Kann ein Serienmörder und Massenmörder nach 15 Jahren Gefängnis frei kommen?

4 Antworten

Kommt nun wahrlich auf das jeweilige System an, gegebenenfalls auf die Richter.

In den USA würde ein Serienmörder (ich gehe mal von ~7 Opfern aus ) entweder sterben (durch Giftspritze), oder sterben (durch life in prison without parole).

Dort kommt ein Serienmörder nicht frei. Definitiv nicht, eher wird er hingerichtet.

Falls der Bundesstaat das nicht zulässt, dann wird nahezu garantiert, wie gesagt life in prison without possibility of parole verhängt. Der Name ist Programm, der Mörder würde niemals für Bewährung in Frage kommen.

Saudi-Arabien, Iran, China etc., da läufts mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auf die Todesstrafe raus. Da kann der Mörder dann schauen, enthauptet, gehängt, erschossen, unsere (süd)östlichen Handelspartner sind da recht kreativ.

Nun zum wahrscheinlichen Fall in Deutschland.

Zum einen würde mandatorisch (zwingend) eine lebenslange Freiheitsstrafe verhängt ("Der Mörder wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft.", §211 StGB). 

Da der werte Herr Richter (verzeiht das Fehlen der femininen Bezeichnung) auf Grund des §42 StGB alle bekannten Morde zusammen aburteilen muss, kann er nicht 7 mal lebenslänglich verhängen.

Das war früher recht gebräuchlich (siehe dazu Heinrich Pommerenke) und erfreut sich auch heutzutage großer Beliebtheit, allerdings nur bei unseren englischsprachigen Freunden. (Meistens Amerikaner, Texaner und Kalifornier. Manchmal machen das auch die Australier)

Also nur einmal lebenslänglich. Sollte doch ausreichen, der Name ist doch sicherlich Progr.... äähm. Nö. Nicht hier. 

Tatsächlich wurde eine grundsätzliche Verwahrung bis ans Lebensende, ohne realistische Chance auf Entlassung für verfassungswidrig erklärt.

Im Regelfall kann der Mörder also nach 15 Jahren Strafaussetzung zur Bewährung beantragen. Das wird meistens nicht bewilligt, meistens wird die lebenslange Freiheitsstrafe bei uns ~22 Jahre lang vollstreckt.

Wie das ? Nun ja, unsere Justiz darf die Mörder nicht rauslassen, solange sie noch eine Gefahr darstellen. Das festzustellen erfordert eine gut gelaunte Fachkraft, die Prognosen stellen darf. 

Wenn der (oder die, wir wollen ja politisch korrekt sein) nun also sagt, "der kommt nicht raus, der ist immer noch gefährlich", dann bleibt der (oder die) Mörder/in im Gefängnis. Wenn er (oder sie) Pech hat, dann reicht ein einfaches lebenslänglich tatsächlich für ein Leben im Gefängnis.

Jetzt mag die erregte Masse brüllen und mit Fackeln und Mistgabeln wedeln: "Warum bekommt der "einfache" Mörder genau die selbe Strafe, wie der [Namen des siebenfachen Mörders einsetzen] ? Unfair, ungerecht und unverschämt"  

Ist der Mob besonders wütend, dann würde jeder der Teilzeithelden den Mörder eigenhändig aufknüpfen, "Menschenrechte ja bitte - aber doch nicht für den..."


Nun. Damit diese Situation nicht eintritt, haben sich ein paar findige Köpfe die "besondere Schwere der Schuld" ausgedacht. Die wird ausgesprochen, wenn - Überraschung - die Schuld bei der Tat/den Taten höher ist, als bei einem durchschnittlichen Mord.

Da sieben Morde relativ wahrscheinlich schwerwiegender bewertet werden, als ein einzelner Mord, kommt nun also zu dem lebenslang auch noch die besondere Schwere der Schuld.

"Aber wat isn dat ? Und wat kann dat ?"

Gute Frage. Diese Feststellung der besonderen Schwere der Schuld verhindert, dass der Mörder nach 15 Jahren freikommen kann (nur zur Erinnerung, die kommen im Durchschnitt sowieso erst 7 Jahre später frei, einige unserer Zeitgenossen verweigern diesen Fakt aber beharrlich)

"Hört sich ja toll an. Und wie verhindert die dat ? Kommt da etwa ein Strick ins Spiel ?!"

Nö. Auch wenn der Mob sich angestachelt hat und nun wahrscheinlich sogar einen kleinen Welpen frittieren würde, der Täter bleibt am Leben (vorerst).

Die besondere Schwere der Schuld ermöglicht es dem Richter, das Mindeststrafmaß nach belieben anzuheben.

Bewährung nach 15 Jahren ? Zu wenig ? Der Richter kann in diesem Fall auch 30, 40, 50 Jahre Mindestdauer verhängen. Theoretisch auch 1000 Jahre. Toll, was ? Bekommt der Mörder seine Strafe ja doch noch...

...gäbe es da nicht die Folgeinstanzen. 1000 Jahre würden die abschmettern, auch ansonsten landen zu hohe Mindesthaftzeiten gerne mal beim Kassationshof (Ich weiß - es gibt hier keinen Kassationshof, lasst mir meine stilgerechte Gestaltung). Aber ein Minimum von 30 Jahren wurde schon verhängt.

"Pfff. Immerhin etwas. Aber wat is, wenn der danach immer noch leben tut ?"

Der Mob kann sich beruhigen. Danach gibts für unseren siebenfachen Mörder wahrscheinlich noch Sicherheitsverwahrung. Die gibts zwar erst nach der Strafe (die eventuell bis zu seinem Tode andauert), aber er bleibt trotzdem weggesperrt.

"Und wat is, wenn der Richter g´soffen hat und keine SV befiehlt ???"

Macht nix, Sicherheitsverwahrung kann auch nachträglich angeordnet werden. Kommt man nun also zu dem Schluss, dass der siebenfache Mörder (langes Wort, nennen wir ihn Max ?! - Machen wir ) - Max, nach seinen 30 Jahren Haft noch eine Gefahr darstellt, dann kann man auch nach dem eigentlichen Urteil, nach drei, vier Jahren SV anordnen.

Aber das ist nicht zwingend. Der 9 (!)-fach-Mörder Christian Klar kam auch nach 26 Jahren frei. Die besondere Schwere der Schuld bescherte ihm 11 Jahre extra. 

Da aber nach Ansicht der OLG keine Rückfallgefahr bestand, wurde der Rest der Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Und Sicherheitsverwahrung hat er auch nicht bekommen.


Fassen wir zusammen:

Ja, er kann  nach 15 Jahren freikommen, wenn...

...keine besondere Schwere der Schuld festgestellt wurde...

...keine Sicherheitsverwahrung angeordnet wurde...

...er keine Gefahr mehr darstellt...

...aber das ist in etwa so wahrscheinlich, wie der Mob, der seine Fackeln friedlich beiseite legt, um weiße Tauben zu verteilen.


Ein Serienmörder käme nicht nach 15 Jahren frei. Nicht hier und nicht sonst irgendwo. 

  Guten Abend.

PS: Für die Herrschaften und Damen, die mit der lebenslangen Freiheitsstrafe hier und übern Teich nicht allzu vertraut sind, habe ich mir die Freiheit genommen, etwas zu schreiben. 

Nur lose mit der Frage verknüpft, vielleicht dennoch recht interessant, Achtung, meinen Humor werdet ihr hier schmerzlich missen ;)



Wichtig ist zu Anfang, dass das amerikanische Strafrecht von Staat zu Staat unterschiedlich ist, zudem gibt es noch Bundes - und Militärstrafrecht.

Grundsätzlich gibt es drei Arten von "lebenslänglich" in den Vereinigten Staaten.

Lebenslänglich mit Möglichkeit einer Bewährung. Die minimale Haftzeit wird dabei bei der Urteilsverkündung mitverkündet.

Beispiel: Für Totschlag (etwa gleichzusetzen mit 2nd degree murder, Mord 2. Grades) wurden Beispielsweise Urteile wie "16 years to life" verhängt. Es müssen also mindestens 16 Jahre Haft verbüßt sein, danach kommt eine Bewährung in Frage, ist allerdings nicht zwingend.

Dieses System ähnelt unserem deutschen System, aber dazu später mehr.

Die zweite Art der lebenslangen Freiheitsstrafe ist diejenige ohne Bewährung, hierbei wird die Haft bis zum Tod des Verurteilten vollstreckt. In vielen Staaten wird diese Strafe ersatzweise für die Todesstrafe angeordnet, falls diese aus der Staatsverfassung gelöscht wurde.

Beispiel: Für einen Raubmord (1st degree murder, zudem noch capital oderaggrevated murder) wird das Urteil "life in prison without the possibility of parole" verhängt. In Staaten welche die Todesstrafe verhängen, wird in solchen capital crimes oft auch die Todesstrafe (capital punishment) verhängt.

Die dritte Möglichkeit in den USA "lebenslang" zu bekommen, liegt in dem Prinzip der Strafaddition. In den USA wird bei mehreren Straftaten jede einelne mit einer Strafe belegt, es muss keine Gesamtstrafe gebildet werden wie in Deutschland.

Angenommen eine Person würde eine Halle anzünden, woraufhin 25 Personen eine Rauchvergiftung erlitten. In diesem Fall könnte der Angeklagte zu 25 x 5 Jahren Haft =125 Jahren Haft wegen Körperverletzung verurteilt werden, faktisch also lebenslang.

Nun zu Deutschland.

Die lebenslange Freiheitsstrafe stellt insoweit eine Ausnahme zu temporären Freiheitsstrafen dar, da die auf unbestimmte Zeit verhängt wird, mindestens aber 15 Jahren, nach dieser Zeit kann der Rest der Strafe zur Bewährung ausgesetzt werden.

Begeht der Verurteilte in dieser Zeit erneut eine schwere Straftat kann die Bewährung widerrufen werden und die lebenslange Haft wird wieder vollstreckt.

Durchschnittlich erfolgt eine Haftaussetzung nach etwa 22 Jahren.

Entscheidend für eine Bewährung ist eine positive Gefährlichkeitsprognose. Wird eine solche nicht ausgestellt, kommt der Verurteilte auch nicht vorzeitig frei. Ein Beispiel hierfür ist  Heinrich Max Pommerenke, auch bekannt als Frauenmörder. Noch nach altem Strafrecht wurde er 22.10.1960 zu 6 x lebenslang + 15 Jahre verurteilt. Eine Bewährung wurde stets abgelehnt, sodass er fast 49 Jahre lang in Haft war, wo er schließlich auch verstarb. (heute sind solche Mehrfachurteile in Deutschland nahezu ausgeschlossen)

Wird eine besondere Schwere der Schuld festgestellt ist eine Haftaussetzung nach 15 Jahren ausgeschlossen. Nach 15 Jahren kann dann die Mindeststrafe festgelegt werden, so kann beispielsweise eine Mindesthaftdauer von 25 Jahren angeordnet werden.

Bei Wiederholungstätern, denen eine Gefährdung der Öffentlichkeit bescheinigt wird kann zudem unbestimmt Sicherheitsverwahrung angeordnet werden.

Dies ist keine Haft im klassischen Sinne, sondern lediglich ein Wegsperren zum Schutze der Gesellschaft. Sie kann jederzeit aufgehoben werden.

Urteile wie 2 x lebenslang sind möglich wenn:

Der Täter während der Bewährung seiner ersten lebenslangen Freiheitsstrafe erneut zu lebenslang verurteilt wird. Die Bewährung würde widerrufen und die zweite Strafe hintenangehängt.

Hierzu ein "kurzes" Zitat:"

Liegt zwischen zwei Taten eine Verurteilung, so verhindert diese Verurteilung eine Gesamtstrafenbildung, da ja mindestens eine Tat erst nach einer Verurteilung (die bereits eine „Warnfunktion“ für den Täter hatte) begangen wurde. Ein kurzes Beispiel: Im Jahr 2001 begeht jemand eine Körperverletzung. Im Jahr 2002 wird er wegen Diebstahls verurteilt, die Körperverletzung ist nicht bekannt. Im Jahr 2003 begeht er erneut eine Körperverletzung. Jetzt wird auch die Tat aus dem Jahr 2001 bekannt. Nun kann aus den Taten 2001 und 2003 keine Gesamtstrafe gebildet werden, weil dazwischen die Verurteilung von 2002 liegt. Es kann lediglich eine Gesamtstrafe aus 2001 und 2002 gebildet werden. Die Strafe für 2003 kommt oben drauf.

Quelle: https://www.ingerenz.de/zweimal-lebenslaenglich-fuer-einen-ladendiebstahl-der-fa...

So. Das reicht für heute. Ich hoffe ich konnte helfen.


© smilenice

Sullyhero  09.02.2020, 09:18

vielen dank für deine gute, ausführliche, recherchierte Antwort.

an dieser Stelle möchte ich nur nochmal betonen, dass gehe Strafen nicht bringen! Sie schrecken auch nicht ab. Unlogisch, aber wahr, noch höhere Strafen würden niemanden abschrecken, aber gesenkte Strafen würden die rückfallquote reduzieren!

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Das kommt darauf an was das Gericht ihm ins Urteil geschrieben hat.

Hat man ihn nur zu lebenslänglich ohne den Zusatz daß die besondere Schwere der Schuld vorliegt verurteilt, kann er, rein theortetisch, nach 15 Jahren entlassen werden, was jedoch ausgesprochen unwahrscheinlich ist.

Hat das Gericht die besondere Schwere der Schuld festgestellt, kann er nach 15 Jahren beantragen daß eine Mindestverbüßungsdauer festgelegt wird. Ist diese Mindestverbüßungsdauer herum ... Siehe Absatz vorher.

Anschließend Sicherheitsverwahrung, außer es geht wirklich keine Gefahr mehr von ihm aus.