Caesar Rede bei Sallust Catilina - eine Gerichts- oder Staatsrede?

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Die Rede Caesars ist eindeutig eine Beratungsrede (nach antiker Gattungseinteilung griechisch: γένος συμβουλευτικόν [genos symbouleutikon]; lateinisch: genus deliberativum). Da es in dieser Beratungsrede um eine politische Entscheidung durch eine Staatsinstitution geht, kann sie auch als politische Rede oder Staatsrede bezeichnet werden.

Die Reden Caesars (Sallust, De coniuratione Catilinae 51) und Catos (Sallust, De coniuratione Catilinae 52) sind keine Aufzeichnungen, sondern freie Gestaltung des Geschichtsschreibers. Nur bei den Anträgen kann weitgehende Übereinstimmung mit der Formulierung der tatsächlichen Anträge angenommen werden.

Die Reden beziehen sich zwar in einem erheblichem Ausmaß auf Bestrafung und rechtliche Fragen und enthalten eine Argumentation, dies ist aber kein ausreichender Grund, sie ganz oder teilweise der Gattung der Gerichtsrede (nach antiker Gattungseinteilung griechisch: γένος δικανικόν [genos dikanikon]; lateinisch: genus iudiciale) zuzuordnen.

Es gibt in der Redesituation keine Angeklagten, keinen Prozesss und der Senat war kein Gericht. Es gibt keinen Ankläger, keinen Verteidiger und keine Richter.

Lucius Sergius Catilina war aus Rom fortgegangen. Bei der Beratung im Senat am 5. Dezember 63 v. Chr. (von Sallust, De coniuratione Catilinae 50 – 53 dargestellt) ging es um 5 verhaftete Anhänger Catilinas und ihre eventuelle Hinrichtung (Todestrafe):

  • Publius Cornelius Lentulus Sura, Angehöriger der Nobilität, 71 v. Chr. Konsul, 70 v. Chr. aus dem Senat ausgeschlossen, 63 v. Chr. Praetor und damit wieder Senatsmitglied
  • Gaius Cornelius Cethegus, Angehöriger der Nobilität, Senatsmitglied
  • Publius Gabinius Capito, römischer Ritter (eques)
  • Lucius Statilius, römischer Ritter (eques)
  • Marcus Caeparius

Der Senat war eine Ratsversammlung. Der Konsul Marcus Tullius Cicero hat den Senat einberufen und die Sitzung geleitet. Er fragte die Senatoren nach einer Stellungnahme dazu, was mit den verhafteten Catilinariern geschehen sollte (Sallust, De coniuratione Catilinae 50, 3). Aus einer Abstimmung mit einer Mehrheit für einen Antrag konnte ein Senatsbeschluss (senatus consultum) hervorgehen. Ein Senatsbeschluss war allerdings rein formalrechtlich für einen römischen Magistraten nicht unbedingt auszuführen.

Caesar hat in seinem Antrag für die verhafteten Catilinarier lebenslange Haft in verschiedenen Landstädten (municipia) Italiens, Einziehung des Vermögens (Konfiskation) und ein Verbot der Wiederaufnahme des Verfahrens vor Senat oder Volksversammlung vorgeschlagen (Sallust, De coniuratione Catilinae 51, 43).

Caesar war offenbar (bei Sallust ist die Darlegung in dieser Hinsicht nicht genau) die Beachtung des Provokationsrechts (Recht zur Anrufung des Volkes - provocatio ad populum - bei Bedrohung mit dem Tod) wichtig. Gaius Sempronius Gracchus hatte als Volkstribun 123 v. Chr. zur provocatio ein Gesetz (Lex Sempronia) beantragt, das vom Volk beschlossen worden war. Caesar trat für ein populares Prinzip ein (Optimaten werden die Anhänger einer auf den Senat gestützten Politik mit Vorherrschaft der Nobilität, der Führungsschicht aus vornehmen Familien, genannt, die entgegengesetzte Richtung, die dem Volk etwas mehr Gewicht geben möchte, wird Popularen genannt). Er wollte verhindern, einen Präzedenzfall für ein Außerachtlassen des Provokationsrechts zu schaffen.

Caesar (Sallust, De coniuratione Catilinae 51, 1) und Cato (Sallust, De coniuratione Catilinae 52, 2) wenden sich mit ihren Reden an Senatoren mit der Anrede patres conscripti („Väter/Patrizier und Beigeordnete/Eingetragene”). Die Senatoren werden nicht als Richter (lateinisch: iudices) angeredet. Gerichtsreden in Rom wurden an Richter (lateinisch: iudices) gerichtet, wie z. B. die erhaltenen Gerichtsreden von Marcus Tullius Cicero zeigen.

In den Reden Caesars und Catos kommt auch keinen narratio (Erzählung mit Darstellung des Sachverhalts/Tathergangs) vor, die fester Bestandteil einer Gerichtsrede ist.

Die Reden beziehen sich auf Zweckmäßigkeit (Nutzen und Schaden für die römische Republik/das römische Volk), auch wenn in ihnen Gesichtspunkte von gerecht und ungerecht vorkommen. Es geht in der Hauptsache nicht um eine Tat in der Vergangenheit, sondern um die Zukunft.

LukederFrager 
Fragesteller
 08.06.2020, 17:43

Danke für diese sehr ausführliche Erklärung!

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Staatsmacht > Gerichtsmacht

im Großen und Ganzen aus Römischer Sicht lässt sich das unter Staatsrede einordnen, da es sich auch um die Ausübung von Macht handelte

Ceasar? Es ist Cicero!

Woher ich das weiß:Hobby – Beschäftige mich damit in meiner Freizeit
LukederFrager 
Fragesteller
 28.05.2020, 21:13

Nein ich meine Caesar. Sallust Catilina 51. Lies gerne nochmal nach. Es geht um das "Redegefecht" zwischen Caesar und Cato. Caesar ist gegen die Todesstrafe, Cato für die Todesstrafe.

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Diterius  28.05.2020, 21:16
@LukederFrager

Ach stimmt, ich dachte bei der catillinarischen Verschwörung wäre es ein Machtkampf zwischen Cicero und Catillina. Es ist wahrscheinliche die Fortsetzung der Geschichte, richtig?

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