Kann mir jemand die hybridisierung (chemie) einfach erklären?

4 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Moin,

eigentlich wurde das hier bereits gut erklärt... Ich will trotzdem auch noch einmal meinen Senf dazu geben (hab gerade Zeit und nichts Besseres zu tun...):

Hybridisierung ist ein Konzept, um Beobachtungen bestimmter Bindungsverhältnisse erklären zu können. Das Methanbeispiel von Mike074 ist bereits gut erklärt worden (wobei ich noch ergänzen möchte, dass nicht nur die Abstände und Bindungswinkel einheitlich sind, sondern auch die Bindungsenergien jeder einzelnen Bindung).
Das ist nach dem Orbitalmodell nicht zu verstehen. Ein Kohlenstoffatom hat - wie schon erläutert - eine Elektronenverteilung im Grundzustand von C: 1s^2; 2s^2 2p^2. Warum und wie sollen hier vier gleichartige Bindungen zu den vier Wasserstoffatomen im Methan zustande kommen?
Wenn du diesem Kohlenstoff-Atom nun etwas Energie zuführst (eine unmittelbare Voraussetzung für eine chemische Reaktion), dann kann man sich leicht vorstellen, dass ein Elektron aus dem 2s-Orbital (unter Spinumkehr) in das freie 2p-Orbital springt. Dadurch erhieltest du den sogenannten angeregten Zustand C*: 1s^2; 2s^1 2p^3. Das würde immerhin schon einmal verständlicher machen, warum Kohlenstoff vierbindig ist, denn nun wären ja im 2s-Orbital und in den drei 2p-Orbitalen jeweils ein Elektron (was zusammen vier ungepaarte Elektronen ergäbe). Aber abgesehen davon, dass die drei p-Orbitale jeweils senkrecht aufeinander stehen, so dass man erwarten müsste, dass auch die Bindungswinkel von zumindest diesen drei H–C–H-Bindungen 90° betragen müssten, müssten sich zusätzlich auch die Bindungsenergien unterscheiden, weil das 2s-Orbital energetisch günstiger liegt.
Tatsächlich hat Methan aber nicht nur energetisch völlig ununterscheidbare C–H-Bindungen, sondern der H–C–H-Bindungswinkel beträgt ebenfalls einheitlich etwa 109° (Tetraederwinkel).

Um dieses (aber nicht nur dieses) Phänomen erklären zu können, führte der geniale Chemiker Linus Pauling das Konzept der Hybridisierung ein.
Pauling erklärte, dass energieähnliche Orbitale miteinander kombiniert werden können. Dabei würden neue, völlig anders aussehende Hybridorbitale gebildet werden, die energetisch gleichwertig (entartet) zwischen den Niveaus liegen, wie sie die einzelnen Atomorbitale des Grundzustandes hatten.
Wenn also das 2s-Orbital und die energetisch immerhin im gleichen Energiebereich liegenden drei 2p-Orbitale auf diese Weise kombiniert werden, so kommen vier sp^3-Hybridorbitale heraus, die untereinander nicht nur völlig gleich aussehen, sondern auch im geforderten Tetraederwinkel zueinander stehen und energetisch gleichwertig sind. Das "sp^3" meint dabei, dass ein s-Orbital und 3 p-Orbitale miteinander kombiniert wurden.

Es ist mit dem Hybridisierungskonzept auch möglich, Doppel- oder Dreifachbindungen zu verstehen. Bei einer Doppelbindung kombinieren nämlich zum Beispiel nur zwei der drei 2p-Orbitale mit dem 2s-Orbital. Dabei entstehen drei sp^2-Hybridorbitale, die alle gleich aussehen und in einer Ebene liegen, wobei ein Wnikel von 120° zwischen ihnen besteht (trigonal-planare Geometrie). Das 2p-Orbital, das sich nicht an der Hybridisierung beteiligt, steht als typisches p-Orbital senkrecht zur Ebene, in der die drei sp^2-Hybridorbitale liegen. So kann man erklären, wieso im Ethen eine Doppelbindung entsteht (Überlappung von jeweils einem sp^2-Hybridorbital = sigma-Bindung plus Überlappung der jeweiligen, nicht an der Hybridisierung beteiligten p-Orbitale = pi-Bindung). Man versteht dann auch, warum die anderen Bindungspartner (die Wasserstoffatome) mit den Kohlenstoffatomen in einer Ebene liegen und ein H–C–H-Bindungswinkel von 120° vorliegt.
Bei einer Dreifachbindung kombinieren nur das 2s-Orbital mit einem der drei 2p-Orbitale. Das ergibt zusammen zwei sp-Hybridorbitale. Die beiden nicht an der Hybridisierung teilnehmenden p-Orbitale stehen nicht nur zueinander, sondern auch zu den sp-Hybridorbitalen senkrecht. Da die sp-Hybridorbitale im 180°-Winkel zueinander stehen, ist klar, warum Ethin eine lineare Molekülstruktur besitzt. Die Überlappung von jeweils einem sp-Hybridorbital und jeweils den beiden nicht beteiligten p-Orbitalen führt dann zur Dreifachbindung...

Fazit: Unter Hybridisierung versteht man die Kombination energieähnlicher Orbitale zu anders gestalteten Hybridorbitalen.

LG von der Waterkant.

Ob das man so möglich ist. Ich versuche das trotzdem, auch wenn ich mir manchmal den Zorn der Chemiefreaks zuziehe, weil ich halt Sachen vereinfache, die missbilligt werden.

Am besten kann man das am Methanmolekül erklären.

Wie du ja weisst, hat ja Kohlenstoff ja 4 Außenelektronen. Der Wasser jeweils ein 1 Elektron. Somit bilden sich vier Einfachbindungen.

Wenn die Kenntnis der Orbitaltheorie voraussetzen darf, dann überlagern sich die s-Orbiale (kugelförmig) mit p-Orbitalen (keulenförmig) und bilden bei 4 Einfachbindungen ein tetraederförmiges Molekülorbital, das sogenannte sp3 Orbital.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – gelernter Diplom Chemiker
Bevarian  05.11.2016, 12:25

Vielleicht könnte man noch hinzufügen, daß der C das nur macht, weil die Hybridorbitale einen etwas geringeren Energiegehalt haben als die Grundstruktur - sonst hätte er ja keinen Grund, sich so die Orbitale zu verrenken...

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LeBonyt  05.11.2016, 12:25

Upss muss natürlich Wasserstoff heißen und nicht Wasser. Sorry...

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Beispiel Kohlenstoff: C besitzt die Elektronenkonfiguration 2s2 2p2. Wenn man nun die einfache Kohlenstoff-Verbindung Methan, CH4, betrachtet, stellt man fest, dass alle Wasserstoffatome gleiche Abstände und gleiche Bindungswinkel (Tetraederwinkel) aufweisen, also den größtmöglichen Abstand voneinander einnehmen. Wenn man aber von der o.g. Elektronenkonfiguration ausgeht, würde man eigentlich zwei unterschiedliche Bindungsgeometrien erwarten, da die Elektronen aus s- und p-Orbitalen unterschiedliche Aufenthaltswahrscheinlichkeiten (räumliche Formen der Orbitale) haben.

Das Phänomen der ununterscheidbaren Orbitale erklärt man mit der Hybridisierung, in der die s- und p-Orbitale miteinander "gemischt" werden und nun sogenannte energiegleiche ("entartete") sp3-Hybridorbitale bilden.

LeBonyt  05.11.2016, 12:14

Perfekt... Wie immer...

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ThomasJNewton  05.11.2016, 22:10

Kohlenstoff besitzt gar nichts, weil es ein Element und damit ein abstakter Begriff ist.

Abstakte Begriffe können nicht besitzen, erst recht nicht was konkretes.

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Ich gehe noch einen Schritt weiter.

Ich unterscheide nicht zwischen der Hybridisierung von Atomorbitalen und anschließender Molekülorbitalbildung und der Molekülorbitalbildung von "reinen" Atomorbitalen und der anschließenden Hybridisierung der Molekülorbitale.

M.W. ist der "Bindungszustand" des Kohlenstoff nicht ohne ein Umkehr zu erreichen, spinmäßig.
Aber ungebundene C-Atome wirst du auch in der Natur nicht fnden. Egal ob Diamant, Graphit, Kalkstein oder T-Shirt.

Das sind Diskussionen um des Kaisers Bart.

Mike074  06.11.2016, 00:28

Es geht hier nicht um Esoterik oder philosophische Betrachtungen, sondern um Modelle, die solange herangezogen werden, wie sie mit Beobachtungen übereinstimmen oder als Erklärung naturwissenschaftlicher Phänomene taugen. Solche Konzepte erheben weder einen Absolutheitsanspruch noch einen Anspruch auf Endgültigkeit. Ich widerspreche nicht, wenn man solche Konzepte als Krücke bezeichnen würde, aber immerhin sind es Krücken, die sich bis jetzt als überraschend hilfreich erwiesen haben. Kalkstein oder T-Shirts haben in einer solchen Diskussion nichts zu suchen.

Im übrigen zielte die Frage auf eine stark vereinfachte, verständliche Erklärung ab. Man hätte mit der gleichen Berechtigung auch ein rein mathematisches Modell zitieren können, damit wäre dem Fragesteller vermutlich wenig geholfen worden.

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ThomasJNewton  06.11.2016, 00:42
@Mike074

Esotherik und Philosophie sind mit fremd.

Und was ein Fragesteller genau fragt, und welchen Background er wirklich hat, ist immer ein Abenteuer.

Und du kannst (gelegentlich und hier sicher) davon ausgehen, dass ich die vorherigen Antworten gelesen habe.

Klar kannst du fragen, ob meine Antwort hilft.
Aber kannst du so klar die Frage beantworten?

Und natürlich hat das natürliche Vorkommen von Kohlenstoff eine Bewandnis.
Sowohl in Kalkstein als auch in T-Shirts hat der Kohlenstoff nicht die Elektronenkonfiguraton wie bei einem freien C-Atom.
Die "Hybridisierung" ist also die Regel, nicht ein Vorgang aus einem "Grundzustand" heraus.

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Mike074  06.11.2016, 21:10
@ThomasJNewton

Ich bin ja auch gerne mal spitzfindig oder provokativ, aber das Thema hier hat nun wirklich nichts damit zu tun, dass elementarer Kohlenstoff nicht die Elektronenkonfiguration des Grundzustandes im Periodensystems widerspiegelt. Das trifft auf viele andere Elemente auch nicht zu. Die Theorie entstammt ursprünglich dem Bohr'schen Atommodell und ist auch mit der (neueren) quantenmechanischen Theorie in guter Übereinstimmung. 

Das gesamte Periodensystem baut immerhin darauf auf und das Konzept der Hybridorbitale erklärt sich damit zwanglos. Dass Hybridorbitale die Regel darstellen, bezweifele ich überhaupt nicht, aus dem Grundzustand heraus können aber die unterschiedlichen Hybridisierungen mathematisch abgeleitet und erklärt werden, sogar die von Triplett-Carbenen (sp-Hybrid) oder Singulett-Carbenen (sp2), also bivalenten reaktiven Zwischenstufen. Und dann gibt es ja auch noch pi-Bindungen, die mit dieser Theorie ebenfalls hervorragend im Einklang stehen. Chemie hat eben einen sehr umfangreichen theoretischen Hintergrund, der sich in erstaunlichem Unfang nutzbringend in die Praxis einbringen lässt. Auch die Bindungsverhältnisse der sp3-Hybridisierung von Diamant oder die der sp2-Hybridisierung im Graphit und die damir verbundenen makroskopischen Eigenschaften finden darin ihre Entsprechung. Solange abstrakte Modelle gute Erklärungen für Beobachtungen in der Realität liefern, sind sie nützlich und bedürfen keiner Alternativen, die das nicht leisten können.

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ThomasJNewton  06.11.2016, 21:22
@Mike074

Waraum erzählst du mir lauter Sachen, die mir schon lange bekannt sind?

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