Homosexualität im Christentum?

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Mir ist klar, dass es damals das Konzept von so einer Beziehung noch nicht wirklich gab, aber dann kann man doch nicht im Nachhinein sagen es ist Sünde?

Der beschriebene Fall wird zwar in der Bibel nicht explizit behandelt, aber man kann schauen, was sich aus den Gründen hinter den bestehenden Verboten ableiten lässt.

Die Bibel sagt z.B nicht explizit, dass Alkoholsucht Sünde ist. Aber sie sagt, dass Selbstbeherrschung eine Frucht des Heiligen Geistes ist (Gal. 5,22). Somit ist das Verlieren der Selbstbeherrschung logischer Weise nicht im Sinn Gottes und da man sich bei einer Alkoholsucht eben in dem Punkt nicht beherrschen kann, folgt daraus, dass Alkoholsucht Sünde ist.

So auch hier: Gott sagte am Anfang ganz klar:

2.Mose 2,18 Und Gott der HERR sprach: Es ist nicht gut, dass der Mensch allein sei; ich will ihm eine Gehilfin machen, die ihm entspricht!

22 Und Gott der HERR bildete die Rippe, die er von dem Menschen genommen hatte, zu einer Frau und brachte sie zu dem Menschen.

24 Darum wird ein Mann seinen Vater und seine Mutter verlassen und seiner Frau anhängen, und sie werden ein Fleisch sein.

Also von Anfang an von Gott gewollt ist eine Partnerschaft zwischen einem Mann und einer Frau - Mann und Frau sind füreinander geschaffen. Und das hat Er auch nie widerrufen. Daraus folgt, dass jegliche Beziehung außerhalb dieses Rahmens gegen Gottes Willen ist.

Auch wenn eine Homo-Beziehung vielleicht ohne erotische Gefühle ist, ist es doch eine Form der Beziehung, die nicht von Gott vorgesehen ist.

Und dann würde mich interessieren, da das eine häufige Begründung für Leviticus ist, dass es da um einen Knaben und einen Mann geht und nicht um zwei erwachsene Männer. Kann das jemand nachweisen?

Das hebr. Wort "zāḵār" kann beides bedeuten. Es kann allgemein das männliche Geschlecht bezeichnen, ein männliches Kind, aber auch einen erwachsenen Mann:

Jer. 20,15 Verflucht sei der Mann, der meinem Vater die frohe Botschaft gebracht hat: »Dir ist ein Knabe geboren!«, der ihn hocherfreut sein ließ!

Hier ist wirklich ein Knabe gemeint. Aber an anderen Stellen:

1.Mose 34, 25 Es geschah aber am dritten Tag, als sie wundkrank waren, da nahmen die beiden Söhne Jakobs, Simeon und Levi, Dinas Brüder, jeder sein Schwert und drangen überraschend in die Stadt ein und brachten alles Männliche um.

Hier bezeichnet "zāḵār" alles männliche, vom Säugling bis zum Opa.

3.Mose 15, 32 Dies ist das Gesetz über den, der einen Ausfluss hat, und über den, der einen Samenerguss hat, sodass er durch ihn unrein wird,

33 und über die, welche an ihrer Unreinheit leidet, und über solche, die einen Ausfluss haben, es sei ein Mann oder eine Frau, und über einen Mann, der bei einer Unreinen liegt.

Hier ist definitiv der ausgewachsene Mann gemeint, da hier "Mann oder Frau" steht. "Knabe oder Frau" würde wenig Sinn ergeben.

Richter 21, 11 Das aber ist der Befehl, den ihr ausführen sollt: Alles, was männlich ist, und alle Frauen, die einen Mann im Beischlaf erkannt haben, sollt ihr töten!

Hier ist ohne Frage der erwachsene Mann gemeint.

Also in 3.Mose 18,22 sind theoretisch beide Übersetzungen möglich, wobei ich persönlich "Mann" für naheliegender halte und in dem Text keinen Grund sehe, mit "Knabe" zu übersetzten.

Aber selbst wenn ist Römer 1 immer noch eindeutig genug. Die Lehre, dass homosexueller GV Sünde ist, steht und fällt nicht mit 3.Mose.

LGuGS!

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Eigener Glaube -- bin bibelgläubiger Christ

Zur Interpretation der Formulierung von Leviticus 18,22 gibt es eine breite Diskussion:

Diskutiert wird vor allem die Wendung מׅשְׁכְּבֵי אׅשָּׁה miškəvê ’iššāh, die oben mit „wie man bei einer Frau liegt“ übersetzt ist.
So meinen einige, das Verbot sei nur auf den „empfangenden“ Teilnehmer und nicht auf den penetrierenden Part bezogen (Walsh, 201-209; Hollenback, 529-537).
– Andere nehmen an, das Verbot beziehe sich nur auf gleichgeschlechtliche Sexualakte unter blutsverwandten Männern (Milgrom, 1569; vgl. auch Dershowitz, 510-520, der ein generelles Verbot gleichgeschlechtlicher Akte unter Männern erst einer späteren Redaktionsschicht zuweist).
– Nach einem weiteren Vorschlag sei die Wendung miškəvê ’iššāh in Lev 18,22 als der „sexuelle Zuständigkeitsbereich einer Frau“ zu verstehen, so dass daraus zu schließen sei, dass sich das Verbot auf Männer beziehe, die zum Zuständigkeitsbereich einer Frau gehören (also v.a. verheiratete Männer): „Sex with married men, therefore, would be forbidden as well as sex with any males who are under the guardianship of a woman within the community“ (Wells, 158). Auch nach dieser Interpretation hat Lev 18,22 nichts mit dem heutigen Konzept von Homosexualität zu tun.
– Töyräänvuori, 236-267, macht den Vorschlag, dass sich das Verbot und die Wendung miškəvê ’iššāh darauf beziehen, dass zwei Männer gleichzeitig das Lager einer Frau aufsuchen (also eine ménage à trois). Da in diesem Fall nicht sicher gesagt werden könne, wer der Vater des eventuellen Kindes sei, sei diese Form einer „Dreierbeziehung“ verboten, da sie erbrechtliche Konflikte hervorrufe (→ Erbe / Erbrecht). Auch wenn diese Argumentation schlüssig und plausibel ist, so besteht doch das Problem, dass „Dreierbeziehungen“ ohnehin schon durch das Verbot, mit der Frau seines Mitbürgers Geschlechtsverkehr zu haben (Lev 18,20), ausgeschlossen sind. Selbst wenn alle drei (zwei Männer und eine Frau) unverheiratet wären, wären doch die Frau und derjenige Mann, mit dem sie zuerst vaginal verkehrt hat, in diesem Moment „verheiratet“ und der folgende Akt mit dem anderen Mann verboten.
– Die Versuche, Lev 18,22 anders denn als Verbot eines gleichgeschlechtlichen Aktes unter Männern zu verstehen, sind wichtig, um alle möglichen Bedeutungen auszuloten; das Problem daran ist nur, dass sie häufig sehr komplexe Argumentationen und Annahmen benötigen.

https://www.bibelwissenschaft.de/ressourcen/wibilex/altes-testament/homosexualitaet-at

Warum sollte Christen überhaupt Leviticus interessieren?

Diese Anti-LGBT Christen ignorieren eine andere Stelle in Leviticus, in der JHWH seinem Volk erklärt, wo es seine Sklaven wie Vieh kaufen und für immer arbeiten lassen kann:

44 Willst du aber Sklaven und Sklavinnen haben, so sollst du sie kaufen von den Völkern, die um euch her sind, 45 und auch von den Beisassen, die als Fremdlinge unter euch wohnen, und von ihren Nachkommen, die sie bei euch in eurem Lande zeugen.
Die mögt ihr zu eigen haben 46 und sollt sie vererben euren Kindern zum Eigentum; für immer könnt ihr sie als Sklaven arbeiten lassen.
Aber von euren Brüdern, den Israeliten, soll keiner über den andern mit Gewalt herrschen.

https://www.bibleserver.com/LUT/3.Mose25%2C44

Die übliche Rosinenpickerei.

Paulus hatte von sexueller Orientierung keine Ahnung, das gilt für die gesamte Antike und somit für alle Bibelautoren.

Paulus beschreibt Homosexualität als von Gott vorgesehene Konsequenz von Unglauben (Römer 1,26). Und darum glauben viele Christen, dass Homosexualität eine freie Entscheidung und Lifestyle wie Skifahren ist.

Zum neuen Testament: es ist unklar, was Paulus mit μαλακός (malakos) und α̉ρσενοκοίτης (arsenokoitēs) gemeint haben könnte:

Paulus benutzt keine besonders gängigen Begriffe zur Umschreibung gleichgeschlechtlichen Verhaltens. Eventuell war ihm das Phänomen mehr als unvertraut.

Bereits Zeitgenossen war unklar, was mit μαλακός (malakos) gemeint sein kann:

Den unsicheren Gebrauch der Vokabel führt eine Notiz bei Dionysios von Halicarnass vor Augen.
Ein gewisser Aristodemus wird als μαλακός bezeichnet und man wisse nicht, ob es sich darauf beziehe, dass er weibisch sei und sich wie eine Frau gebrauchen lasse oder aber dass er fein und milde sei (Dion. Hal. Antiquitates Romanae 7.2,4).

Mehrere Bedeutungen sind möglich:

a) μαλακός bezeichnet jemanden, der geschmeidig und gepflegt ist;
b) μαλακός ist ein moralisch fragwürdiger Weichling;
c) μαλακός ist ein mit weiblichen Attributen belegter Mann, der gegen Geschlechterkonventionen verstößt;
d) μαλακός ist ein Mann, der nicht der geforderten Pflicht nachkommt, aktiv zu sein oder nicht die gesellschaftliche Potenz hierzu besitzt und sich gebrauchen lassen muss.

Ähnliches bei α̉ρσενοκοι̃ται (arsenokoitai):

Noch weit ungewöhnlicher als μαλακός ( malakos) ist der andere Begriff, α̉ρσενοκοι̃ται ( arsenokoitai), bei dem es sich vielleicht um einen von Paulus geschaffenen Neologismus handelt.
John Boswell sieht mit α̉ρσενοκοι̃ται ( arsenokoitai) ursprünglich nur männliche Prostituierte gemeint, genauer: Männer, die allgemein Geschlechtsverkehr haben, nicht aber spezifische Formen gleichgeschlechtlichen Verhaltens. Erst im 4. Jahrhundert n. Chr. sei es zu einer Bedeutungsverschiebung gekommen, der Begriff wurde nun „antigay“ (Boswell, 350–353).

https://www.bibelwissenschaft.de/wibilex/das-bibellexikon/lexikon/sachwort/anzeigen/details/homosexualitaet-nt/ch/240f52e8b787c5f62c04539379e0d545/#h11

Paulus hatte nicht nur keine Ahnung von Homosexualität, sondern hat auch bei der Parusieerwartung verkackt. Hier ist er sich sicher, dass er und die anderen noch zu Lebzeiten die Parusie erleben:

 17 Danach werden wir, die wir leben und übrig bleiben, zugleich mit ihnen entrückt werden auf den Wolken, dem Herrn entgegen in die Luft.

https://www.bibleserver.com/LUT/1.Thessalonicher4%2C17

Wie Adventisten und Zeugen Jehovas wurde er von der Realität eingeholt und er musste sich Neues Licht aus den Fingern saugen.

 wäre eine Beziehung dann Sünde?

Keine Anti-LGBT-Denomination toleriert eine gleichgeschlechtliche Beziehung. Egal, ob mit oder ohne Sex.

In "Röm.1,27" wird darüber berichtet.

Aber das kommt vor (Lk.6,46; Offb.17,1-4).

Woher ich das weiß:Recherche

Für mich ist Homosexualität eine der vielen möglichen Formen menschlicher Sexualität. Ich betrachte Homosexualität weder als Sünde noch als göttliche Strafe oder Prüfung. Die Liebe, die zwischen homosexuellen Partnern entstehen kann, sehen ich genauso wie die Liebe zwischen heterosexuellen Partnern als ein Zeichen Gottes, als Ausdruck seiner Liebe und Barmherzigkeit

Genau wie hinsichtlich der Homosexualität betone ich  hier die Eigenverantwortung des Menschen, sein Leben und damit auch seine Sexualität individuell zu gestalten, auf der Basis von Respekt gegenüber den Mitmenschen.

Ich denke aber, dass es vor allem die Eigenverantwortung vor Gott ist, die Aufforderung, selber nachzudenken und eigene Entscheidungen zu treffen.

Das, was als Rahmenbedingung unseres Lebens – von sich her vorgegeben und nicht selbst von uns gemacht ist, heißt im klassischen Griechisch "physis", Lateinisch "natura", also: "Natur". Wenn Homosexualität zu solchen Vorgegeben­heiten und Daseinsbedingungen gehört, dann kann sie folglich nicht "widernatürlich" (contra naturam) sein. Diese Annahme, die von Tertullian im frühen Christentum über Thomas von Aquin im Mittelalter und sogar noch in der Gegenwart von Karl Barth vertreten wurde, ist dann nicht länger haltbar.

Aus theologischer Sicht kommt noch etwas hinzu: Das, was allgemein als Natur im obigen Sinn wahrgenommen wird, nennen ich aufgrund des christlichen Wirklichkeitsverständnisses "Schöpfung". Natur und Schöpfung sind aber nicht in jeder Hinsicht dasselbe, denn Schöpfung besagt: Hier ist nichts "von sich her" vorgegeben, sondern von Gott als Vorgabe gemacht.

Also kann Homosexualität als solche auch nicht schöpfungswidrig oder gegen den Schöpfungswillen Gottes sein oder einer "Schöpfungsordnung" widersprechen.

Es kann vielmehr durchaus gefolgert und gesagt werden, dass nicht nur Sexualität als solche, sondern auch die Homosexualität zunächst einmal eine gute Schöpfungsgabe Gottes i

 

Beim zweiten teil deiner Frage verstehe ich dich nicht: Levitikus ist das dritte Buch des Pentateuch. In jüdischen Bibelübersetzungen heißt das Buch nach seinem ersten Wort Wajikra. Einige evangelische Bibelübersetzungen bezeichnen das Buch als Drittes Buch Mose.