine gute und - wie ich finde - auch berechtigte Frage.

Zuerst einmal gilt herauszufinden, was verstehen denn überhaupt meint.

Ich denke - und ich denke, du denkst es auch -, dass verstehen einfach heißt, Prozesse wahrzunehmen, zu speichern und vor allem mit gespeicherten Daten zu verknüpfen.

Besonders auf das Verknüpfen kommt es an. Denn hier bieten sich oftmals viele Möglichkeiten an.

Ich glaube, die einfachste Art von Verknüpfung ist jene, bei der Daten aufeinander aufbauen, also linear in eine Richtung mit einander verbunden sind:

A -> B -> C -> ...

Dieses Modell vom Verstehen können wir nun nutzen, um der Frage, was Verstehen überhaupt ist, nachzugehen.

Nach dem einfachen Modell oben, verstehen wir, wie man von A nach B und von B nach C kommt usw.

Selbst wenn wir die Umkehrung ebenfalls wüssten, können wir dann sagen, wir haben es verstanden?

Wüssten wir auch, wie man von C nach B und von B nach A kommt, verstehen wir dann, wie wir z. B. zu C gekommen sind?

Das muss ich zumindest nach diesem Modell mit Nein beantworten. Denn wir verstehen nicht, wie es zu A kommt.

Wir nehmen einfach an, A sei wahr bzw. es würde schon selbsterklärend sein.

Und hier liegt das Problem. Wir bauen auf etwas auf, wovon wir vielleicht verstehen im Sinne der Herleitung.

Wir sehen sowas als Selbstverständlich und ganz klar an, wissen aber eigentlich (fast) gar nichts.

Wieso trotzdem alles - zumindest ohne philosophisch nachzudenken - einen Sinn zu haben scheint, kann ich mir nur mit dem kaum erforschten Unterbewusstsein erklären.

Denn selbst die schlausten Menschen sagen nicht, dass man auf A nicht aufbauen kann, obwohl man A nicht weiter erklären kann. Es ist in uns Menschen einfach eingebaut eine Grenze nicht zu überschreiten, das Leben aber dennoch zu beschreiten.

Wäre es aber nicht auch irgendwie merkwürdig, gäbe es nicht so eine Grenze?

Manche Fragen sind vielleicht gar nicht beantwortbar.

Wir dürfen nicht vergessen, dass alles, was wir uns denken, nur in unserem Geist (Bewusstsein und auch Unbewusstsein) existieren.

Vielleicht verstehen wir nicht, ob wir verstehen können, weil wir selber den Begriff Verstehen eingeführt haben. Vielleicht haben wir selber Fehler gemacht.

Allerdings bleibt dann immernoch die Frage nach dem, worauf alles aufbaut.

Bestimmtnichtso 
Fragesteller
 25.02.2024, 21:21

"Ich denke - und ich denke, du denkst es auch -, dass verstehen einfach heißt, Prozesse wahrzunehmen, zu speichern und vor allem mit gespeicherten Daten zu verknüpfen." - was heißt dann aber Wahrnehmung, Speicherung und Daten? Diese Begrifflichkeiten benötigen das "Verstehen", welches aber durch diese Begriffe definiert ist. Verstand mit Worten zu definieren, die wir gar nicht wirklich verstehen- wie ironisch :D. Wir verstehen nicht, was wir verstehen. Wir müssen erst diese Ausdrücke mit anderen Ausdrücken -die wir wieder versuchen müssen zu verstehen- versuchen zu verstehen, um dann zu verstehen, was Verstehen bewerkstelligt.
"Denn selbst die schlausten Menschen sagen nicht, dass man auf A nicht aufbauen kann, obwohl man A nicht weiter erklären kann. Es ist in uns Menschen einfach eingebaut eine Grenze nicht zu überschreiten, das Leben aber dennoch zu beschreiten." - da gebe ich dir Recht. Ist es aber nicht unbefriedigend nicht zu verstehen, gefangen in unseren Grenzen, gefangen in mathematischen Größen, gefangen in der dritten Dimension?
"Wäre es aber nicht auch irgendwie merkwürdig, gäbe es nicht so eine Grenze?"- Naja, so wie alles und jeder determiniert ist, wäre es irrational, dass der Mensch das einzig Indeterminierte ist, dann auch eigenartig.
"Vielleicht verstehen wir nicht, ob wir verstehen können, weil wir selber den Begriff Verstehen eingeführt haben. Vielleicht haben wir selber Fehler gemacht." - so würden wir im Behaviorismus und der Kondition gelangen, es gibt keinen Willen und Verstand, sondern nur Konditionierung, Action and Response/ Reaction.
"Allerdings bleibt dann immernoch die Frage nach dem, worauf alles aufbaut." - Auf dem Glauben, dass es etwas gibt, worauf alles aufbaut.

1
TBDRM  25.02.2024, 23:17
@Bestimmtnichtso
was heißt dann aber Wahrnehmung, Speicherung und Daten? Diese Begrifflichkeiten benötigen das "Verstehen", welches aber durch diese Begriffe definiert ist. Verstand mit Worten zu definieren, die wir gar nicht wirklich verstehen- wie ironisch :D. Wir verstehen nicht, was wir verstehen. Wir müssen erst diese Ausdrücke mit anderen Ausdrücken -die wir wieder versuchen müssen zu verstehen- versuchen zu verstehen, um dann zu verstehen, was Verstehen bewerkstelligt.

Genau das meinte ich, wenn ich von A (bezogen auf das Modell meiner Antwort) rede. Wir ignorieren, dass wir in den Widerspruch kommen, "Verstehen" mit Begiffen, die wir nicht verstehen, zu definieren. Das Überraschende ist aber eben, dass wir trotzdem damit arbeiten können. Im Unterbewussten verstehen wir also vielleicht doch vielen, haben nur keinen Zugriff darauf.

da gebe ich dir Recht. Ist es aber nicht unbefriedigend nicht zu verstehen, gefangen in unseren Grenzen, gefangen in mathematischen Größen, gefangen in der dritten Dimension?

Na klar, das wird wohl eine der Hauptgründe sein, wieso man Philosphie betreibt.

Naja, so wie alles und jeder determiniert ist, wäre es irrational, dass der Mensch das einzig Indeterminierte ist, dann auch eigenartig.

Also ja?

so würden wir im Behaviorismus und der Kondition gelangen, es gibt keinen Willen und Verstand, sondern nur Konditionierung, Action and Response/ Reaction.

Hier verstehe ich ehrlich gesagt nicht, was du meinst. Wie kommst du z. B. auf Willen und Verstand?

Auf dem Glauben, dass es etwas gibt, worauf alles aufbaut.

Genau. Vielleicht liegt hier schon der Fehler: Vielleicht denken wir zu rational. Vielleicht ist es so, wie wenn wir den Begriff "Verstehen" verwenden und es dennoch jeder "versteht". Es gibt vielleicht gar kein Anfang, genau so, wie es kein Ende gibt.

Betrachten wir nochmal die Schlussfolgerungs-Kette

A(1) -> A(2) -> A(3) > ...

Vielleicht ist dies ein falsches Modell - oder besser, eher wahrscheinlich. Zur Problematik würde wohl eher passen,

... -> A(z) -> A(z+1) -> A(z+2) -> ...

Wir gehen also weder von einem Anfang, noch von einem Ende aus - wir beginnen einfach mitten drinnen, gehen damit aber davon aus, unseren Startpunkt schlussfolgern zu können. In der Praxis gelingt es uns nur nicht immer, es auch wirklich zu tun.

0
Bestimmtnichtso 
Fragesteller
 25.02.2024, 23:31
@TBDRM

"Genau das meinte ich, wenn ich von A (bezogen auf das Modell meiner Antwort) rede. Wir ignorieren, dass wir in den Widerspruch kommen, "Verstehen" mit Begiffen, die wir nicht verstehen, zu definieren. Das Überraschende ist aber eben, dass wir trotzdem damit arbeiten können. Im Unterbewussten verstehen wir also vielleicht doch vielen, haben nur keinen Zugriff darauf." - ja genau, aber extrem unbefriedigend.
"Na klar, das wird wohl eine der Hauptgründe sein, wieso man Philosophie betreibt." - verdammt zu leiden ist derjenige, welcher erkennt.
"Also ja?" -ja :D
"Hier verstehe ich ehrlich gesagt nicht, was du meinst. Wie kommst du z. B. auf Willen und Verstand?" - der Wille ist ein Produkt vom Verstehen (ich kann nur das Wollen, was ich auch begreife und weiter ausbauen kann) und der Verstand eben kein Produkt der einzelnen Prozesse des Verknüpfen und Aufnehmens- eben des Verstehens- sondern das Gesamtkonstrukt, was uns die Gabe verleiht zu verstehen. Verstehen als Prozess, Verstand als Konstrukt alles von allem bereits Verstandenem, welcher uns auch logisches Denken ermöglicht. Wenn wir wissen, dass eine Kugel rot und die andere grün ist, wissen wir, sobald wir die eine sehen, dass die andere grün/rot sein muss. Wir müssen nicht noch erst die andere erblicken.
"... -> A(z) -> A(z+1) -> A(z+2) -> ...

Wir gehen also weder von einem Anfang, noch von einem Ende aus - wir beginnen einfach mitten drinnen, gehen damit aber davon aus, unseren Startpunkt schlussfolgern zu können. In der Praxis gelingt es uns nur nicht immer, es auch wirklich zu tun."- tolles Beispiel von Reduktionismus. Alles so zu zerkleinern, dass es in allen Einzelteilen vorliegt, NUR DASS es eben unmöglich ist.
Außerdem: Tolle mathematische Beispiele ;D

1
TBDRM  25.02.2024, 23:49
@Bestimmtnichtso
der Wille ist ein Produkt vom Verstehen (ich kann nur das Wollen, was ich auch begreife und weiter ausbauen kann)

Und wenn man einfach Essen und Trinken will (ich rede nicht vom Überlebensinstinkt, sondern von Lust: z. B. Süß, obwohl man gesättigt ist)? Ich muss nicht verstehen, was Essen ist, um es zu wollen. Man will in aller Regel was, weil es einen befriedigt. Das kann aber aus rein biologischen Prozessen passieren, ohne dass wir unseren Verstand nutzen müssen. Oder ich verstehe unter Willen was anderes als du.

Verstehen als Prozess, Verstand als Konstrukt alles von allem bereits Verstandenem, welcher uns auch logisches Denken ermöglicht. Wenn wir wissen, dass eine Kugel rot und die andere grün ist, wissen wir, sobald wir die eine sehen, dass die andere grün/rot sein muss. Wir müssen nicht noch erst die andere erblicken.

Wenn ich es richtig verstehe (langsam hasse ich das Wort ^^), dann ist Verstand - so wie es oben steht - nicht weiter als ein Speicher vom Verstandenen, worauf wir - im Gegensatz zum Unterbewusstsein - Zugriff haben, korrekt?

Was hat das aber mit der ursprünglichen Frage zu tun?

Tolle mathematische Beispiele ;D

Danke ^^

Ich finde es leichter, wenn man alles etwas abstrakter betrachtet, um auf die Allgemeinheit schließen zu können (ist ja auch Sinn und Zweck des Abstrahierens, zumindest, wenn es nach mir geht).

PS: Danke für den Stern :D

0
TBDRM  25.02.2024, 23:57
@Bestimmtnichtso
tolles Beispiel von Reduktionismus. Alles so zu zerkleinern, dass es in allen Einzelteilen vorliegt, NUR DASS es eben unmöglich ist.

Wieso?

Ich sage nicht, dass es möglich sei, aber ich wüsste auch nicht, was dagegen spreche.

0
Bestimmtnichtso 
Fragesteller
 26.02.2024, 18:38
@TBDRM

"Und wenn man einfach Essen und Trinken will (ich rede nicht vom Überlebensinstinkt, sondern von Lust: z. B. Süß, obwohl man gesättigt ist)? Ich muss nicht verstehen, was Essen ist, um es zu wollen. Man will in aller Regel was, weil es einen befriedigt. Das kann aber aus rein biologischen Prozessen passieren, ohne dass wir unseren Verstand nutzen müssen. Oder ich verstehe unter Willen was anderes als du." - das wird wohl so sein, ich beziehe mich auf den kantischen Willen, den guten Willen, welcher von Vernunft und primär durch Verstand gefordert wird.
"Wenn ich es richtig verstehe (langsam hasse ich das Wort ^^), dann ist Verstand - so wie es oben steht - nicht weiter als ein Speicher vom Verstandenen, worauf wir - im Gegensatz zum Unterbewusstsein - Zugriff haben, korrekt?" - Jaein, der Verstand ist größtenteils Unbewusst, wodurch bspw. verstehst du denn sofort einen Witz? Eben weil es logisch im unbewussten erschlüsselt wurde. Es ging darum, dass wir am Ende im Behaviorismus landen würden und wir eben nicht von Verstand und Willen abhängen, sondern von Kausalität. Eben aus der Schlussfolgerung, dass es komisch wäre, wenn keine Grenzen vorhanden wären und wir so determiniert sein müssten. Ja, "verstehen" kann ich selber nicht mehr leiden.
"Danke ^^

Ich finde es leichter, wenn man alles etwas abstrakter betrachtet, um auf die Allgemeinheit schließen zu können (ist ja auch Sinn und Zweck des Abstrahierens, zumindest, wenn es nach mir geht).

PS: Danke für den Stern :D"- gerne, ja die Neutralität und Objektivität mathematischer Formeln ist besonders nützlich.
und nochmal gerne :D
"Wieso?

Ich sage nicht, dass es möglich sei, aber ich wüsste auch nicht, was dagegen spreche." - Ja genau, folge man deinem Beispiel sich der Kette rückwirkend, deduktiv, herableitend -wie auch immer- runterzulaufen, würde das dem Reduktionismus entsprechen, bis zum kleinsten zu gelangen, jedoch erschließt du auch korrekt, dass es eben keinster Möglichkeit entspricht. So spreche nach unserem Werdegang nichts dagegen, zu sagen, dass es eben keinen Anfang gibt.

1

Wir gehen durch das Leben mit der Annahme etwas zu lernen/ zu verstehen.

Doch lernen oder verstehen wir wirklich IRGENDETWAS? Sind wir uns sicher, was wir überhaupt sagen? Woher wissen wir überhaupt wirklich, was "sagen" heißt, oder was die Worte, die wir verwenden um "sagen" zu definieren wirklich bedeuten. "Ja, aber das weiß man" - was ist dann mit abstrakteren Begriffen, die wir alle scheinen verinnerlicht zu haben? Respekt, Intelligenz, Nichts, Unendlichkeit... Alle verstehen es, wenn man diese erwähnt, kaum einer kann diese in die Bestandteile definieren. Sätze und Worte, die man ständig nutzt, kann kaum einer erklären, nicht nicht nicht mal Nichts oder Alles - hm. Alles was wir denken, tun, wissen, verstehen, wird erst oben irgendwo verarbeitet und dann ausgespuckt. Wir nehmen dann an, dass wir hätten ja auch Anderes sagen können... Ist das denn so? ...

Oder was ist mit der Gestik und Mimik, unter Gesicht A verstehen wir auch Gefühl A, aber woher? Und wieso kann das jeder- ausgenommen mancher? Wieso können wir uns nicht erklären warum x Mimik x Gefühl illustriert? Wie VERSTEHEN -Semantik- wir was etwas bedeutet. " "Evolution", "Vernunft" ... sind die Gründe dafür" - ja und was sind diese?

Wir scheinen auch "Nicht" Sätze bis zu einem Alter nicht zu verstehen. Dabei ist "Nicht" Grundlage für Vernunft: Das geschieht, also reagiere ich automatisch so. So würde ein Tier vorgehen, Menschen können allerdings zwischen den zwei Schritte Vernunft einschieben: "Was ist, wenn es NICHT so soll/ muss, Was geschieht wenn ich NICHT so reagiere..." - essenziell fürs Hinterfragen.

Am Ende, "weiß" man, dass man Nichts "weiß", nicht mal diesen Satz, der das Fazit fasst, versteht man und sitzt nur noch da.

Tiere verstehen wirklich nichts, wir meinen etwas zu verstehen, obwohl wir Nichts verstehen.

Ich verstehe langsam nichts mehr... nicht Sätze auch nicht?