Interpretiere ich das Gedicht "Einer Gepardin im Moskauer Zoo" von Durs Grünbein richtig?
Hallo! Ich muss das folgende Gedicht vergleichend mit Rilkes "Der Panther" interpretieren. Mit dem Rilke Gedicht habe ich weniger Probleme. Allerdings verstehe ich das Gedicht von Grünbein nicht so richtig
Einer Gepardin im Moskauer Zoo (1996)
So teure Pelze sieht man sonst nur auf den Schultern Der Gangsterbräute vorm Casino. So geschmeidig Schleicht auf dem Laufsteg nur die androgyne Jugend, Die Augen funkelnd unterm Blitzlicht. Eine schlanke Katze, Wie Pisanello sie gemalt hat, mit entzücktem Pinsel (Das Fell getüpfelt, grannenhaft, ein Goldnes Vlies) Federt sie schweifend auf und ab. Das Rückgrat Dosiert die leiseste Bewegung. Millimeter
Vorm Grabenrand den Schwung der Pfoten umzulenken Geht ohne Hinsehn ab. Dort wird dem Ohr, Der feinen Nase nichts geboten außer Lärm und Schweiß, Jenseits des Drahtzauns, wo sich diese Affen tummeln Mit ihren Kinderwagen zur Besuchszeit. Hechelnd Verwandelt sie die schlechte Luft der Großstadt In ein entferntes Air ... die weißen Schleifen Im Haar der Mädchen in Gazellenfleisch. Faustgroß, Ihr schmaler Kopf hält wachsam noch die Stellung, Wenn sie im Flimmern vor den Toren Moskaus Zebras sieht. Dann gähnt sie lange, die Gefangne des Zements.
Also ich habe bisher Folgendes zur Analyse: Es handelt sich im Gegensatz zu Rilkes Gedicht, welches ein Dinggedicht des Symbolismus ist, um ein Gedicht der modernen Lyrik. Typisch ist, dass es kein Reimschema gibt und Umgangssprache verwendet wird ("Gängsterbräute"). Stilisticsh fällt, das Wort "Millimeter" auf, welches einzeln steht. Zudem wird in Vers 5 ein Vergleich verwendet. Typisch ist die Montagetechnik. Es wird das Bild der im Zoo gefangenen Gepardin mit der modernen Welt gemischt ("Casino", "Laufsteg").
Zum Inhalt und zur Deutung habe ich Folgendes: Zunächst wird auf die moderne Welt eingegangen. Dabei wird der Mensch in den Vordergrund gerückt und mit der Gepardin, die im Titel erwähnt wird in Zusammenhang gesetzt. Dabei wird Kritik an der modernen Welt deutlich. Die "Gängsterbräute" gehen einer sinnlosen Tätigkeit nach, indem sie ins Casino gehen und schmücken sich mit Pelzen. Auf dem Laufsteg versucht die Jugen elegant zu sein. Doch elegant ist eigentlich nur die Natur bzw. die Gepardin von der die Ree ist. Diese ist jedoch eingesperrt. Nichts desto trotz wirkt sie lebendiger als der Panther in Rilkes Gedicht. Zudem wird die Außenwelt beschrieben, wohingegen in Rilkes Gedicht der Fokus nur auf dem Panther liegt. Die Menschen werden als Affen beschrieben. Folglich sind sie auch bloß Tiere und der Gepardin gleich gestellt. Dennoch sperren sie sie ein. Es wird deutlich, dass die Gepardin Sehnsucht nach der Freiheit hat("entferntes Air", "Gazellenfleisch"). Im letzten Vers wird sie als "Gefangene des Zements beschrieben". Hier stellt sich die Frage, ob nicht wir Menschen auch Gefangene des Zements" sind, besonders in der Großstadt.
2 Antworten
Hi.
Ob eine Interpretation "richtig" ist oder nicht? Das ist eine schwierige Frage.
Ich kann dir nur sagen, dass mir deine Interpretation schlüssig erscheint. Um es noch deutlicher zu sagen: Sie gefällt mir gut. Ich bin auch ganz und gar nicht der Ansicht, dass du das Gedicht NICHT verstanden hättest.
(Die wohl beste Frage in einem Zoo alten Stils: Auf welcher Seite der Gitterstäbe sind die Affen?)
Gruß, earnest
Vielleicht noch ein Gesichtspunkt: eine "Gepardin" auf dem Laufsteg?
http://images.nzz.ch/eos/v2/image/view/300/-/text/inset/f2923363/1.560556/1190729605/original.jpg
Ich werde mal darüber nachdenken, ob sich das einbauen lässt. Vielleicht, dass man auf dem Laufsteg versucht die Eleganz dieser Tiere zu imitieren? Und im Zoo den Tieren ihr Eleganz stiehlt, in dem man sie einsperrt und ihnen somit die Freiheit nimmt und damit alles, was sie auszeichnet?
Vielleicht sollte es auch nur im Gegensatz zu Rilkes Panther stehen, der ja männlich ist? Wenn es denn überhaupt in Betrachtung dieses Gedichtes geschrieben wurde. Außerdem passt dann "androgyn" sehr gut zur Beschreibung. Wäre mir jetzt auf dem bild gar nicht aufgefallen, dass es sich um ein Männchen handelt.
Mir ist noch das "starke Enjambement" bei "Millimeter vorm Grabenrand" aufgefallen.
Und "wie Pisanello sie gemalt hat" sieht so aus:
Dankeschön. Ist die Interpretation aber sonst so in Ordnung?
Da schließe mich @earnest an. (Für mich waren Interpretationen in der Schulzeit der absolute Horror ;-).) Du solltest aber nochmal die Rechtschreibprüfung drüberlaufen lassen.
Bei "indem sie ins Casino gehen und schmücken sich mit Pelzen." stimmt die Grammatik nicht; es muss heißen "und sich mit Pelzen schmücken."
"Nichts desto trotz" ist verballhorntes Deutsch: eine scherzhafte Mischbildung aus nichtsdestoweniger und trotzdem (Duden); du solltest dich für eines der beiden ursprünglichen Wörter entscheiden.
Ich muss das ganze mündlich vorragen, also wird meine Rechtschreibung nicht auffallen ;) Das war jetzt nur auf die schnelle am PC geschrieben. Aber danke, ich wusste wirklich nicht, das man "Nichts desto trotz" nicht verwendet.Ich werde es mir merken für meine Abiprüfung in zwei Wochen.
Dann drücke ich dir ganz fest die Daumen und wünsche gutes Gelingen! (Was bin ich froh, dass ich das seit 48 Jahren hinter mir habe ;-).)
Danke. Dann hoffe ich, dass meine Lehrerin das auch so sieht, dass meine Interpretation schlüssig st. ich werde das noch ein wenig weiter ausbauen. Hier war meine Zeichenzahl ja leider begrenzt.