Gedichtsinterpretation, "Hörst du wie die Brunnen rauschen" von Clemens Brentano?

2 Antworten

Die Deutungshypothese ist doch nichts anderes als eine erste Meinung, was ein Gedicht aussagt. Das überprüft man dann in der Analyse und präzisiert es gegebenfalls noch beziehungsweise ändert es ab.

Deine Deutungshypothese: Das Lyrische Ich möchte, dass sich seine schöne Traumwelt mit der Realität überlappt.

ist schon mal ein guter erster Ansatz. Aber das wüsstest du jetzt eben am Text zeigen, das stimmt.

Für eine Gedichtanalyse in der Schule finde ich das Gedicht zu abstrakt und zu schwer... Ich verstehe es so:

Es ist ein Aufruf, still zu werden und bewusst wahrzunehmen, was um einen herum geschieht. Mit "Traum" und "Schlaf" meint er m.E. nicht ein gedankenverlorenes (Tag-)Träumen und Sichtreibenlassen, sondern mehr das Klären der Sinne und Reinigen des Geistes, als wolle er sagen: Im aufmerksamen Lauschen (Brunnen, Grillen --> beides unaufdringliche Dinge, für die man die "Ohren spitzen" muss) und im Wachen der Sinne (Betrachten der Wolken und des Mondes ---> metaphorisch wird man von den Wolken gewogen, während der Blick ihrem Lauf folgt und man "lauscht" nachts wachend dem "Schlaflied" des Mondes, der in Wirklichkeit natürlich völlig still ist und überhaupt nicht "singt": d.h. man hört gar nichts, wacht aber dennoch aufmerksam in dunkler Nacht), also im aufmerksamen Betrachten und Belauschen des Augenblicks steckt ein Funke von göttlicher Seligkeit (Metaphern: Fliegen, Greifen nach Sternen als wären es Blumen). Dieses kontemplative Versunkensein des Geistes beschreibt der Dichter als Traum und Schlaf. Daher wirkt das Gedicht so antithetisch und schwer verständlich, da ein Versunkensein in sinnlicher Aufmerksamkeit (quasi: eine "Meditation") als Abwesenheit vom Weltgeschehen und folglich als Traumzustand ausgedrückt wird. Kehrt man aus diesem Zustand wieder zurück ("wacht auf"), so ist man beglückt.