Gedicht von Schiller für Schule deuten?

2 Antworten

Ich deute nichts hinein; ich schaue nur, was mir das Gedicht zeigt, wenn ich es genau angucke 😁

Wie Fontanefan und Enzensberger bin ich kein Fan von "So ist ein Gedicht zu verstehen". Aber ich schreibe dir gerne, was mir auffällt und wie ich weiterdenken würde, und biete dir an, dieses Gedicht gemeinsam zu durchdringen.

Meine Ausgangsbasis:

Klugheit und Weisheit werden aufeinander bezogen. Das kündigt der Titel bereits an; und im Gedicht wird sowohl die Beziehung von Klug- und Weisheit gezeichnet als auch die Überwindung der Schwelle von Klug- zu Weisheit thematisiert.

Mein Ansatz:

Erster Schritt: Was verstehst du ganz konkret? Stell dir das Gedicht wie ein Foto vor: Was ist auf dem Bild zu sehen?

Zweiter Schritt: Wie lassen sich Klugheit und Weisheit in dieses Foto bringen? Was gehört zur Weisheit, was zur Klugheit? Wie kommt man von der Klug- zur Weisheit?

Wenn du dich damit und mit mir auseinandersetzen möchtest, kannst du gerne kommentieren, dann schreiben wir weiter.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Es gibt keinen Anspruch auf Dank. Ich freu mich nur darüber.
Wuwucrafter 
Fragesteller
 09.05.2022, 11:31

Ich habe gedeutet:

— Wenn jemand etwas Neues erreichen will, eine Veränderung anstrebt oder etwas neues lernen will (Weisheit erfliegen), muss er sich bewusst sein, dass es auch sein kann, dass es nicht stimmt oder gar nicht schlau ist, und dass das Konsequenzen nach sich ziehen kann (Klugheit verlacht). Aber auch, wenn etwas zuallererst nicht funktioniert, darf man nicht zu kurz denken und der Vergangenheit nicht hinterherschauen, sondern langfristig denken, und wenn man immer weitermacht und sich dauerhaft anstrengt, kommt man irgendwann an einem großartigen Ziel an.

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Hans Magnus Enzensberger hat sich mal aufgeregt, dass Schüler ihn gefragt haben, wie ein Gedicht von ihm zu interpretieren sei. Und er schrieb weiter dem Sinne nach: Das weiß ich doch nicht, das wissen doch nur meine Leser, jeder einzelne. Und dass Deutschlehrer und Schulbürokraten es besser wissen wollten als die Leser, sei schlimm.

Deine Lehrerin will erreichen, dass du ihm den Gefallen tust, ein Gedicht selbst zu verstehen, statt dir vorschreiben zu lassen, was du verstehen sollst.

Da ist es schade, wenn dir jetzt gar ein Deutschlehrer sagt, was er zu verstehen glaubt. Aber ich kenne auch den Spruch eine Schülers "Von dem Text verstehe ich nur "und" und "oder". (eine sehr gelungene Zuspitzung) und mein Sohn, der viel intelligenter ist als ich, sagte als Schüler über zwei Personen aus dem Vorspiel von Goethes Faust: Den Theaterdirektor verstehe ich vollständig, aber den Dichter gar nicht.

Man braucht schon eine gewisse Zeit, um sich in einen Text einzulesen. Das kann schon erfordern, dass man ihn drei- oder viermal liest. Aber wenn man von vornherein annimmt, dass man ihn sowieso nicht verstehen wird, nützt auch zehnmal lesen nichts.

Deshalb eine kleine Verständnishilfe (hoffentlich wirklich eine Hilfe):

In der ersten Zeile geht es darum, möglichst hoch zu kommen. In der zweiten wird gesagt, dass das gefährlich sei.

In der dritten Zeile wird von dem Ufer/Land gesprochen, das verlassen wird, in der vierten von dem Ziel, was erreicht werden soll.

Kurz gesagt: Wer immer nur nach hinten schaut, kann das Ziel nicht sehen.

So simpel drückt Schiller es aber nicht aus. Warum spricht er von "flieht"? Warum von kurzsichtig und mutig?

Aber vielleicht fallen dir ja ganz andere Fragen ein. Man spricht doch von "tiefer Weisheit", warum soll sie jetzt hoch sein? Warum sollte die Klugheit über einen lachen, der weise werden will?

In Lessings Stück "Nathan der Weise" sagt Nathan über seinen Beinamen:

"[...] Und wenn es ihn

Zum Spott so nennte? Wenn dem Volke weise

Nichts weiter wär' als klug? und klug nur der,

Der sich auf seinen Vorteil gut versteht?"

https://lyrik.antikoerperchen.de/gotthold-ephraim-lessing-nathan-der-weise-ringparabel-saladin-und-nathan,textbearbeitung,636.html

Viel Spaß beim Finden deiner Antwort.