Hättet ihr Mitleid, wenn es euer Bruder wäre?

8 Antworten

Was genau willst Du eigentlich wissen? Ob Du Kontakt mit Deinem Bruder aufnehmen sollst?

Sich mit erhobenen Zeigefinger hinzustellen und zu sagen, er sei ja selber schuld an seiner Krankheit, hätte er eben nicht rauchen und sich mehr bewegen sollen, ist sehr hochmütig und kein guter Zug - das solltest Du auf jeden Fall erkennen bevor Du entscheidest, was Du jetzt tust.

Man richtet nicht über andere Menschen - dafür ist der da oben zuständig - und Mitgefühl mit allem was lebt, sollte man sich immer bewahren, das ist eine Frage der ethischen Grundeinstellung und über die sollest Du mal nachdenken.


kecker 
Fragesteller
 22.10.2019, 14:11

Danke, darüber brauche ich nicht nachdenken. Ich urteile so gut wie nie über Menschen. Ihn kenne ich aber fast 30 Jahre und kann mir darum auch ein Urteil erlauben.

Unser Vater hat immer gesoffen und geraucht. Nachdem er heimlich mit seiner Familie seinen Auszug geplant hat und das Konto meiner Mutter geplündert hat, war er weg. Mit 3000 €Miese stand meine Mutter alleine mit zwei Kindern da. Soll ich ihn deswegen auch nicht verurteilen?

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dandy100  22.10.2019, 14:30
@kecker

Es gibt sehr tragische Lebensläufe und Menschen, die sich aus den verschiedendsten Gründen dem Leben nicht gewachsen fühlen und deshalb allen Anforderungen ausweichen - sei vorsichtig mit dem Begriff der Schuld, vor allem jetzt, wo es um Deinen kranken Bruder geht. Ausser im Leben zu versagen, hat er Dir ja nichts getan.

Dass Du Deinem Vater nicht verzeihen kannst, verstehe ich, das ist menschlich und das kann niemand von Dir verlangen, wenn Du es nicht selbst willst - zu verurteilen ist aber etwas anderes, das sollten wir nicht tun.

Ich bin wirklich kein Bibelbruder, der hier missionieren will, aber manche Sätze aus der Bibel sind für mich persönlich eine moralische Richtschnur und dazu gehört vor allem dieser Satz: Richtet nicht, auf dass ihr nicht gerichtet werden.

Du scheinst es in Deinem Leben gut getroffen zu haben, hast einen guten Job, genug Geld, eine Frau und bist gesund - auch wenn Dir das mit Sicherheit nicht alles in den Schoß gefallen ist und Du mit Recht stolz auf Deine Leistungen sein kannst, solltest auch dankbar sein, dass es so gut gelaufen ist und Dir nicht selber auf die Schulter klopfen und auf andere herabsehen, die an sich selbst gescheitert sind .

Deinem Vater gehts heute sicher nicht so gut wie Dir, oder? Und Deinem kranken Bruder schon gar nicht - also bewahre Dir Dein Mitgefühl, Du hast keinen Grund verbittert zu sein

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kecker 
Fragesteller
 22.10.2019, 14:37
@dandy100

Mir ist mit Sicherheit nichts in deN Schoß gefallen. Ich habe nach der Realschule zwei abgebrochene Ausbildungen gehabt und kam mit mir selbst nicht klar. Danach war ich 5 mal in der Psychiatrie. Ich wusste mir nicht anders zu helfen. Aber ich habe mir helfen lassen. Das ist der Unterschied bei uns. Weil ich wusste ich schaffe keine duale Ausbildung habe ich nach Alternativen gesucht. So hab ich eine schulische Ausbildung gemacht und anschließend eine Weiterbildung. Ich hatte mit 25 Jahren meinen ersten Abschluss. Da haben andere schon 5 Jahre gearbeitet. Jetzt kann ich arbeiten und kann auch sagen, ich weiß wie es ist nicht mehr weiter zu wissen. Aber ich weiß auch das man es schaffen kann wenn man will. Oder man lässt es eben bleiben und gibt jedem die Schuld an seinem schlechten Leben, außer einem selbst.

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dandy100  22.10.2019, 15:07
@kecker

Lass doch endlich mal diese Begriff "Schuld" weg!

Willst Du etwa jedem, der am Leben scheitert, sagen, er sei selber schuld, denn man könne ja alles schaffen, wenn man nur will?

Wenn Du das wirklich glaubst, bist Du aber schwer im Irrtum. Ob man das Leben meistert oder daran zerbricht, hat nicht nur mit dem Willen zu tun; wir haben uns alle nicht selber gebastelt und es gibt nun mal starke und schwache Persönlichkeiten und jemand, der stark ist sollte sich über eine schwachen Menschen nicht derart erheben wie Du das tust, dazu hat man einfach kein Recht.

Warum regst Du Dich eigentlich so auf? Du hast doch nach Meinungen gefragt, aber auf alle Antworten, in denen hier Mitleid für Deinen Bruder geäussert wird, reagierst Du aggressiv, weil Du offenbar nur darin bestätigst werden willst, Deinen Bruder als "schuldig" verurteilen zu dürfen. Was hast Du davon - macht Dich das glücklicher? Ist es eine Genugtuung für Dich, dass es Dir gut geht und ihm nicht, dass Du leben kannst und er vielleicht nicht alt werden wird?

Du solltest nicht so hart sein und auch nicht so selbstgerecht - das tut niemandem gut vor allem Dir selbst nicht. Deinem Bruder geht es doch schon schlecht genug, da musst Du doch nicht noch mal etxra einen draufsetzen.

Mach Deinen Frieden und bleibe menschlich. Mitgefühl ist die menschlichste aller Eigenschaften und die solltest Du Dir immer bewahren.

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Ich habe ein ähnliches Problem mit meinem Bruder, seit Anfang der 2000er trinkt er. Er hat schon viel damit zerstört innerhalb der Familie. Irgendwann fing er an mich komplett auszublenden, und weil ich für einige Jahre so blöd war habe ich auf meine Mutter gehört. -Sei doch nicht so streng, er ist dein Bruder. Der klüger gibt nach usw bla bla bla..... womit ich sagen will, dass ich über Jahre versucht habe einen gewissen Kontakt zu halten, jedoch war das ganz einseitig von mir. Irgendwann habe auch ich die Entscheidung getroffen meine Bemühungen einzustellen, ich habe weder seine Nr noch Adresse noch sonstiges. Es geht mir sehr viel besser seitdem ich auf Distanz bin. Wenn ich Dinge meinen Eltern zuliebe tue, dann wäre es wegen ihnen und nicht weil mir danach ist. Ich bin dann lieber ehrlich zu mir und anderen und entscheide mich für keinen Kontakt als einen schlechten erzwungenen.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung

Halte die Tür zu einer Kontaktaufnahme seinerseits offen. Vielleicht wird er sich mal zum positiven ändern. Aber bis dahin wird er wohl mit sich selbst zurechtkommen müssen. Seine Einstellung ist höchst negativ und wird auch dich oder deine neue Familie beeinflussen. Alt genug für sich zu sorgen ist er. Sollte der Tag kommen, an dem er operiert wird, solltest du als Schwester natürlich da sein, außer wenn er strikt gegen deine Anteilnahme ist. Aber bis er sich ändert, wird jeder sein Leben getrennt leben müssen.


kecker 
Fragesteller
 22.10.2019, 14:04

Meine Mutter sagt immer ich soll auf ihn zugehen. Das sehe ich aber gar nicht ein. Jedes Mal gehen die Leute auf ihn zu, obwohl er Mist baut. Sollte er einen Tag vor meiner Hochzeit doch noch kommen wollen, gerne. Ich bin die letzte die nein sagt. Aber ich werde definitiv nicht den ersten Schritt machen. Leider hält meine Mutter so sehr an ihm fest, obwohl er auch ihr immer wieder zeigt, dass er sie nicht nötig hat.

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Hätte tatsächlich Mitleid mit deinem Bruder - so eine Einstellung und so eine Verbitterung kommt nicht einfach so irgendwo her. Ich denke nicht das dein Bruder mit seinem Leben glücklich ist so wie er sich verhält, daher kann ich nur Mitleid mit ihm haben.


kecker 
Fragesteller
 22.10.2019, 14:02

Es weiß leider keiner wie er so werden konnte. Man hat ihm jede Hilfe angeboten. Aber alles war ihm zu doof. Er sieht es nicht ein arbeiten zu gehen. Es sei denn er wäre sein eigener Chef. Aber wie ohne Ausbildung und mit Hauptschule? Er wollte mal unbedingt LKW Fahrer werden. Das Jobcenter hat ihm gesagt, bringen Sie eine Firma die Sie mit Führerschein einstellt und wir bezahlen Ihnen diesen Schein. Die Firma hat er gefunden. Nach 3 Stunden Praxis hat er abgebrochen weil er sich vom Fahrlehrer nichts sagen lassen wollte. Er lässt sich von niemandem etwas sagen. Darum ist er heute auch wo er ist.

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phiLue  22.10.2019, 14:19
@kecker

Das klingt in der Tat nach einem sehr traurigem Leben - ich kann mir kaum vorstellen wie oder womit er sein Leben ausfüllt. Aber wahrscheinlich würde ich wohl auch erst einmal einen Bogen um die Person machen - viele bemerken erst was sie für einen Bockmist bauen wenn sie wirklich nichts und niemanden mehr haben.

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kecker 
Fragesteller
 22.10.2019, 14:26
@phiLue

Das weiß auch keiner von uns. Ich kann nicht sagen was er den ganzen Tag macht. Wenn meine Mutter fragt bekommt sie auch keine Antwort. Er ist letztes Jahr mal joggen gewesen. Die erste Aktivität seit Jahren. Und dann hatte er sofort einen Ermüdungsbruch. Alleine da wäre ich schon aufgewacht. Der Körper ist so eingerostet das er einfach für alles anfällig ist. Er hat sogar eine Freundin. Für mich ist das aber eine Zweckbeziehung. Sie ist nicht anders. Die wissen beide das sie niemand anderen bekommen werden. Leider hat er noch Leute die zu ihm stehen. Nämlich unser Vater und seine ganze Familie. Die sagen nämlich nicht, Mensch Junge, mach was aus deinem Leben. Wir sagen das und sind ihm zu anstrengend. Darum geht er lieber zu denen, die uns mies behandelt haben, als zu seiner Schwester und seiner Mutter + neuem Mann. Dieser neue Mann ist ein richtiger Vater. Unseren Vater kann man vergessen.

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Es wäre wünschenswert dass er seine Einstellung ändert, aber klar hast du drauf keinen Einfluss. Ich kann auch sehr nachtragend sein, trotzdem denke ich dass jeder eine zweite Chance verdient. Verzeihen gibt immer ein Gefühl der Erleichterung.


kecker 
Fragesteller
 22.10.2019, 14:13

Ich würde verzeihen, wenn er auf mich zukommen würde. Aber ich sehe es nicht ein auf ihn zuzugehen.

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