Eure Erfahrungen mit dem Rettungsdienst?

5 Antworten

Wenn dir das so wichtig ist, ob wir sympathisch sind oder nicht, kann deine Not ja gar nicht so groß sein, einfacher Leitsatz.

Im Rettungsdienst arbeiten hunderttausende Menschen und bilden einen Querschnitt der Gesellschaft ab, mit allen Tagesformen, Lebenseinstellungen, persönlichen Problemen.

Ich finde auch manche Patienten oder Angehörige unsympathisch.


lolnolol 
Fragesteller
 28.07.2021, 16:49

Wieso fühlst du dich denn jetzt so angegriffen?

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iwaniwanowitsch  28.07.2021, 19:08
@lolnolol

Das kann ich dir sehr gern erklären:

weil die Anspruchshaltung der Bevölkerung uns gegenüber mich langsam tierisch (verzeih die Fäkalsprache) ankotzt.

Deine Frage implementiert genau diese Anspruchshaltung. Wir haben manchmal einen scheiß schweren Job (selbstverständlich gibt es genug andere schwere Jobs), woran zum überwiegenden Teil die Faulheit, Dreistigkeit, Dummheit, Gedankenlosigkeit der Bevölkerung Schuld ist. Man kommt nicht zum Essen, weil man fünf "Schwachsinnsfahrten" über Funk bekommt, die ganze Nacht nicht zur Ruhe, nicht dazu das Auto zu checken und so fort.

Ich gebe gerne eine Anekdote zum besten: es war vergangenen Samstag, Innenstadtwache. Die drei Rettungswagen dieser Wache fuhren seit 23.00 praktisch durch, weil das gesamte Ruhrgebiet mal wieder der Meinung war: "Scheiß auf Corona, wir schädeln und völlig weg und liegen dann in der City rum." Morgens um 6.30, nach 24h wach und 23h im Dienst, davon exakt 0 Minuten geschlafen, durften wir noch in den nahegelegenen Park, weil dort eine 16 nahezu bewusstlos auf dem Weg lag, ihre Tante daneben stand und zum Besten gab: "och ja, wir waren zusammen raus, die musste mal so richtig Spaß haben" und das ganze tierisch witzig fand. Dass man dann noch "sympathisch" bleibt, ist trotz aller Bemühung nicht mehr zu gewährleisten. Und ich denke einfach, dass irgendeiner sich dann hier zu genau einem ähnlichen Einsatz äußert, ohne dass die Kollegen die Chance haben, sich zu verteidigen.

Es scheint ja weniger wichtig zu sein, dass die Kollegen den Patienten (welche hier gefragt werden) professionell, schnell, fachlich korrekt geholfen haben und großen Schaden abgewendet haben, als dass sie sympathisch sind. Wir lernen allen möglichen Medizinkram, dann werden wir im Internet auf Basis der Sympathie bewertet. Ich habe letztens einen Patienten nachts aus dem Tiefschlaf vor dem Verbluten (nach Messerstecherei) retten müssen, dem haben wir auch nur Anweisungen geben können, wann er mithelfen muss oder konnten nur mit ihm sprechen, wenn es UNBEDINGT zur Behandlung notwendig gewesen ist, weil sonst die Arbeit im Team koordiniert werden musste, der denkt bestimmt auch, dass wir "unsympathisch" waren.

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iwaniwanowitsch  28.07.2021, 19:26
@lolnolol

Man wird angespuckt, beleidigt, mit Messern und schlimmerem bedroht, für Zahnschmerzen aus dem Bett geholt, für Durchfall vom Essen weg geholt, soll Kinder mit Schnupfen in die Kinderklinik fahren, Tabletten und Spritzen gegen Rückenschmerzen verabreichen, die Oma unter Reanimation mucksmäuschenstill das Treppenhaus herunter tragen, die Türen vom Rettungswagen leise schließen, den Rettungswagen bloß nicht vor der eigenen Einfahrt stehen lassen, ohne jegliche Diagnostik Prognosen zu Krankheiten geben, sich mit Corona, MRSA, Heliobacter, Chlostridien infizieren lassen, aus einer Mülltüte voller einzelner Pillen einen Medikationsplan zusammenreimen, sich von kläffenden Kötern Kopfschmerzen holen, dickköpfige Senioren von der Notwendigkeit eines Krankenhausaufenthaltes überzeugen, zehn Sprachen fließend sprechen, zwischen 20 schreienden Angehörigen eines Großclans eine Patienten behandeln, in einer Wohnung voller giftiger Schlangen und Spinnen einen Bewusstlosen versorgen, für die Polizei Gutachten bei Unfällen abgeben, Pflaster an Obdachlose verteilen

und

sich dann noch im Internet aufgrund der Sympathie bewerten lassen.

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faelyn  29.07.2021, 19:03
@iwaniwanowitsch

Hey du 😳 wow... das sind wirklich krasse Storys. Total schade, dass das hier nur wenige Menschen lesen werden... fände es toll und wichtig, wenn das öffentlicher gemacht werden würde. Diese Verständnislosigkeit und Undankbarkeit muss diesen ohnehin schon... ich finde kein passendes Wort, also bleibe ich bei "extrem"... diesen ohnehin schon extremen Job sehr verletzend und auch behindernd sein. Es tut mir schrecklich leid, was du und deine Kollegen da durchmachen müsst... und wie es euch gedankt wird. Besonders momentan, wo die ganze Welt nochmal chaotischer ist... Einen großen Respekt an dich, dass du da noch die Fassung bewahrst. Kannst du da wenigstens mit anderen drüber reden? Sowas ist doch extrem belastend.. 🥺 an dieser Stelle... Danke, dass du das mit uns geteilt hast und mega krass, was du leistest... und ein großes Uff an Alle, die das auch noch kritisieren. Sorry, dass mir keine besseren Worte einfallen... ich bin echt schockiert. Alles Liebe und Gute dir 🥺❤

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faelyn  29.07.2021, 19:16
@iwaniwanowitsch

da machst du einen lebensbedrohlichen, extrem anstrengenden Job, für den du richtig hart lernen musst, immer top fit sein musst und auch emotional immer funktionieren musst - um anderen Menschen zu helfen - ihnen das Leben zu retten - und dann darfst du dir anhören, dass du nicht freundlich genug gelächelt hast, während du deine eigene Sicherheit für das Wohl anderer riskiert hast... ufffffffff....... hart. richtig hart.

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iwaniwanowitsch  29.07.2021, 19:52
@faelyn

Ich danke dir für deine freundlichen Worte!

Zuerst muss ich einmal sagen, dass mein Text vielleicht etwas emotional war, geprägt durch die Eindrücke mancher miesen Schicht in den letzten Tagen und ich möchte keineswegs den Eindruck hinterlassen, dass nur wir einen gefährlichen Job machen. Ich denke, da gibt es weitaus gefährlichere und anstrengende Berufe, ich denke da an Mitarbeiter, die Stahl kochen, auf dem Deck eines Flugzeugträgers arbeiten oder im Kernkraftwerk. Insgesamt ist der Rettungsdienst in Deutschland recht sicher (auch wenn ich heute wieder angegriffen wurde, was aber zum Glück recht halbherzig und ohne Folgen war), leider geht der Trend immer mehr in die gegenteilige Richtung. Die Kollegen können noch und nöcher Geschichten von verbaler oder täglicher Gewalt berichten. Ich Stelle mich keineswegs gegenüber anderen Menschen heraus, zum Beispiel Bäcker, Landwirte, Pflegekräfte haben auch sehr anstrengende und wichtige Berufe, ohne Nahrung geht bei uns allen nichts.

Mir ist einfach nur etwas die Beherrschung abhanden gekommen, ob dieser rein auf die Sympathie bezogenen Bewertung.

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faelyn  29.07.2021, 20:07
@iwaniwanowitsch

Oh Gott, du würdest heute wieder angegriffen? ... hui.

Das sind wirklich schöne Worte von dir und du scheinst ein unglaublich lieber, aber viel zu bescheidener Mensch zu sein. Gefahren anderer Berufe, vielleicht sogar gefährlicheren, machen deine Arbeit ja nicht minder gefährlich. Ihre Wichtigkeit und Berechtigung haben die allermeisten Jobs, aber du spielst da schon auf höchster Liga. Bei dir geht es um Leben und Tod in kürzester Zeit.

Merke schon, da wo du übermäßig reflektiert bist, fehlt es vielen Anderen... 😅

Dass du mal Luft rauslassen musst, ist doch total verständlich. Und du hast auch eigentlich bloß die Sache geschildert... und das war auch echt gut. So kapiert man (wir, die auf euch angewiesen sind) das wenigstens.

Pass auf dich auf 🥺 und ehrlich, lass deine Gefühle unbedingt raus. Nicht, dass jemand mit deinen Skills noch auf die andere Seite wechselt 😅😁 auch, wenn das sicher einen guten Film machen würde.

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lolnolol 
Fragesteller
 30.07.2021, 00:57
@iwaniwanowitsch

Hab mir jetzt alles durchgelesen und wollte mich entschuldigen.

Die frage war echt blöd formuliert und ich versteh jetzt auch, was dich daran gestört hat tut mir leid.

Ich habe diese Frage gestellt, weil dieser Beruf mich richtig interessiert hab mir mal monate lang jede Nacht stundenlang echte Einsätze angeschaut und dadurch kann ich richtig nachvollziehen was du da alles geschrieben hast.. also das mit dem einparken, leise raustragen, menschenmenge, betrunkene leute, angespuckt werden usw hab das alles in diesen Videos gesehen (auch wie man so selten zum essen kommt weil so viele „notrufe“ eingehen) und finde echt krass wie ruhig Ihr da bleiben könnt/müsst und habe total respekt vor eurer Arbeit!!

Tut mir leid nochmal, dass diese Frage so blöd rüberkam wirklich :(

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Ich wurde schnell. von dem Rettungsdienst versorgt aufgrund eines Verkehrsunfalls. Wenn du einen berechtigten Grund hast, dir einen RTW zukommen zu lassen, dann würde das RTW Team dir empathisch und professionell entgegenkommen. Hier aber merken: egal ob Mechaniker, Metzger oder Sanitäter, Arschlöcher gibt es überall. Aber nur weil es eben diese Menschen gibt, ist das kein Grund in einem Notfall nicht den Rettungsdienst zu rufen!

Woher ich das weiß:Berufserfahrung
Von Experte iwaniwanowitsch bestätigt

Pauschal: auch Rettungsdienst'ler sind nur Menschen und es gibt Menschen, die generell als sympathisch empfunden werden und solche, die im Allgemeinen eher als unsymathisch gelten. Davon abgesehen, kann auch der ansonsten symathischste Mensch mal einen schlechten Tag haben und ist dann gerade unsympathisch. Auch kommt es auf die Art des vorliegenden Einsatzes an, bei manchen notfallmedizinischen Zustandsbildern ist es einfach erforderlich, dass schnell und präzise die richtigen medizinischen Maßnahmen durchgeführt werden ohne diese dem Patienten großartig erläutern zu können, dass empfinden etliche dann als unsympathisch, rettet ihnen aber letzten Endes ihr Leben.

Mfg

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Rettungsdienst🚑, sehr großes Interesse an Notfallmedizin.

Hey du,

hab mir mal angeschaut, was für Fragen du hier so stellst, weil ich auf ein paar sehr beunruhigende Dinge gesehen hab und ein genaueres Bild wollte.

Du scheinst ungewöhnlich interessiert an diesem Thema und gesundheitlichen Extremsituationen zu sein. Dabei hat es den Eindruck, dass du dir selbst schadest, um solche Erfahrungen zu machen. Ob dem so ist, weiß ich natürlich nicht. Auch kenne ich natürlich nicht den Grund dafür. Ich habe nur den Eindruck.

Nimm es mir bitte nicht böse, aber ich finde, du solltest darüber mal mit deinem engsten Umfeld sprechen - und am Besten auch mal mit einem Arzt. Dieses Verhalten ist nicht nur sehr schädigend und gefährlich, sondern kann das Symptom einer psychischen Erkrankung sein.

Bitte versuch dich nicht selbst in Gefahr zu bringen und mit jemandem darüber zu sprechen. Es gibt sicher andere Möglichkeiten, dir das zu erfüllen, was dir ganz offenbar fehlt. Dein Leben aufs Spiel zu setzen, ist es aber nicht wert. Du schadest dir damit auf lange Sicht sehr und wirst es wirklich bereuen, wenn erstmal langfristige Schäden bemerkbar werden... und die können dann sogar unheilbar sein. Sogar tödlich.

Zu deiner Frage, ja, ich habe schon mit dem Rettungsdienst telefonieren müssen. Da man nicht zum Quatschen anruft, sondern weil gerade eine Notsituatuon vorherrscht, ist das natürlich eine sehr stressige Situation. Die Menschen auf der anderen Seite des Hörers haben aber gelernt, genau damit umzugehen. Sie sind nett, versuchen dich zu beruhigen und wollen die wichtigsten Fragen beantwortet haben, um helfen zu können. Sie führen einen durch das Gespräch, wenn man selbst zu aufgeregt ist. Selbst, wenn man ungern telefoniert, in Notsituationen ist natürlich alles nochmal anders und irgendwie...unwirklich. Aber die Menschen vom Rettungsdienst haben Tag für Tag mit den Nervenbündeln von Anrufern und Hilfesuchenden zutun und können damit umgehen.

Wo sie aber sicher keinen Spaß verstehen ist, wenn du die Rufleitungen für Unfug blockiert. Das ist eine Straftat und schadet Menschen, die wirklich den Rettungsdienst benötigen. Der Rettungsdienst ist für den Notfall. Im Zweifel ist es natürlich besser, den Rettungsdienst zu rufen, aber bitte niemals dem Notruf missbrauchen!

* übriges bin ich durch die Frage auf dich aufmerksam geworden, die du gleich wieder gelöscht hattest...

Ja, ich musste mal den Rettungsdienst rufen für meinen Mann. Die waren sehr freundlich und haben sich sofort um ihn gekümmert.