Kennt ihr schöne Gedichte zum Thema Freiheit (und evtl. deren Ambivalenz)?

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Was ist die Freiheit, und was ist sie nicht?

Ein Sonnenstrahl, der durch die Wolke bricht,

Die lang' umnachtend seinen Glanz verschlungen,

Der Leben zeugt, wohin sein Licht gedrungen,

Der Blüten weckt und goldne Früchte reift:

Das ist die Freiheit, die das Herz begreift.

Doch wenn der Donner rollt, und grimmbewehr!

Der Strahl des Blitzes flammend niederfährt,

Der Hütte Dach in grausen, Brand entzündet,

In Trümmer wirft, was stiller Fleiß begründet,

Was Ordnung baute, wild in Stücke bricht,

Das ist Zerstörung, das ist Freiheit nicht.

Ein Hauch des Frühlings, der mit milder Kraft,

Die Herzen löst nach langer Winterhaft,

Daß fessellos in ungetrübter Welle

Des Wortes Strom uns von den Lippen quelle,

Ein Lenzhauch, der Licht, Duft und Lieder bringt,

Das ist die Freiheit, die das Herz besingt.

Doch weh, wenn rauher Sturm in blinder Hast,

Das Schifflein unsrer Zukunft zürnend faßt,

Und dreht es wirbelnd im Gewirr der Wogen,

Und schleudert's sausend wie den Pfeil vom Bogen

Der Klippe zu, an der es scheiternd bricht –

Das ist Verderben, das ist Freiheit nicht.

Denn Freiheit geht versöhnend durch die Welt

Sie trennt nicht, sie verbindet, was zerfällt,

Sie hebt empor, die Wahn in Staub getreten,

Sie fragt nicht, wie zu unserm Gott wir beten,

Und nur zwei Brüder sind ihr Jud' und Christ,

Die Freiheit mein' ich, die es wahrhaft ist!

Doch wo in blindem Taumel grimmbewehrt,

Der Brüder Hand sich gegen Brüder kehrt,

Wo Glaubenshaß empörte Würgerhorden

Entfesselt, frech zu rauben und zu morden,

Wo Willkür rasend Recht und Frieden bricht.

Da herrscht Gewalt, da wohnt die Freiheit nicht.

Freiheit ist Liebe, Freiheit ist das Recht,

Zum Menschen weiht und adelt sie den Knecht,

Bewaffnet steht sie an des Thrones Stufen,

Und Achtung dem Gesetz hört man sie rufen,

Achtung uns selbst, und unsrer Menschenpflicht,

Wer die verletzt, verdient die Freiheit nicht!

O Freiheit, Himmelstochter, mild und rein,

Du kehrtest kräftigend in unsre Herzen ein,

Nicht Schrecken, Segen laß uns rings verbreiten,

Für Recht und Ordnung laß uns freudig streiten,

Laßt Brüder frei von Schuld und Wahn uns sein,

Denn das ist wahre Freiheit, das allein!

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von Friedrich Halm

DIE FREIHEIT LÄSST SICH NICHT GEWINNEN

Die Freiheit lässt sich nicht gewinnen,
von aussen wird sie nicht genährt,
Freiheit wächst zuerst tief innen,
in der Seele, wo sie dich erfährt.
Willst du dieses Wachsen fördern,
so bring zuerst dich selber ein.
Fremde Fesseln dir zerstöre
sie können eine Bremse sein.

(© Monika Minder)

Monianka  13.11.2018, 04:41

Man mag den freien Menschen fesseln, knebeln, quälen. Solang noch Geist und Herz ihn seinen Wert empfinden und einen höhern Sinn, ein letztes Ziel des Lebens ahnen lassen, wird er sich nicht verloren geben und dankbar sein für jeden Tag, da ihm ein inneres Licht noch Kraft und Weisung gibt. © Carl Peter Fröhling (*1933), Dr. phil., deutscher Germanist, Philosoph und Aphoristiker

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Monianka  01.12.2018, 12:04

Danke! Sehr schön! 💚🍀💚

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Freiheit als Gegenteil von Sicherheit ist ein Thema, dass so alt ist wie die Menschheit. Deshalb wird sie oft als Inbegriff demokratischer Gesinnung und als das am meisten erstrebenswerte Gut idealisiert. Ich habe mal ein kleines Gedicht darüber geschrieben:

Über Freiheit

Ich sprach mit dem kleinen Löwen,

der im Zoo geboren war. 

Stell dir vor, sagte ich,

Savanne bis zum Horizont, 

begossen vom Blut 

der versinkenden Sonne.

Was soll das,

schnurrte der Kleine,

Gitterstäbe find ich cool!

Kein Gedicht, nur die legendäre Zeile aus "Me and Bobby McGee": "Freedom's just another word for nothin' left to lose" (Kris Kristofferson) - ziemlich ambivalent, wenn du mich fragst...

Manchmal 

Manchmal wünsche ich mir 

durch Felder und Wiesen laufen 

stundenlang 

ohne Uhr ohne Ziel 

ohne euch 

nur mit mir 

mit meinen Gedanken 

meinem vernachlässigtem Innenleben. 

Manchmal wünsche ich mir 

auszubrechen 

aus der Enge aus der Vielzahl der Pflichten 

für ein paar Stunden. 

Manchmal wünsche ich mir 

gegen den Wind zu laufen 

seine Frische und Freiheit spüren 

und in der Sonne auszuruhen 

ihre Kraft und Wärme auszunehmen 

Manchmal wünsche ich mir ein Stück Freiheit 

für wenige Stunden 

ich käme zurück 

mit vollen Händen 

mit Sonne und Wind 

den Arm voll Blumen für euch. 

© Anne Steinwart