Hallo, wie schnell war ein Pferdegespann im Römischen Reich?

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Bei der Frage sind wohl Pferdegespanne des Römischen Reiches (Imperium Romanum) in der Antike gemeint.

Schnelligkeit kann auf eine kurzzeitige Spitzengeschwindigkeit (Höchstgeschwindigkeit) oder auf eine Durchschnittsgeschwindigkeit auf einer Strecke (wobei deren Länge Auswirkungen hat) bezogen werden.

Die erreichbaren Geschwindigkeiten sind beim Sport (Wagenrennen auf einer Rennbahn mit einer Zeitdauer von einigen Minuten) anders gewesen als auf einer Reise über viele Kilometer mit einer Zeitdauer von vielen Stunden oder gar Tagen.

Bei längeren Strecken hat eine Rolle gespielt, ob ein Pferdewechsel möglich gewesen ist oder nicht.

Bei Reisen können viele Umstände Faktoren für die Geschwindigkeit gewesen sein sein, so die Leistungsfähigkeit der verwendeten Pferde, das Wetter, die Wegeverhältnisse, die Bauweise und Anfertigungsqualität des Wagens, das Gewicht des Wagens, in ihm befindlicher Personen und Gepäckstücke.
Beim Pflügen oder beim Transport schwerer Lasten war ein Pferdegespann selbstveständlich ziemlich langsam.

Die Pferde der damaligen Zeit (zu denen unterschiedliche Pferdearten gehörten) waren etwas kleiner als große Pferdearten der Gegenwart. Ihre Widerristhöhe betrug wohl im Höchstfall 150 – 155 cm. Das Camargue-Pferd, das es schon damals gab, kann dazu eine Vorstellung bieten.

Sport (Wagenrennen)

Zum Wagenrennen, bei denen Pferdegespanne einen zweirädrigen Wagen auf einer Rennbahn in einem römischen Circus über mehrere Runden zogen (wobei an den Wendemarken [metae] die Geschwindigkeit zurückgenommen werden, während auf gerader Strecke entlang der die Fahrbahnen trennenden Barriere [spina] das höchste Tempo möglich war), werden kurzzeitige Spitzengeschwindigkeiten von bis zu ungefähr 75 km/h angegeben.

Die Gesamtzeit war von der Streckenlänge und der angesetzten Rundenzahl abhängig.

Marcus Junkelmann, Mit Ben Hur am Start : Wagenrennen im Circus Maximus. In: Caesaren und Gladiatoren : die Macht der Unterhaltung im antiken Rom. Herausgegeben von Eckart Köhne und Cornelia Ewigleben. Mainz am Rhein : von Zabern, 2000, S. 107:  

„Geradlinig an der Längsseite der spina dahinpreschend konnten die Gespanne kurzfristig Spitzengeschwindigkeiten bis zu etwa 75 km/h erreichen. Vor den metae mußte das Tempo erheblich reduziert werden, wohl auf 25 – 30 km/h. Natürlich hatte ein Fahrer die sehr lange Rennstrecke von wenigstens 5, 2 km einzukalkulieren und durfte die Kräfte seiner Pferde nicht vorzeitig verausgaben.“

http://www.die-roemer-online.de/index.html?/kultur/wagenrennen.html

„Auf den geraden Strecken erreichten die Gespanne bis zu 75 km/h, vor den metae wurde das Tempo auf ungefähr 25- 30 km/h reduziert. Die Durchschnittsgeschwindigkeit der römischen Rennpferde lag wahrscheinlich bei etwa 35 km/h, demnach dauerte ein Rennen circa 8- 9 Minuten.“

http://www.imperium-romanum.info/wiki/index.php?title=Wagenrennen

„Auf gerader Strecke konnten die antiken Gespanne Geschwindigkeiten von bis zu 75 km/h erreichen. Vor den Wendemarken musste das Tempo dann auf etwa 25-30 km/h reduziert werden. In den größten Zirkussen des Reiches, so auch im Circus Maximus von Rom, kam man auf eine Gesamtstrecke von gut 4 km. Ein Rennen dauerte also etwa fünf Minuten.“

Reise

Die Reisegeschwindigkeit mit einem Pferdegespann konnte sehr unterschiedlich schell sein.

Ein leichter zweirädriger Wagen war das cisium, ein vierrädriger Wagen die raeda.

Cicero gibt als eilige Fahrt, die Mallius Glaucia als Bote mit der Mitteilung über eine Ermordung in zweirädrigen Wagen (also offenbar mit Pferdewechsel) ausführte, 10 nächtliche Stunden für die 56 römischen Meilen (rund 83 km) von Ameria nach Rom an (Marcus Tullius Cicero, Pro Roscio Amerino 19).

Sueton, Divus Iulius 57 gibt an, Gaius Iulius Caesar habe sehr lange Wege in unglaublicher Schnelligkeit bewältigt, im gemieteten vierrädrigen Reisewagen (raeda meritoria) 100 römische Meilen (rund 148 km) pro Tag zurückgelegt. Nach Plutarch, Caesar 17 ist Gaius Iulius Caesar bei seinem ersten Aufbruch nach Gallien von Rom zur Rhône am achten Tag angekommen.

Von Ravenna (eine Strecke von 373 km), wo sich Caesar aufhielt, nach Rom bzw. umgekehrt konnte Ende 50 v. Chr./Anfang 49 Chr. eine schnelle Reise in 3 Tagen geschehen (Appian, Emphylia [Ἐμφύλια; Bürgerkriege; lateinischer Titel; Bella civilia) 2, 32 über Gaius Scribonius Curio; vgl. Gaius Iulius Caesar, Commentarii de bello civili 1, 3 über Lucius Calpurnius Piso Caesoninus und Lucius Calpurnius Piso Caesoninus, die sich für einen Vermittlungsvorschlag anboten und zur Erledigung eine Frist von 6 Tagen verlangten, also für Hinweg und Rückweg jeweils mit 3 Tagen rechneten).

Von Tiberius Claudius Nero wird überliefert (Valerius Maximus, Facta et dicta memorabilia 5, 5, 3; Plinius, Naturalis historia 7, 20 [84]), 9 v. Chr. 200 römische Meilen (rund 296 km) zu seinem durch einen Sturz vom Pferd in Germanien schwer verletzen Bruder Nero Claudius Drusus in 24 Stunden (Tag und Nacht unterwegs) zurückgelegt zu haben (die beiden Quellen weichen darin an, ob reitend [Valerius Maximus] oder mit Wagen [Plinius]). Wenn hier nicht zum besonderen Lobpreis etwas übertrieben wurde, ist dies nur bei Einsatz hervorragender Pferde und sehr häufigem Wechsel erklärlich (Valerius Maximus erwähnt Pferdewechsel).

Anne Kolb, Transport und Nachrichtentransfer im Römischen Reich. Berlin : Akademie-Verlag, 2000 (Klio : Beihefte; Neue Folge, Band 2) S. 320:  

„Die vorgestellten Quellen zur Geschwindigkeit lassen als durchschnittliche Werte das Zurücklegen an einem Tag der folgenden Quellen erkennen: 20 m.p zu Fuss, 24 m.p. mit (nicht oder selten gewechselten) Transportmitteln, 50-60 m.p. mit regelmäßig gewechselten Transportmitteln, für häufig gewechselte Pferden auf kurzen Strecken vielleicht bis zu 200 m. p.“

m.p. = milia passuum (1000 Doppelschritte; 1 römische Meile)

1 römische Meile (mille passus) = 1,48176 km

da sich pferde seit dem römischen reich nicht genetisch verändert haben, genau so schnell wie heute