Doppelte Ausrufung der Republik 1918?

4 Antworten

Ich glaube, weil es zwei politische Lager gab. Einmal das von den kommunistischen Parteien, weiß aber nicht, wer es angeführt hat, und das eine von Philipp Scheidemann.

Letztendlich hatte Scheidemann mehr Anhänger, sodass seine Proklamation angenommen wurde.

derdorfbengel  04.12.2014, 02:51

"Anführer" des "anderen" Lagers war, wenn überhaupt, Ebert. Scheidemann hielt nur die Rede, weil Ebert zu feige dazu war.

Und an der Zahl der Anhänger lag es nicht, dass seine "Proklamation angenommen" wurde. Sondern daran, dass Eberts Sozialdemokraten mit dem kaiserlichen Heer kooperierten, dass die Sozialisten in Blut ertränkte.

-> Ganz schlechte Leistung.

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Einmal von Liebknecht (USPD/KPD) und einmal von Scheidemann (SPD)..

Hier agieren zwei Konkurrenten um die politische Macht. Scheidemann war schneller und die Sozialdemokratie hatte damit einen kleinen Konkurrenzvorteil, den sie aber eh nicht gebraucht hätte. :-)

Weil es eine linke sozialistische Arbeiterbewegung gab und eine an den Kapitalismus angepasste sozialdemokratische.

Beide hatten verschiedene Vorstellungen von dem Staat, der kommen sollte und riefen also natürlich jede ihren eigenen aus.

Moin,

die monarchistischen und republikfeindlichen Kräfte waren zu der Zeit immer noch an der Macht und klammerten sich mit der letzten Kraft an ihre Stellung und sperrten sich jedweder Reform, obwohl das Volk schon auf den Tischen stand. So konnte man kurz zuvor den Kaiser nur zur Abdankung bewegen, indem diese eigenmächtig verkündigt wurde und Wilhelm II. dann bereits vor beschlossenen Tatsachen stand.

Jedoch konnte auch diese Geste die aufstandsähnlichen Zustände in Berlin nicht beruhigen, auch wenn das reaktionäre, bürgerliche Spektrum sowie die SPD bereits bemüht waren, die Zustände soweit wie möglich beim Alten zu belassen und die eigenen Positionen gegen den Volkszorn zu erhalten.

Als dann bekannt wurde, dass von Seiten der Linken (bezeichnend Liebknechts und der USPD) die Republik verkündet werden sollte, musste man natürlich handeln, bevor sich so etwas wie eine echte demokratische Staatsform etablieren konnte. So holte man den SPD-Abgeordneten Scheidemann, einen entschiedenen Gegner der linken Bewegung, vom Mittagstisch und ließ ihn der Proklamation Liebknechts zuvorkommen, um dieser den Wind aus den Segeln zu nehmen und selbst die Initiative zu behalten.

Allerdings wurde, entgegen der allgemein verbreiteten Ansicht, Liebknechts Proklamation von den Zeitgenossen wesentlich eher wahrgenommen, als die Scheidemanns. Um die revolutionären Kräfte aufzuhalten, musste man erst die vagabundierenden Freikorps auf die eigene Bevölkerung loslassen und die Führer der Arbeiterbewegung, Liebknecht und Luxemburg, ermorden lassen.

Diesem Teil der deutschen geschichte wird allgemein sehr wenig Aufmerksamkeit geschenkt - aber im Nachhinein geht dann im Geschichtsunterricht die große Frage um, warum man in der Weimarer Republik keine ordentliche Demokratie etablieren konnte und den Nationalsozialisten freie Bahn ließ.

mfg Nauticus

FloydPepper  03.12.2014, 20:01

DH!

(Ermordet wurden allerdings wesentlich mehr als nur die genannten Anführer. Die Opferzahl geht in die Tausende.)

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Todward29  04.12.2014, 14:51

Die SPD wollte den Kommunismus genauso wie die KPD/USPD. Nur war die SPD weniger radikal - sie wollte ihn auf friedlichem, demokratischen Weg, während Liebknecht & Luxenburg ihn auf dem Wege einer gewaltsamen Revolution (nach russischem Vorbild) einzuführen gedachten. Beide Lager standen sich nach der Abspaltung der USPD von der SPD unversöhnlich gegenüber. Um die USPD und damit russische Zustände zu verhindern schloss die SPD daher ein Bündnis mit der Reichswehr und letztlich allen Eliten, sodass eine tiefgreifende Revolution tatsächlich verhindert wurde - lediglich die Spitze des Staatsaufbaus änderte sich, während die alten Eliten ansonsten unbehelligt gelassen wurden.

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FloydPepper  04.12.2014, 21:34
@Todward29

Bei der SPD muß man zwischen Basis und Führung unterscheiden. Die Basis wollte Basisdemokratie und dominierte sowohl die Revolution als auch die Soldatenräte. Die SPD-Führung wollte das alte System erhalten. Dazu ließ sie auf ihre eigenen Leute schießen.

Der Einfluß der KPD war nur marginal und wird/wurde von bürgerlicher Seite weit überhöht, um damit "den Teufel an die Wand malen zu können" und das Massenmorden zu rechtfertigen. Und er wurde von Seiten der KPD überhöht, um die eigene Bedeutung größer erscheinen zu lassen. Die Führer von Spartakus/der KPD kamen überhaupt erst mit der Revolution aus der Haft. Erst da konnte man anfangen, sich neu zu organisieren. Man war weit entfernt davon, eine funktionierende Partei zu sein. Auch Radek beklagt den fehlenden Einfluß in seinem Tagebuch. Man konnte auf die revolutionären Ereignisse wohl etwas reagieren - aber lenken konnte man sie nicht.

Die Revolution vor allem eine Auseinandersetzung zwischen SPD-Basis und SPD-Führung, wobei letztere mal wieder einen schändlichen Verrat zu verantworten hat.

Literatur zum Einstieg: Haffner, S.: "Der Verrat. Deutschland 1918/19", Verlag 1900, 2002

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Nauticus  05.12.2014, 19:12
@Todward29

Die Glaubwürdigkeit hatte sich die SPD für manchen bereits verspielt, als im Reichstag bis auf Liebknecht geschlossen für die Kriegsanleihen votiert wurde, um im Rahmen des "Burgfriedens" die eigene Stellung zu sichern, statt die eigenen Prinzipien auch gegen die aufkeimenden nationalistischen Wellen zu verteidigen, die in der Bevölkerung gesät wurden.

Ich stimme FloydPepper da völlig zu - die Führung der Sozialdemokratie hat eine nachhaltige Spaltung der Arbeiterbewegung provoziert und zugelassen, um sich nicht mehr mit der eigenen Linken ärgern zu müssen und in Zukunft salonfähig zu werden.

In der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg hat das darin geendet, dass zugunsten der eigenen Bequemlichkeit eine große Chance vertan wurde, man mit auf die eigenen Gesinnungsbrüder geschossen hat und die Weichen für Zustände gestellt hat, die dann im Nationalsozialismus nicht plötzlich auferstanden, sondern einfac schließlich die letzten Masken fallen ließen.

Seitdem kam von der SPD fast nichts mehr von dem, wofür diese Partei einst stand. Auch die Abstimmung gegen die Machtergreifung ist für jeden, der diese in historischen Kontext setzt, ein einziger Witz - die SPD hatte damals ihre Fahnen bereits für Hindenburg getragen und zugelassen bzw. dazu beigetragen, dass jegliche aktive Opposition ausgeschaltet wurde.

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