Der Lotse geht von Bord / Bismarck

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Wilhelm der 2te wollte Bismarck "von Bord" also weg von der Politik schicken, damit er selbst das Ruder steuern konnte, also das Deutsche Reich. Dabei fällt beim Betrachten der beiden Figuren ein klarer Unterschied auf. Während Bismarck alt und gebeugt ist und sich festhalten muss steht Wilhelm der 2te prächtig mit einem schönen verzierten Hut da. Bismarcks Haltung könnte man aber auch so interpretieren, dass er seine Pflicht erfüllt hat, und ein alter weißer Mann ist, was auch ganz klar stimmt, da er ein für das Deutsche Reich sehr günstiges Bündnissystem schuf und ein gutes Verhältnis zu einigen europäischen Großmächten hatte(Großbritannien zum Beispiel). Wilhelm zerstörte dies jedoch und bezog sich zu sehr auf den Verbündeten Österreich-Ungarn, was dann später zum ersten Weltkrieg führte. Deshalb gibt es auch die Karikatus "Der Lotse verlässt das sinkende Schiff"

Auch wenn Bismarck alles tat, um potenzielle Nachfolger auszuschalten, mehrten sich seit dem Ende der 1880er-Jahre doch die Anzeichen dafür, dass seine politische Führungsrolle sich dem Ende zuneigte. In der politischen Öffentlichkeit wurde der Ruf nach einer Abkehr von der nur bewahrenden Diplomatie Bismarcks zu Gunsten einer dynamischen und risikobereiten Außenpolitik laut. Nach der kurzen Herrschaftszeit von Friedrich III. standen sich mit dem neuen Kaiser Wilhelm II. und Bismarck zwei ungleiche Persönlichkeiten gegenüber. Bismarck hielt Wilhelm für unreif und wenig vorbereitet auf die Übernahme der Verantwortung. Er sei ein „Brausekopf, könne nicht schweigen, sei Schmeichlern zugänglich und könne Deutschland in einen Krieg stürzen, ohne es zu ahnen und zu wollen.“ Für Wilhelm dagegen war Bismarck eine nicht mehr zeitgemäße Person und er machte deutlich, selbst politischen Einfluss nehmen zu wollen: „Sechs Monate will ich den Alten verschnaufen lassen, dann regiere ich selbst.“

Bismarck sah vor diesem Hintergrund in der mutwilligen Verschärfung der innenpolitischen Lage eine Möglichkeit, den neuen Kaiser von seiner Unentbehrlichkeit zu überzeugen. Er brachte daher ein neues, verschärftes und unbefristetes Sozialistengesetz ein, wohl wissend, dass dies die Kartellparteien auseinandersprengen würde, da die Nationalliberalen dies nicht mittragen konnten. Wilhelm, der seine Regierungszeit nicht mit einem solchen Konfliktkurs beginnen wollte, stellte sich den Plänen des Kanzlers entgegen. In einer Sitzung des Kronrates prallten beide am 24. Januar 1890 aufeinander. In den folgenden Monaten versuchte Bismarck verzweifelt, seine Stellung zu halten und spielte erneut mit Staatsstreichgedanken, aber auch mit dem Plan einer engen Zusammenarbeit zwischen Zentrum und Konservativen.

Am 15. März 1890 entzog Kaiser Wilhelm dem Kanzler wegen dessen Konfliktkurses endgültig die Unterstützung. Das Entlassungsgesuch Bismarcks datiert vom 18. März 1890. Die Öffentlichkeit reagierte mehrheitlich erleichtert auf den Rücktritt. Theodor Fontane schrieb: „Es ist ein Glück, dass wir ihn los sind. Er war eigentlich nur noch Gewohnheitsregente (sic!), tat was er wollte, und forderte immer mehr Devotion. Seine Größe lag hinter ihm.“ Als Nachfolger Otto von Bismarcks wählte der Kaiser den politisch unerfahrenen General Leo von Caprivi.

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Übrigens:

Stimmt gar nicht. Bismarck geht nicht, Bismarck lässt man fallen. "Dropping the Pilot" heißt die originale, mit der Wassermetapher spielende Bildunterschrift der Karikatur, mit der am 29. März 1890 der britische "Punch" das endgültige Zerwürfnis zwischen Otto von Bismarck und Kaiser Wilhelm II. kommentierte. Dass die deutschsprachige Version dieser berühmtesten aller Bildunterschriften dann ganz anders lautete, dürfte nicht nur an der Unmöglichkeit gelegen haben, "Dropping the Pilot" knapp, metaphorisch korrekt und dennoch mehrdeutig zu übersetzen. Vielmehr dürfte es auch inhaltliche Gründe dafür gegeben haben, dass im Deutschen der Kanzler Bismarck statt des Kaisers zum Subjekt des Satzes wurde. Denn durch die Formulierung "Der Lotse geht von Bord" wird erstens Wilhelm II. ein bisschen aus der Schusslinie genommen, spielt er doch grammatisch nun überhaupt keine Rolle mehr und erscheint somit auch nicht mehr gar so direkt als der junge Schnösel des englischen Originals, der den Lotsen mal kurz über die Reling schnippst.

Zweitens wird Bismarck nicht zum hilflosen Hansel degradiert, dem einfach gekündigt wird, vielmehr darf er der Eiserne Kanzler bleiben, der würdige Lenker des Staatsschiffes, der verbittert und enttäuscht dem Kapitän den Rücken kehrt. Otto von Bismarck als einer, den man einfach fallen läßt - niemals! Mit dem Gedanken an einen ins Wasser fallenden Tropfen wurde der Name Bismarcks in Deutschland erst später und von ganz anderen Bildkünstlern verbunden: Auf den Etiketten der Mineralwasserflaschen, in die die Hervorbringungen der "Fürst Bismarck Quelle" abgefüllt werden.

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Dummie42  17.11.2011, 20:07

Sehr schön, der zweite Text, das wusste ich noch gar nicht.

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