Ist es gut, dass namhafte deutsche Spitzenpolitiker mit Waffenlieferungen auf den Verlauf des Krieges in der Ukraine Einfluss nehmen?

Wenn russland die komplette zerstörung haben wollen würde, würden sie einmal drüber fleigen wies die armis meistens machen und dann die Truppen schicken.

Wenn sich die politiker auch noch einmischen, die die mehrheit des Landes vertreten sollen, dann würde es für mich so aussehen als würde sich das ganze Land einmischen.

Wenn sich mehr länder in diesen konflikt einschalten, wird das noch alles andere als lustig werden, bis hin zum möglichen weltkrieg.

Die EU sollte sich ebenfalls raushalten.

lg

Waffenlieferungen führen nicht zu einer Niederlage Russlands. Dagegen schädigen wir uns mit den Sanktionen selbst massiv. Putin kann sich freuen. Er verkauft das Gas an China, Indien und die Türkei, Indien verkauft es dann an uns zu Höchstpreisen weiter. Ein Wahnsinn.

Es ist nicht unser Krieg und macht uns selber zum Ziel. Außerdem macht unsere Poltik gerade unsere Wirtschaft kaputt durch die Sanktionen. Alle Befürworter werden sicher bald anders denken wenn sie die Auswirkungen sehen. Und dadurch steigt natürlich die Gefahr einer Eskalation wenn sich so viele Länder einmischen.

Ob es gut war oder eine tatsächliche Änderung des Kriegsverlauf erfolgt, wird sich noch zeigen.

Vielleicht wird es ein ähnliches Fiasko wie Afghanistan.

Hallo Horst,

kurze Zusammenfassung der deutschen Außenpolitik in Bezug auf Russland.

Lass mich mit einer persönlichen Bemerkung beginnen.

1990 nach dem Anschluss der DDR erfanden die deutschen Politiker eine neue Floskel: „Die gewachsene weltpolitische Verantwortung Deutschlands.“ Und die „Qualitätspresse“ quakte und blökte brav mit. Mir rollten sich aber die Fußnägel hoch.

Man soll sich das wohl so vorstellen: Gott der HErr hat damals einen Transportengel heruntergesandt mit einem zentnerschweren Sack – voll der gestiegenen weltpolitischen Verantwortung. Seufzend laden die Politiker seitdem die Last auf sich und sehen sich zum Beispiel gezwungen, die Fregatte Bayern über den ganzen Indopazifik zu schicken, um an insgesamt 12 Stationen deutsche außenpolitische Interessen anzumelden. Ich könnt ein bisschen weinen.

Aus einem rationalen Grund: Es ist nämlich kein Glück, sondern ein Pech, Untertan eines solchen Staates zu sein. Und nun, nach 40 Jahren hat das deutsche Volk also den Salat. Breite und tiefe Verarmung. Dieser Zeitraum ist übrigens recht normal, bis so eine Umorientierung Wirkung zeigt. Und zwar beim eigenen Volk und selten mit erfreulichem Ergebnis.

Deutschland (DE) hat ein komplexes und teils widersprüchliches Interesse an Russland. Denn es gibt noch andere Parteien, vor allem die USA und die westlichen Freunde. Aber auch China.

Ein starkes positives Interesse an Russland (RU) hat immer die deutsche Wirtschaft. 145 Millionen Einwohner, nahe gelegener Absatzmarkt, gutes Bildungsniveau, niedrige Löhne, teilweise noch unerschlossene riesige Reserven an Rohstoffen bis zur Ostspitze vor Alaska.

Aber zunächst machte sich die deutsche Industrie an die Länder Osteuropas, die aus dem Bestand der Sowjetunion vereinnahmt worden sind. Ab etwa 2000 gab es dann aber sogar einen gewissen deutsch-russischen „Frühling“. Vor allem der Gas-Deal kam voran und brachte DE Konkurrenzvorteile gegenüber den westlichen Freunden. Ansonsten insgesamt Verdreifachung des Exports nach RU.

Das interessanteste damals war der politische Frühling mit Moskau. Mit einer „strategischen Kooperation“ sollte eine „neue Weltordnung“ geschaffen werden, die sogar eine „multipolare“ Welt begründen sollte, also eine Machtkonkurrenz zu den USA. Wie wir heute wissen, hat sich aber der feuchte Traum einer eigenständigen europäischen Armee nicht erfüllt. Die gibt der immer wieder mal wacklige Euro einfach nicht her. Hinzu kommt die fortdauernde Rivalität um die Führung der EU mit Frankreich. Wenn der eine Hü sagt, sagt der andere Hott.

Allerdings gab es andererseits immer ein eigenes deutsches Interesse, das gegen Russland gerichtet ist – nämlich den russischen Einfluss in den osteuropäischen Staaten noch weiter zurückzudrängen. Vor allem die von DE teilweise initiierten Jugoslawien-Kriege gaben immer wieder Verstimmung mit Moskau (Serbien als traditioneller russischer Verbündeter). Der Ärger verstärkte sich, als DE Richtung Belarus und Ukraine arbeitete. Die Ukraine lockte zum Beispiel mit noch niedrigeren Löhnen als Rumänien und Bulgarien. In der Ukraine gelang der nötige Regimewechsel 2014 durch massive Unterstützung eines teilweise faschistischen Putsches, in Belarus scheiterte dieses Anliegen bis heute. Die Ukraine ließ sich das Normensystem der EU aufs Auge drücken, bekam aber keinerlei Unterstützung darin und leidet bis heute unter der engen Verflechtung mit RU, die das Ganze noch erschwert. (Die Korruption soll ja nun (Stand Juli 22) wirklich angegangen werden, diesmal aber „ganz bestimmt“.)

Gleichzeitig wurden die USA immer argwöhnischer. Sie hatten – verständlicherweise wegen zunehmender chinesischer ökonomischer und außenpolitischer Erfolge - intern beschlossen, dass der neue Hauptfeind zwar China heißt, dass aber RU weiterhin als Feind Nr. 2 anzusehen ist. Vor allem auch, weil auch RU plötzlich wieder ein paar freche weltpolitische Erfolge zeitigte, zum Beispiel in Syrien und Libyen. In Syrien leistet sich RU ja auch immer noch die „Frechheit“, einen letzten Flottenstützpunkt in Übersee zu haben.

DE befindet sich nun in einer Gemengelage. Einerseits braucht es den atomaren Schutzschirm der USA, um ebenfalls frech gegen RU aufzutreten. Aber im Unterschied zu den USA muss es auf die bestehenden ökonomischen Erfolge mit RU Rücksicht nehmen. Die derzeitige Gas-Peinlichkeit mit RU ist das deutlichste Beispiel. Die USA betrachteten ihrerseits den deutsch-russischen Frühling mit Argwohn und brachten NorthStream2 erfolgreich zum Erliegen.

Denn DE muss unterm Strich mehr Rücksicht auf die USA nehmen: Die ökonomischen Verflechtungen mit denen sind wesentlich höher als mit RU. Hinzu kommen die Machtverhältnisse. Wie schon erwähnt ist die eigenständige europäische Armee ein feuchter Traum geblieben. DE kann als bedeutsame Macht mit Weltgeltung weiterhin nur als NATO-Mitglied auftreten.

Und dies ist die gegenwärtige deutsche Misere: Die USA kostet der gegenwärtige Krieg nicht viel. Keine großen Wirtschaftsverflechtungen mit RU und paar abgelaufene Waffen hinschicken, um den Krieg gegen Putin kalkuliert am Kochen zu halten. DE muss da aber mit großem Zähneknirschen mit. Mehr noch: Die Hosen der deutschen Politiker sind bis obenhin voll. Während Putin schmunzelnd am Zuleitungsregler fürs Gas dreht.

Ist das deutsche Engagement bei dem weltweiten Boykott gegen Putin unterm Strich lohnend für DE? Die deutschen Politiker sagen Ja. Mit schüchternen Signalen von Scholz an Putin, dass das von deutscher Seite nicht ganz so streng gemeint ist. Aber RU macht sich weiterhin bei DE unbeliebt, weil es DE eben weiterhin seine Pfründe streitig macht. Zum zweiten Mal nach 2014, als es die Krim einverleibt und Teile des Donbass abspenstig gemacht hat. Es ist ja auch die schlichte Gewohnheit, seit über 70 Jahren am Rockzipfel der Atommacht USA zu hängen.

Es war also schon am 24.2.22 klar: Lässt man Putin gewähren, dann bröckelt die (weltweite) westliche Dominanz weiter.

Nun wird in DE gezittert aus Furcht vor Putin. Nicht nur das Volk, sondern tröstlicherweise auch Scholz, Habeck, Baerbock, Lindner und Merz. Und im Winter das Volk eventuell vor Kälte. Die genannten 5 Figuren aber weiterhin auch - nämlich weiterhin vor Angst – vor dem weltweiten Konkurrenznachteil gegenüber dem ganzen Rest der Welt, die alle nicht das Gasproblem in diesem Ausmaß haben. Vor allem vor China wird jetzt schon gezittert – das aus dem Konflikt still schmunzelnd und mit neutraler Attitüde Kapital schlägt. Auch die Wirtschafts-Großmacht Indien.

Immerhin scheint der deutsche Großmachttraum ausgeträumt. Die tröstlichste Tatsache vielleicht. Im Winter wird sich DE wahrscheinlich zur Lachnummer der ganzen Welt machen.

Schlussbemerkungen: Dieser Beitrag ist die um einiges ergänzte Zusammenfassung eines hervorragenden Beitrags von Jörg Kronauer in der Zeitschrift Konkret 7/22.

Noch zwei Hinweise: Ein brillianter Artikel zu dem Denkfehler, als deutscher Untertan oder als Untertan eines Staates überhaupt moralisch Stellung zu beziehen, findet sich hier: https://de.gegenstandpunkt.com/artikel/krieg-du

(Sinnvoll zu lesen für alle, die nach Waffen für die Ukraine rufen).

Zu den 3 Gründen des gegenwärtigen Krieges (Russland, Westen, Ukraine) findet sich ein Artikel hier: https://de.gegenstandpunkt.com/artikel/drei-gruende-ukraine-kriegs

Dieser Artikel ist aber etwas abstrakt und nicht ganz leicht zu lesen. Geht wohl nicht anders.

Kleiner Nachtrag: Die Kritik an diesem Beitrag, dass DE ja jahrelang militärisch abgerüstet habe, taugt nichts, weil dies aus Gründen des zeitweisen Tauwetters mit Russland erfolgte. DE hat damit seine Staatsausgaben gesenkt, um den immer inflationsgefährdeten, wackligen Euro nicht noch mehr zu gefährden.