Ausbildung als technische Laborassistent oder Studiengang Naturwissenschaft?

6 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet
Das Problem ist der schlechte Ruf der Biologie-Studienfächer und deren schlechten Jobaussichten. Deshalb habe ich mir überlegt vielleicht eine Ausbildung in dem Bereich zu machen, da diese ja tatsächlich auch einen Job bekommen.

Das hört man gerne im Internet. In der Realität sprechen die Zahlen aber dagegen. Zwar ist die Arbeitslosenquote bei Biologen vergleichsweise hoch, allerdings liegt sie weit unter 10%.

Bei Akademikern ist es zudem - insbesondere direkt nach dem Studium - üblich, dass die Suche nach dem Arbeitsplatz etwas länger dauert. Hier melden sich bereits einige als arbeitslos, was die Zahl noch oben treibt. Was dich wirklich interessieren sollte ist die Zahl der langfristig arbeitslosen Biologen, das heißt, diejenigen, die auch nach einem Jahr aktiver Suche keine Stelle gefunden haben. Diese Quote ist verschwindet gering.

Allerdings muss beachtet werden, dass es für naturwissenschaftliche Absolventen regional große Unterschiede ergeben. Als Biologe kannst du es beispielsweise vergessen, in Norddeutschland ein Unternehmen zu finden, insbesondere dann, wenn du dort forschen möchtest. Wer in die universitäre Forschung möchte, sollte ohnehin (unabhängig vom Fach) dazu bereit sein, auch im Ausland zu arbeiten (UK/USA/CH/AT/FR/IT). Außerdem sollte einem klar sein, dass man häufig Stellen bekommt, die für ein Jahr befristet sind. Danach wird wieder quer durch Europ gezogen und nach einer neuen Stelle gesucht. Eine Familie zu gründen wird so beispielsweise unglaublich schwer.

In der Biologie sind Bachelor, Master und die Promotion quasi obligatorisch. Das macht nochmal 10 Jahre Ausbildungszeit.

Ich habe davor schon etwas studiert (Steuerberater) und hatte gute Studiennoten, trotz meines Desinteresses und der Komplexität und habe viel Geld verdient, aber ich bin sehr unglücklich und bin an einem Punkt, wo ich das Risiko eingehen würde, bin auch bereit dafür meinen Lebensstandart herabzusetzen.

Das wiederum verschlechtert deine Chancen auf diesem Arbeitsmarkt ungemein. Biologen müssen im Unternehmen zwangsläufig eingelernt werden. Hier investiert man natürlich lieber in jüngere Absolventen. Auch in der universitären Forschung sind die jungen Überflieger lieber gesehen.

Du könntest aber versuchen, deinen bisherigen Bildungsweg als Vorteil zu verpacken, beispielsweise indem du in die Wirtschaftsbiologie gehst. Hier wird allerdings praktisch kaum geforscht und das Feld existiert nur an Unternehmen und selbst das ohne namentliche Nennung.

Mit einer Ausbildung finden manche schneller einen Arbeitsplatz, viele aber auch nicht dort, wo sie eigentlich hinwollten. Zudem wird hier nicht geforscht, sondern nach Protokoll gearbeitet. Auch sind Laboranten ersetzbar. Läuft es im Unternehmen schlecht, werden erst diese Stelle wegrationalisiert, bevor ein Herr Dokotor seine Sachen packen muss.

Ich würde mir sehr gut überlegen, nochmal ganz von vorne anzufangen. Als Steuerberater macht man doch schnell mal die 100k+ halte das ein paar Jährchen aus, lege das Geld an und du gehst bald in den Ruhestand und sammelst deine Blätter, wie es dir gerade passt.

Oder du arbeitest Teilzeit, oder xyz.

Auch wäre es denkbar, dass du als Steuerberater oder Buchhalter in ein Biokonzern kommen kannst. Vielleicht entspricht das ja eher deinen Vorstellungen. Auch die Weiterbildung zum Wirtschaftsprüfer könnte in dem Kontext eine neue Perspektive bieten.

Ansonsten kann ich Chemie, Biochemie oder Biotechnologie statt Biologie empfehlen. Das wird in der Wirtschaft eher gebraucht, hat ja nach Uni aber große Überschneidungen mit der Biologie.

Eine Ausbildung würde ich nicht machen wollen, an deiner Stelle.

Aspartaner 
Fragesteller
 19.12.2021, 21:44

Ich bin 18. Habe mit 17 das Studium wegen Hochbegabung angefangen und jetzt abgesbrochren

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JanyoOoO  19.12.2021, 23:52
@Aspartaner

Ah, dann ignoriere diesen Punkt. Wenn du noch so jung bist und das Studio so früh abbrichst, ist das definitiv keine Problem im Lebenslauf. Der Rest gilt aber weiterhin. Deine Hochbegabung wird dir in der Biologie vermutlich auch herzlich wenig bringen. Im Studium selbst kommt es hier vorallem auf Disziplin und Lerntechniken an, bei der späteren Arbeit vorallem auf Sorgfalt. Dir Hochbegabung könnte dir vermutlich in Fächern wie Physik oder Mathematik einen größeren Vorteil verschaffen (natürlich kommt es auch immer ganz auf deine spezifische Begabung an).

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Das Problem ist der schlechte Ruf der Biologie-Studienfächer und deren schlechten Jobaussichten.

Also das stimmt nicht. Wenn man will, findet man in der Branche immer eine Anstellung, v. a. im privaten Sektor z. B. in Pharmafirmen. Und man verdient auch nicht schlecht und hat gute Aufstiegschancen.

Wenn man allerdings eine wissenschaftliche Karriere verfolgen will, ist es etwas schwieriger. Das Problem ist aber nicht unbedingt, später eine Anstellung zu finden, sondern dass die meisten Stellen befristet sind, meist auf fünf Jahre.

Deshalb habe ich mir überlegt vielleicht eine Ausbildung in dem Bereich zu machen

Wenn du später in einem Labor arbeiten möchtest z. B. als Laborassistent, dann wäre eine Ausbildung tatsächlich der bessere Weg. Solche Stellen bekommt man zwar auch mit einem B. sc., aber bei einer Ausbildung sammelst du auf jeden Fall mehr praktische Erfahrung, du wirst definitiv mehr im Labor stehen und dir die Techniken und Verfahren mit einer Ausbildung besser aneignen.

Wenn du eine akademische Karriere verfolgen möchtest, und das scheint ja wirklich dein Wunsch zu sein, dann kommst du an einem Studium definitiv nicht vorbei. Das Bio-Studium ist sehr vielfältig und entgegen der landläufigen Meinung hast du auch genug Möglichkeiten, draußen zu sein. Exkursionen und Bestimmungsübungen sind nach wie vor ein wichtiger Bestandteil des Studiums, wenngleich man natürlich auch viel am Rechner sitzt.

Je nachdem, welche Wahlpflichtfächer du wählst, hält sich auch das Grübeln über Zellbiologie und Auswendiglernen in Grenzen. Ich würde mich definitiv immer wieder für ein Bio-Studium entscheiden, weil es sehr abwechslungsreich, interessant ist und viele Möglichkeiten bietet, unterschiedlichen Interessen nachzugehen. Zuvor hatte ich sechs Semester Tiermedizin studiert und war am Ende todunglücjlich, weil es ein reines Auswendiglernen von Fakten war, den Wechsel hab ich nie bereut!

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Biologiestudium, Universität Leipzig
Aspartaner 
Fragesteller
 19.12.2021, 20:57

Und was machst du jetzt beruflich? Wie verdienst du dein Geld? (Hoffe das war jetzt nicht zu privat, du kannst mir auch privat antworten)

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Das Problem ist der schlechte Ruf der Biologie-Studienfächer und deren schlechten Jobaussichten.

das ist Quatsch. Und wenn es so wäre, dann hat man auch mit einer Ausbildung in dem Bereich keine besseren Aussichten wie von dir behauptet.

Studier das, worauf du Bock hast, es die nächsten 40 Jahre zu machen und spezialisiere dich im Laufe dieser 40 Jahre immer weiter, je nach Bedarf. Kein Mensch kann dir heute sagen, ob du nicht nach 10 Jahren im Beruf im Marketing, der Patentabteilung oder sonst wo weitab von dem, was du dir heute vorstellst landest.

Ich bin Biologe und kann sagen, dass es genug Arbeitsplätze gibt.

Ich habe vor 10 Jahren mein Studium mit Diplom abgeschlossen und habe danach in verschiedenen Arbeitsgruppen an der Uni geforscht. Zu einem der Projekte habe ich auch meine Dissertation geschrieben. In den 10 Jahren war ich in der Summe etwa 5 Monate arbeitslos - immer mal einen Monat, weil zwischen der Mittelfreigabe des Projekts und der Einstellung etwas Zeit verging.

Für die erste Stelle an einer Uni habe ich mich noch ganz normal mit Anschreiben und Lebenslauf beworben, aber bei den darauffolgenden Stellen lief es bei mir immer so, dass die Gruppenleiter nach Mitarbeitern ausschau hielten und ich von Kollegen und Bekannten auf die Stelle empfohlen wurde.

Jetzt will ich in die Industrie wechseln und stelle fest, dass das auch kein Problem ist. Einerseits hätte ich auch schon Kontakte in die Industrie (nach zehn Jahren in der Forschung hat man ein großes Netzwerk), allerdings sind die entsprechenden Firmen nicht da wo ich hin will. Ich habe mich mittlerweile bei ein paar Firmen beworben und kam dadurch erstmal an Recruiter, die meine Bewerbung auch auf andere Stellen weitergeleitet haben. Bei den meisten dieser Stellen kommt es dann auch zum Bewerbungsgespräch.

Ich denke ein Problem mit dem "keine Jobs für Biologen" liegt daran, dass die Stellen nicht als Biologe ausgeschrieben werden (bzw. die Stellen mit dem Titel "Biologe" sind für Ausbildungsberufe gedacht). Man muss sich eher überlegen in welchem Feld man arbeiten will (Prjektmanagement, Qualitätskontrolle, Upstream-Processing, ...) und entsprechende Keywords in die Suchmaschinen eingeben.

Bei den Jobs für Leute mit Master/Promotion geht es auch nicht mehr darum im Labor zu stehen, sondern man sitzt am Schreibtisch und wertet Daten aus oder man macht das Projektmanagement oder ...

Wenn du dich fürs Gehalt interessierst kannst du nach TVL-Rechner googlen. Mit einem Universitätsmaster bekommst du an Unis eine E13-Stelle. Ohne Promotion kriegst du in der Regel aber nur 60-67 % der Arbeitszeit bezahlt (also mit einer 67 % Stelle gäbe es im ersten Jahr 2700 €/Monat Brutto). Wenn du die Dissertation abgeschlossen hast (normalerweise 4-5 Jahre; in strukturierten Programmen oftmals nur 3 Jahre) wärst du in Alterstufe 3 und bekämst mit 100 % 4600 €/Monat brutto (bei 12,4 Monatsgehältern pro Jahr). Bei der Industrie hängt es natürlich sehr stark davon ab wo du landest; als Daumenregel kann man sagen, je weiter südlich du lebst, desto mehr wird es. Und ganz wichtig: Man kann nicht pauschal sagen, dass man in der Industrie mehr verdient - mehrere Freunde von mir bekamen in der Industrie sogar geringere Gehälter als an der Uni. Bei großen Firmen in den Großstädten lagen die Einstiegsgehälter oft um die 65000 € pro Jahr (also ein bisschen mehr als die TVL-E13), während eine Freundin in Rostock gerade mal 45000 € pro Jahr bekam (also extrem viel weniger als die TVL-E13). Ich bewerbe mich gerade in der Schweiz (da sieht es so schön aus!!!) und bekomme dort natürlich deutlich höhere Gehälter angeboten (Lebenshaltungskosten sind ja auch höher).

Wenn es dich in die Forschung zieht, dann gehe den akademischen Weg. Damit bist du erstmal 7-8 Jahre beschäftigt (Bachelor + Master + Promotion) und dann ergibt sich schon irgendwas. Dummerweise zählt man in den Naturwissenschaften mit einem Abschluss, der einem anderswo schon Ruhm & Ehre einbringt, mitunter noch gar nichts.

Dir sollte allerdings klar sein, dass du im Biologiestudium eher nicht so häufig in den Wald gehen und Blätter sammeln wirst. Sondern du wirst eher vor dem Rechner sitzen und versuchen dir zu merken, mit welchen Mechanismen sich Zellen an einer Oberfläche verankern.

Aspartaner 
Fragesteller
 17.12.2021, 10:31

Natürlich ist mir das klar. Ich habe auch Interesse an der Mathematik und Physik

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