Ist die Soziologie eine echte Wissenschaft?
Liebe Community, ist die Soziologie, Politikwissenschaften... , eine Wissenschaft, die wirklich unabhängig zu Erkenntnissen kommen kann.
Wird nicht immer die Färbung derjenigen die eine Studie machen, deren Ausgang verändern und die Deutungshoheit über die Daten obliegt ihnen ja auch. Klar, die Methodik wird hinterfragt, aber manche Erklärungsmöglichkeiten werden zu wenig mit eingebunden. Zum Beispiel stellt man bei Umfragen zweideutige Aussagen, die eigentlich nur mit einer Erklärung Klarheit geben würden.
Möchte da keine Gespenster an die Wand malen und natürlich ist eine wissenschaftliches Fach immer wichtig. Nur sehe ich manchmal, dass man ziemlich viel eigene Meinungen mit einfließen lässt und das insgesamt akzeptiert wird. Und all diese Themenfelder sind für das gesellschaftliche Leben ja extrem wichtig.
Wie denkt ihr darüber?
3 Antworten
Um Fair zu sein: Das passiert auch bei Naturwissenschaften, dass die eigene Meinung beeinflusst, was man für Ergebnisse bekommt. ZB hat Enrico Fermi damals nach neuen Elementen gesucht und das, was er gefunden hat, dann als zwei neue Elemente bezeichnet. Tatsächlich hat er aber die Kernspaltung erfunden, was wahrscheinlich ein viel größeres Ergebnis ist, als zwei neue Elemente. Das ist, als würdest du ein Auto mit 6 Rädern bauen wollen, aber stattdessen baust du versehentlich eine Zeitmaschine.
Aber, ja, Soziologie ist trotzdem etwas anderes als Naturwissenschaften. Niemand sagt, dass es auf demselben Level von Absolut-sein wäre, wie es Chemie oder Physik sind.
...unabhängig zu Erkenntnissen kommen? Was soll damit gemeint sein? Physikalische Erkenntnisse sind abhängig vom augenblicklichen Zustand unserer Welt und mathematische Erkenntnisse sind abhängig von der Phantasie der Mathematiker. Mathematik ist zwangsläufig auch eine Wissenschaft vom Verhalten von Mathematikern.
Die Wissenschaft (nicht nur die Soziologie) hat ein ganz anderes Problem. Die Prüfung wissenschaftlicher Aussagen wird so aufwändig, dass es sich nicht mehr rentiert diesen Aufwand tatsächlich zu treiben. Größenordnungsmäßig etwa 50 % aller wissenschaftlicher Publikationen der Sozialwissenschaften kann in den anschließenden Evaluationen nicht bestätigt werden. (Our truth is the intersection of independent lies) Das heißt nicht, dass sie alle falsch sind. Manchmal sind einfach bloß Rahmenbedingungen gewählt, die nicht reproduzierbar sind. Sensationelle Ergebnisse landen in der Boulvardpresse auf Titelseiten, deren Widerlegungen werden von diesen später dann höchstens als Randnotiz erwähnt. Der Arbeitsaufwand eine solche Widerlegung zu erstellen bringt dem Wissenschaftler aber nichts ein.
Das ganze ist aber nicht auf die Sozialwissenschaften beschränkt. Berühmt ist diesbezüglich der angebliche Beweis der Keplervermutung aus dem Jahr 1990 von Wu-Yi-Hsiang. Nach relativ kurzer Prüfung kam die Gemeinschaft der Mathematiker zu der Überzeugung, dass der Beweis fehlerhaft war. Mit einer Ausnahme: Hsiang selbst. Erst 2017 gelang es Thomas Hales einen Beweis zu liefern, der akzeptiert wurde.
Ich sehe die Sozialwissenschaften nur begrenzt als wirklich wissenschaftliche Disziplin an. Weil schlichtweg die Empirie ganz schlecht möglich ist.
Weil man Menschen ganz schlecht messen kann.