Bin Mega verwirrt?

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Woran glauben Aleviten?

Aleviten glauben an Hak. Hak ist die Wahrheit oder das Göttliche, das in allem und jedem steckt. "Suche Gott nicht in der Fremde! Gott ist in dir selbst, wenn du des reinen Herzens bist", so ein Leitsatz von Hacı Bektaş Veli. Da das Gesicht des Menschen das Gesicht Haks ist, sitzen sich die Gläubigen bei Cem-Zeremonien (alevitisches Pendant zum christlichen Gottesdienst) auch von Angesicht zu Angesicht gegenüber. Und weil alle Lebewesen etwas "Göttliches" in sich tragen, muss man ihnen der alevitischen Lehre zufolge mit Achtung und Respekt begegnen – unabhängig von ihrer Religion, Ethnie, Sexualität etc.. Die alevitische Glaubenslehre basiert auf der Entscheidungs- und Glaubensfreiheit des Menschen. Niemand hat eine Verpflichtung, etwas tun oder glauben zu müssen. Deswegen missionieren Aleviten auch nicht.

So wie Christen die Zehn Gebote als Richtschnur ihres Handelns haben, so weist im alevitischen Glauben der Grundsatz "eline beline diline sahip ol" den Gläubigen den Weg. Übersetzt bedeutet er: "Beherrsche deine Hände. Beherrsche deine Lende. Beherrsche deine Zunge." Damit ist gemeint, dass man nicht stehlen und niemandem Leid zufügen, dass man nicht Ehebrechen und dass man nicht Lügen und niemanden verleugnen soll. Ein Verhalten, das sich an diesen Grundpfeilern orientiert und gleichzeitig noch durch Bescheidenheit, Hilfsbereitschaft und Nächstenliebe geprägt ist, soll dafür sorgen, dass alle Menschen friedlich zusammenleben 

Das Einvernehmen der Menschen untereinander ("Rızalık") ist für die Aleviten allgemein unheimlich wichtig: im Idealfall wird zum Beispiel auf Versammlungen solange geredet und diskutiert, bis Konflikte und Probleme überwunden sind und man Einvernehmen hergestellt hat.

Wie leben Aleviten ihren Glauben?

Es kommt nicht so häufig vor, dass Aleviten ihren Glauben öffentlich zur Schau stellen, da der Glaube von einer großen Innerlichkeit geprägt ist. Der Fokus des Glaubens liegt auf der Beziehung jedes Individuums mit dem Göttlichen.

Im Alevitentum hat jeder Gläubige die Freiheit, zu beten wie und wann er will – es gibt keine festen Gebetszeiten und auch keine Pflichtgebet. Einige Aleviten nutzen jedoch gerne den Donnerstagabend für ein Gebet, das sogenannte Muhabbet: dann zünden sie eine Kerze als Symbol für das göttliche Licht an und beten.

Im Alevitentum gibt es Fastenzeiten und mehrere Gedenk- und Feiertage, an denen sich Aleviten zu Andacht-Gebeten treffen. Zusätzlich kommen die Gemeindemitglieder ungefähr fünf bis zehn Mal im Jahr im Cem-Haus für ihre Gottesdienste zusammen. Der alevitische Gottesdienst bezeichnet man als Cem, bedeutet so gut wie Zusammenkunft. Dabei werden Gebete, so genannte Gülbenks, und Gedichte alevitischer Heiliger rezitiert, es werden Rituale, die so genannten Semahs, aufgeführt und die Gemeinde bespricht Fragen und Probleme der Gemeindemitglieder und das Einvernehmen (rızalık) herzustellen.

Sind Aleviten Muslime?

In Deutschland ist das Alevitentum offiziell als eigenständige Religionsgemeinschaft anerkannt. Als was sich die Gläubigen selbst betrachten, ist nicht einheitlich geregelt: Es gibt Aleviten, die sich als "wahre" Muslime sehen, es gibt solche, die das Alevitentum als eigenständige Konfession außerhalb des Islams ansehen.

https://www.alevi-kassel.de/index.php?option=com_content&view=article&id=53&Itemid=59&lang=de

Folgen Aleviten muslimischen Regeln und Traditionen?

Kaum. Sie pilgern nicht nach Mekka, sie fasten nicht im Monat Ramadan, sie beten keine fünf Mal am Tag und in ihren Gotteshäusern, dem Cem-Häusern, gibt es auch keine Trennung zwischen Männern und Frauen – alle Gemeindemitglieder beten gemeinsam von Angesicht zu Angesicht. Der Genuss von Alkohol ist nicht verboten. Außerdem sind für Aleviten weder die Korantexte noch die Hadithe (Sammlung über die Taten und Sprüche Mohammeds) als heilige Schriften relevant.

Wie in allen Weltreligionen gefordert, pflegen auch die Aleviten die Tradition der Barmherzigkeit und Unterstützung der Bedürftigen. "Betet nicht mit den Knien, sondern mit den Herzen", soll Hacı Bektaş Veli von den Gläubigen gefordert haben. Und so verteilen Aleviten während ihres Gottesdienstes das "Lokma", das gesegnete Essen, auch an Arme und Bedürftige. Der Dienst am Mitmenschen gilt für Aleviten allgemein als "Gottesdienst".

Besonders in Kleinasien u. auf dem Balkan zog der Bektaschi-Orden besonders Krypto-Christen u. heimliche Mitglieder anderer Religionen (Zoroastrismus) an. Der Hadschi ist die "Hauptquelle" des Glaubens der Aleviten. Ihr Festkalender stellt ein Mischung aus alten persischen und christlichen Festen dar. Dazu zählt das Neujahrsfest, das um Ostern gefeiert wird, und der alte Gedenktag des Heiligen Georg.

Hadschi Bektaschi stammt ursprünglich aus Chorasan. Er hatte enge Kontakte mit Nestorianern (Christen der Kirche des Ostens).

Meines Achtens sind Aleviten weniger Muslime, sondern mehr Nestorianische Christen, Anhänger des Zoroastrismus, Krypto-Christen, die sich auf der Flucht vor dem sunnitischen u. schiitischen Islam in die Berge geflüchtet haben. Sie besitzen eine gnostische Ausrichtung ihres Glaubens.

"Der Koran ist für Aleviten, im Gegensatz zum Schari'a-Islam, kein Gesetzbuch, sondern die Niederschrift von Offenbarungen, die kritisch gelesen werden dürfen (siehe dazu: Buyruk). Sie sehen in ihm kein verbal inspiriertes Buch, sondern interpretieren ihn mystisch. Sie lehnen auch die Schari'a, das islamische Gesetz, ab. Die Philosophie des Alevitentums besagt, dass jedem Menschen die Wahrheit (das Göttliche) innewohnt. Der heutige Glaube der Aleviten ist stark vom Humanismus und Universalismus bestimmt. Im Zentrum ihres Glaubens steht daher der Mensch als eigenverantwortliches Wesen. Wichtig ist ihnen das Verhältnis zum Mitmenschen. Die Frage nach dem Tod und den Jenseitsvorstellungen ist demgegenüber für sie nebensächlich. In der alevitischen Lehre ist die Seele eines jeden Menschen unsterblich, sie strebt durch die Erleuchtung die Vollkommenheit mit Gott an."

https://www.bdaj-bayern.de/de/alevitentum/fragen-zum-alevitentum

Bei den Aleviten gibt es nur die Monogamie und nicht die Möglichkeit der Polygamie, wie bei vielen anderen Konfessionen des Islam, wo bis zu vier Frauen angeheiratet werden können. Im allgemeinen: Wer sich zu Unrecht von seinem Ehepartner scheidet, macht sich schuldig (düskün). Ein " düskün " kann nicht in der Alevitengemeinschaft bleiben. Der Bektaschi-Dichter Künci drückt das so aus:

·      "Ein Bektaschi bestiehlt niemanden

·      Das Beten ist ihm kein Vorwand für das Nichtstun

·      Er nimmt sich zu seiner Frau keine weitere

·      So lange er lebt, trennt er sich von ihr nicht."

Diese Einstellung zu Ehe entspricht der christlichen Lehre.

LG

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung

Einige Aleviten (nicht zu verwechseln mit Alawiten) distanzieren sich ausdrücklich vom Islam, die wollen als etwas eigenständiges gesehen werden.

Andere Aleviten hingegen zählen sich zum Islam, sie glauben an Allah und den Koran. Doch für sie steht das Gebot "kein Zwang im Glauben" ganz oben.

Darum gehören sie insbesondere für Sunniten (80% aller Muslime) nicht zum Islam. Aber das ist halt DEREN Ansicht, für Sunniten ist es schon so eine Art Volkssport geworden, andere Strömungen nach ihren eigenen Ansichten zu bewerten und danach wegen ihren Kriterien aus dem Islam herauszudefinieren. Aleviten, Ahmeddyya, Sufis, ja sogar Schiiten werden von einigen nicht als Muslime gesehen.

Darum kommt es bei der Frage "gehören XX zu den Muslimen?" immer darauf an, wen du fragst.

Dude123455 
Fragesteller
 19.01.2024, 07:36

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Von Experte 7veren bestätigt

Vielleicht gibt es sehr große Unterschiede zwischen den Aleviten. Wenn ich einem begegne, gehe ich aber von einem Moslem aus. Man darf nicht voreingenommen sein. Würde dir und ihm eh nichst bringen.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Risale-i Nur