Ist es im Grunde undemokratisch, über Populismus zu schimpfen?

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Die größten Denker und Schriftsteller waren sehr skeptisch, was das Volk und dessen Urteilsfähigkeit angeht. Schon Platon war nicht sehr überzeugt davon, dass das Volk zu guten Urteilen kommt. Schopenhauer zweifelte oft am Menschen, daher verbrachte er viel Zeit mit seinem Pudel.

Nietzsche war auch kein Fan des normalen Menschen (daher sollte es "der Übermensch" richten, was aber auch nicht so recht funktioniert hatte). Henrik Ibsen schrieb mal, dass die Mehrheit nie recht habe (sicher übertrieben, aber man kann schon festhalten, dass auch er kein Fan der damaligen Mehrheit war).

Nun haben wir aber nichts Besseres als die Entscheidung der Mehrheit (so fehlerhaft sie auch sein kann). Der Populist lenkt diese Entscheidung, indem er bei Entwicklungen die schlechten Folgen verschweigt und die guten Folgen über Gebühr lobt. So war das beim Brexit.

Heute sagen sogar Brexit-Befürworter von damals, dass er ziemlicher Mist ist.

Zur Einführung eine gängige Definition von "Populismus":

Populismus
[lat.] P. bezeichnet eine Politik, die sich volksnah gibt, die Emotionen, Vorurteile und Ängste der Bevölkerung für die eigenen Interessen und Ziele nutzt und vermeintlich einfache und klare Lösungen für politische Probleme anbietet. In unterschiedlicher Variation behaupten Populisten, für das gesamte Volk zu sprechen und den wahren Willen des Volkes zu vertreten. Tatsächlich ist aber die Vorstellung, es gäbe ein homogenes (Staats-)Volk nicht haltbar. Sowohl in ethnischer, sozialer oder wirtschaftlicher Hinsicht als auch in Bezug auf die individuelle Interessenslage ist die Bevölkerung aller Staaten heterogen. Darüber hinaus gibt es (zumindest in politischen Angelegenheiten) keine absolute Wahrheit. Gerade deshalb sind in den modernen Demokratien alle Bürgerinnen und Bürger aufgerufen, sich auf allen Ebenen politisch zu beteiligen und die gemeinsame Zukunft aktiv mitzugestalten.

Nachweis: https://www.bpb.de/kurz-knapp/lexika/politiklexikon/18050/populismus/

Von Populismus spricht man, wenn skeptische Grundstimmungen in der Bevölkerung von Politikern aufgegriffen und rhetorisch verstärkt werden.

Diese Definition ist zu positiv und trifft den wahren Gehalt des Begriffes nicht! Populisten arbeiten politisch nicht für das Volk, sondern für sich und die eigenen Interessen. Sie legen keinen Wert auf Realitäten und Wahrheiten, sondern nehmen insbesondere "Emotionen, Vorurteile und Ängste der Bevölkerung" ins Visier. Dies tun sie aber nicht, um die Bevölkerung über die wahren Sachverhalte aufzuklären, sondern um sie in ihren Irrtümern zu bestärken und zu verwirren! Nur sie selbst, so lautet ihre unwahre Propaganda, könnten der Bevölkerung mit politischen Lösungen gerecht werden.

Provokativ gefragt: Man scheint dem Volk nicht viel zuzutrauen, wenn man meint, es vor sich selbst schützen zu müssen. Ist das nicht elitäres Denken?

Diese Bemerkung ist schon Populismus! Denn hier wird das "Volk" sehr undifferenziert betrachtet!

Populisten sind es, die davon ausgehen, dass man "dem Volk nicht viel zuzutrauen" habe, sondern in ihren Irrtümern belassen und bestärken müsse. Sie wollen das Volk auch überhaupt nicht aufklären und mit der Wahrheit konfrontieren, weil das Volk bemerken würde, dass seine Interessen von Populisten politisch nicht vertreten werden!

Demokraten dagegen trauen "dem Volk" durchaus eine kritische Beurteilungsfähigkeit zu. Und das mit Recht, denn eine Partei wie z. B. die AfD kann mit ihrer populistischen Volksverdummung derzeit keine 20 % des wahlberechtigten Volkes für sich instrumentalisieren.

Um nun die Eingangsfrage zu beantworten:

Ist es im Grunde undemokratisch, über Populismus zu schimpfen?

Im Gegenteil, es ist sehr demokratisch, die Bevölkerung aufzuklären und zu befähigen, Populismus zu erkennen und nicht zum Opfer der Methoden von Populisten zu werden! Denn in der Tat, in der Demokratie ist das Volk der Souverän, der seine politischen Aufgaben nur dann verantwortungsvoll wahrnehmen kann, wenn er politische Beurteilungen mehr rational als emotional fällt.

MfG

Arnold

Woher ich das weiß:Berufserfahrung

Populismus ist klar definiert als die Verbreitung von Ideen, die bei Teilen des Volkes gut ankommen, obwohl sich deren Umsetzung als unmöglich oder rechtswidrig erweisen würde.

Was ein Markus Söder im Bierzelt am politischen Aschermittwoch von sich gibt, findet zwar an manchem Stammtisch großen Widerhall, er weiß aber genau, dass sich das in Deutschland nicht durchsetzen lässt.

Ich erwarte von Politikern, dass sie komplexe Zusammenhänge in der Politik mit ihren Relationen erfassen und dem Volk verständlich erklären, sodass sich die Menschen eine eigene Meinung dazu bilden können.

Populisten greifen eine vereinfachte platte Lösung aus der Volksmeinung auf oder bieten selbst eingängige einfache Lösungen an - ohne auf Zusammenhänge, Hintergründe und Ursachen zu achten in erster Linie um politisch Profit daraus zu schlagen.- koste es was es wolle. Mit Demokratie hat dieses Verhalten nichts zu tun.

Nein - Populismus ist im Grunde unpolitisch und damit, wenn damit Politik gemacht werden soll, schnell ein Problem.