Heisenbergsche Unschärferelation? (Quantenphysik)

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Eine gute Vorstellung davon, warum man bei kleinsten Teilchen Ort und Impuls (~Geschwindigkeit) nicht gleichzeitig messen kann, bekommst du wenn du folgendes Gedankenexperiment betrachtest (Heisebergmikroskop):

Du willst mit einem Mikroskop den Ort eine Elektrons bestimmen, indem du es mit Licht bestrahltst. Trifft das Licht auf das Elektorn wird es reflektiert und aus dem reflektiertem Strahl kannst du dann bestimmen wo das Elektorn ist. Klar?

Jetzt hat das Licht aber eine bestimmte Wellenlänge und je größer die Wellenlänge desto ungenauer wird dein Mikroskop. Wenn du Licht mit Wellenlänge z.B 1 Meter verwendest wirst du die Position des Elektorns nicht auf ein paar tausendstel Millimeter bestimmen können, sondern eben nur auf etwa einen Meter genau, weil das langwellige Licht zu ungenau ist.

Wenn man die Position des Elektron also genauer bestimmen will, muss man eben viel kurzwelligeres Licht verwenden. Und jetzt kommt der entscheidende Punkt: Je kürzer die Wellenlänge des Licht, desto höher ist seine Energie (deshalb ist z. B. Röntgenstrahlung und radioaktive Gamma-Strahlung auch gefährlich).

Wenn du aber dein Elektron mit Licht mit so hoher Energie bestrahlst, wird es natürlich einen gehörigen "Stoß" bekommen. (Elektronen sind so leicht, dass ein Lichstrahl schon reicht, um es anzustoßen). Je stärker der Stoß, umso weniger weißt du aber nachher welche Geschwindkeit das Elektron hat

Das heißt aber, wenn du kurzwelliges Licht verwendest, kannst du den Ort des Elektrons sehr genau bestimmen, aber du weißt nachher überhaupt nicht welche Geschwindkeit es hat. Bei langwelligem Licht genau anders herum. Beides gleichzeitig genau zu bestimmen ist nicht möglich!!!

In Wirklichkeit drückt die Heiseberg'sche Unschärferelation noch etwas viel tieferliegenderes aus, nämlich nicht nur, dass wir mit unserem Mikroskop nicht Ort und Impuls nicht gleichzeitig messen können, sonder dass das Elektron gar keinen fixen Ort oder Impuls hat. Aber dafür brauchst du etwas mehr Verständnis von Quantenmechanik und vor allem Mathematik. Das obige Beispiel mit dem Mikroskop gibt dir auf jeden Fall mal eine Vorstellung.

(Tippfehler bitte entschuldigen, ist schon spät :-) )

Launceston  25.07.2011, 01:11

Wow... echt ne tolle Erklärung, das versteh sogar ich einigermaßen :)

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Brockhoff  06.08.2011, 07:30

Danke ! Sehr gut ! Ist denn Heisenberg auf die Unschärferelation durch den Doppelspaltversuch gekommen ?

hb

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MiBeX  02.08.2012, 14:16
@Brockhoff

Das es keinen fixen Ort hat, besagt doch die Kopenhagener Deutung: http://www.quantenwelt.de/quantenmechanik/wellenfunktion/kopenhagen.html

Zitat "Nach der Kopenhagener Deutung befindet sich das Teilchen nicht an einem bestimmten Ort, sondern gleichzeitig an allen Orten, an denen die Wellenfunktion nicht Null ist. Die Wellenfunktion, oder genauer ihr Betragsquadrat, wird als eine Wahrscheinlichkeitsverteilung gedeutet."

bzw, die Nichtlokalität

Zitat "Eine Eigenschaft, die aus dem Wellencharakter von Quantenobjekten folgt, ist die Nichtlokalität. Eine Welle existiert nicht nur an einem bestimmten Ort, sondern sie ist über einen ausgedehnten Bereich verteilt. Interpretiert man eine Materiewelle nun als die Wahrscheinlichkeit, das Quantenobjekt an einem bestimmten Ort zu finden, so gibt es viele Orte, an denen das Quantenobjekt sein könnte. Da es aber nicht an zwei Orten zugleich gefunden werden kann, muss die Wahrscheinlichkeit, das Quantenobjekt an einen anderen Ort zu finden verschwinden, sobald es an einem Ort entdeckt wurde. Die Entdeckung eines Quantenobjektes beeinflusst also die ganze Wellenfunktion, sie wirkt nicht nur lokal an einem Ort sondern überall, wo die Wahrscheinlichkeit ein Quantenobjekt anzutreffen nicht Null war."

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Mal eine andere Sichtweise auf die Heisenbergsche Unschärferelation (HUR):
Sie entstand eigentlich aus einem Dilemma, nämlich dem Widerspruch zwischen den neuen Theorien, nämlich den Quantentheorien einerseits und andererseits der klassischen Schwarz-Weiß-Malerei zwischen den punktförmigen Teilchen auf der einen und der Welle auf der anderen Seite. Wenn man einem physikalischen System zu jeder Zeit einen Zustand Teilchen oder Welle zuordnen will, gerät man zwangsläufig in kognitive Konflikte zwischen den neuen Theorien und auch den dazugehörigen Experimenten und seiner eigenen Vorstellung. Daraus entstand dann die HUR und der berüchtigte Well-Teilchen Dualismus.
Wenn man sich aber mal die Quantentheorien anschaut, zum Beispiel einmal die Quantenelektrodynamik, dann sieht man schnell, dass ein physikalisches Mikrosystem eigentlich nie sich in einem der Schwarz-Weiß Zustände befindet. Ich nehme als Beispiel mal das Durchdringen von monochromatischem (einfarbigem) Licht durch eine Öffnung und ziehe zur Erklärung die hervorragende didaktische Reduktion der QED von einem ihrer Mitbegründer persönlich, Richard P. Feynman, Nobelpreisträger, heran, hier aber nur in völlig unverschämter Verkürzung: Ein Lichtteilen wird beschrieben durch einen sich drehenden Pfeil, die Drehgeschwindigkeit hängt mit der Frequenz des Lichts zusammen, das Quadrat der Länge des Pfeils gibt die Wahrscheinlichkeit für genau dieses Ereignis an. Der Trick ist nun, für jeden möglichen Weg des Photons alle Pfeile zu zeichnen, diese nachher alle zu addieren (aneinanderzuhängen), das Quadrat der Länge gibt dann die Wahrscheinlichkeit an, dass mit dem Photon genau das passiert.
Sei also zunächst der Spalt der groß. Ein Photon kann an jedem Punkt durch den Spalt gehen. Die Wege am Rand entlang sind länger als die durch die Mitte, mithin dreht sich der Pfeil am Rand entlang öfter als in einem kürzeren Weg. Wenn man nun alle "unendlich" vielen Wege addiert, dann heben sich alle Pfeile der "Umwege" weg, weil es zu jedem Pfeil nach oben einen nach unten gibt etc. Nur die Pfeile durch die Mitte haben, da die Wege alle ungefähr gleich lang sind, auch ungefähr die gleiche Richtung, addiert man sie, erhält man einen langen Pfeil, das heißt: Das Licht breitet sich geradlinig durch die Öffnung aus. Orte neben der geraden Ausbreitung fallen weg, weil dort die Pfeile aufgrund der vielen unterschiedelichen Weglängen sich alle gegenseitig aufheben, ergo: Licht breitet sich geradlinig aus: Man hat also einen exakten Impuls.
Nun macht man die Spalt extrem eng: Für den Punkt in der Mitte gilt das gleiche wie vorher, wir betrachten aber mal einen Punkt daneben. Das Photon hat nicht viele möglichen Wege durch den engen Spalt, alle diese Wege unterscheiden sich kaum, daher addieren sich die Pfeile zu einem langen Pfeil, das heißt: Das Licht durch einen engen Spalt bereitet sich nicht geradlinig aus, sondern bewegt sich nach dem engen Spalt in alle Richtung (dies nennt man in der Wellenoptik Beugung). Ergo: Man hat zwar eine genau Ortsmessung (enger Spalt), aber der Impuls ist total unbestimmt.
Man sieht: Die kognitiven Konflikte der HUR entstehen aus der Vermischung aus klassischer Sicht und neuen Erkenntnissen, wenn man aber konsequent die Quantentheorien anwendet und auf ein Modell verzichtet, also auf die klassische Schwarz-weiß-Malerei verzichtet, dann kann man auch auf die HUR und den Welle-Teilchen-Dualismus verzichten.

gh7401  07.11.2012, 07:15

Jahrelang habe ich mit der Heisenbergschen Unschärferelation gearbeitet, eine nützliche Arbeitshypothese. Habe mich daran gewöhnt, es funktioniert. Dennoch beschlich mich ständig ein Unbehagen. Besonders, weil mein verehrter Professor immer wieder in Gedankenexperimenten Teilchen durch einen Spalt/mehrere Spalte fliegen liess und sie dahinter mittels eines Lichtblitzes beim Auftreffen auf einen Bildschirm sichtbar machte. Heute können wir wirklich einzelne Teilchen erzeugen, dieses auf irgendeinen Impuls bringen und schliesslich durch einen Spalt schicken. Den Spalt können wir in Gedanken beliebig klein machen. Das Teilchen prallt dahinter auf den Schirm und gibt seinen Ort des Aufpralles durch Aufleuchten preis. Der Ort jedoch wird vorher durch die Spaltbreite bestimmt! Ich habe schlaflose Nächte, keine Lösung. Der Ort, durch den engen Spalt bestimmt und irgendein Impuls haben nichts miteinander zu tun. Nun zeigt sich das Wunder, dass auf dem Schirm nach und nach, wenn viele Teilchen nach und nach den Spalt "passieren", ein "Muster" auftaucht, wir ergänzen die einzelnen Punkte zu einem solchen Muster in Gedanken. Man nennt dies "Interferenzmuster". (Viel schlimmer ist es noch gedanklich mit einem Doppelspalt, wo die Teilchen bereits verschiedene "Richtungen", also verschiedene Impulse haben müssen, um verschiedene Spalte zu durchqueren) Mit irgendwelchen Vektor-Büscheln und Wahrscheinlichkeiten kann man dies Interferenzmuster bestens beschreiben. Jedoch sollte man nicht vergessen, es sind viele Teilchen, die erst dies Muster vorzeigen. Und HU Wie gesagt: Das Wunder ist, das auf dem Schirm ein solches Muster sich entwickelt, wenn nach und nach die Teilchen eintreffen. Besonders beeindruckt hat mich die Feststellung: Es gibt gewisse Orte auf dem Schirm, wo so gut wie nie ein Teilchen hin kommt! Und der Impuls hat mit dem Ort überhaupt nichts zu tun. Noch mehr Bauchweh bekomme ich, weil man heute den Impuls extrem genau präparieren kann. Und dann kann man das Teilchen auch noch durch den Spalt schicken... Diese Experimente kann ich als Opa nicht mehr machen. Was kommt auf den Schirm bei scharfem Impuls?

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Es ist nicht die Geschwindigkeit, sondern der Impuls (das ist Masse mal Geschwindigkeit in eine bestimmte Richtung), aber sonst liegst Du ganz richtig.

Wir gehen im Alltag davon aus, dass wir die Welt beobachten können, ohne sie zu beeinflussen, so als ob wir fernsehen: Da läuft immer dasselbe, egal, ob Du gebannt zuschaust oder schläfst oder gerade auf dem Klo bist.

Im Quantenbereich aber beobachten wir die Welt als Theaterzuschauer: Ein Publikum, das an komischen Stellen nicht lacht, an spannenden Stellen mit Programmheften raschelt und gelegentlich seine Handys klingeln lässt, wird eine ganz andere Vorstellung sehen als eines, das sich angemessen verhält. Durch unser Beobachten verändern wir das Beobachtete.

Die Grundidee bei der Quantentheorie ist ja die, dass die Energie quantisiert ist, dass sie also aus winzigen Energiepaketen besteht, die sich nicht weiter teilen lassen (ähnlich wie Wasser, bei dem Du auch ein Molekül H₂ O nicht mehr in zwei verschiedene Gläser giessen kannst). Wir vergessen gern, dass zur Beobachtung immer irgendwas vom Beobachteten zu uns gelangen muss (meistens ist das Licht) und dass wir, wenn das nicht von alleine passiert, etwas hinschicken müssen, das dann wieder zu uns zurück kommt (z.B. indem wir das Objekt beleuchten). Das verändert die beobachteten Objekte normalerweise nicht: Einer Waage, einem Hebel oder einem Pflaumenkuchen ist es egal, ob wir das Licht einer Lampe darauf richten. Und wenn es doch mal nicht egal sein sollte, wie z.B. bei einem lichtempfindlichen Film, dann reduzieren wir eben die Energie und arbeiten mit Rotlicht (sorry für dieses Beispiel aus alter Zeit: Bevor es Digitalkameras gab, wusste jeder 13jährige, was eine "Dunkelkammer" ist ;-)).

Wenn wir nun aber sehr kleine und daher sehr empfindliche Dinge beobachten wollen, dann müssen wir die Energie sehr weit reduzieren - und das geht eben nur bis zur Grenze dieser Energiepakete, die sich nicht weiter teilen lassen.

Stell Dir vor, Du sitzt in einem dunklen, leeren Raum. Irgendwo um Dich herum liegen Kugeln im Dunkeln auf dem glatten Boden und Du hast nur andere Kugeln, die Du in den Raum rollen kannst, um festzustellen, wo etwas liegt. Du nimmst natürlich möglichst kleine Kugeln, damit sie von den anderen abprallen und zu Dir zurückkommen, ohne die anderen wegzuschubsen. Aber nun hast Du die kleinsten, die es gibt (die kleinen unteilbaren Energiepakete) und die Kugeln, die Du beobachten willst, sind ebenfalls sehr klein: Prallt etwas gegen sie, fangen sie an, zu rollen. Kommt eine der von Dir ausgeschickten Kugeln zurück, weisst Du, dass dort etwas war. Du kannst aber auch ziemlich sicher sein, dass es jetzt woanders hinrollt - eben durch Deine Beobachtung. Du hast beobachtet, wo etwas war und wo es immer noch wäre, wenn Du es nicht beobachtet hättest.

In ähnlicher Weise wird durch die Messung des Impulses die Information über den Ort und durch die Messung des Ortes die Information über den Impuls zerstört: Es ist unmöglich, sie beide mit beliebiger Genauigkeit zu messen.

Alles wäre viel einfacher, wenn Energie sich beliebig reduzieren liesse (wenn Du beliebig kleine, leichte Kugeln zur Erkundung in die Gegend rollen könntest), aber die Welt funktioniert scheinbar nicht so.

lks72  08.07.2011, 23:21

Zu kritisieren gibt es zwar immer etwas, aber nichts desto trotz sehr anschaulich beschrieben.

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Das stimmt schon. Je genauer man dessen Ort kennt, desto ungenauer dessen Geschwindigkeit und umgekehrt.

Folgendes Gedankenexperiment: Man will den Ort eines Teilchens bestimmen. Je genauer man ihnen wissen will, desto kleiner muss die Wellenlänge sein, was zur höherer Energie führt. Du weiß, dass Licht auch als Teilchen angesehen werden kann (als Photonen). Wenn man jetzt einen Photon auf das Teilchen schießt, und das Photon genügend Energie hat, kann es sich in ein Elektron-Positron Paar umwandeln, und mit dem Teilchen wechselwirken. Folglich verändert sich der Ort des Teilchens, (das heißt seine Geschwindigkeit wird ungenauer). Zudem kann man das Elektron nicht mehr von dem des Elektron-Positron Paares unterscheiden.

Beides zu kennen ist unmöglich. Folgendes Beispiel:

Stell dir vor ein Pendel hängt. Wenn du ein Bild betrachtest, dann kannst du nicht wissen, ob es gerade durchschwingt oder steht. Man braucht also zwei Bilder. Und genau dies ist in der Quantenphysik unmöglich!

Dass man etwas messen (erforschen, untersuchen etc.) könnte, ohne es zu beeinflussen, ist in allen Bereichen falsch, spielt oft aber keine Rolle, weil die Fehler zu gering sind. Sie sind selber nicht messbar. Im Bereich der kleinsten Größen sieht das anders aus. Dann wird es zu einer prinzipiellen Sache. Man kann manche Schneeflocke nicht wiegen, ohne dass sie zerbricht. Dabei nähern sich Physik und Psychologie: Es ist unmöglich, die Meinung eines Menschen zu erforschen, ohne sie zu verändern. Es gibt einen großen statistisch abgesicherten Bereich zwischen den Extremen, der uns eine Orientierung im physikalischen Umfeld ermöglicht. Auch der nicht messbare Bereich gehorcht den Naturgesetzen.