Aus welchem Grund hat ein Psychologe seinen Beruf ausgewählt?

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23 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Eine persönliche Antwort: ich habe Psychologie studiert, weil das Fach für mich nach einem spannenden "Borderlinephänomen" zwischen Geistes- und Naturwissenschaften aussah.

Meine LKs waren Mathe und Physik und ich hatte eine Weile darüber nachgedacht Physik zu studieren. Aber aus irgend einem Grund waren mir die Fragen, die man als Physiker stellt nicht spannend genug - die Vorstellung, mich den Rest meines Lebens mit Materialeigenschaften, Quarks oder Quasaren zu beschäftigen fand ich eher langweilig. Also hab ich nach dem Zivi mit Theologie angefangen. Da ging es immerhin um grundsätzliche Fragen, die mir unter den Nägeln brannten...

Es hat allerdings nicht lange gedauert, bis ich frustriert feststellte: Es geht überhaupt nicht um den Versuch diese Fragen zu beantworten. Theologie bedeutet vielmehr die Beschäftigung damit, warum x auf jene Frage eine andere Antwort gegeben hat als y und wie er das gemeint haben könnte. Man redet halt mal drüber, aber so etwas wie Falsifikation ist im Grunde nicht möglich (also zu sagen: "Das was Du da behauptest ist Bullshit - hier ist der Beweis"; man kann die meisten Aussagen einfach nicht überprüfen).

Mein Eindruck war, dass ich mich zwischen Pest und Cholera entscheiden muss: Entweder ein naturwissenschaftliches Fach studieren und langweilige Fragen stellen, oder bei den Geisteswissenschaften bleiben und mich auf einen (nicht weniger langweiligen) Rhetorikwettbewerb einlassen. Bis mich eine Freundin ein bisschen über Psychologie aufgeklärt hat...

Wie vermutlich die meisten, ging ich bis dahin davon aus, dass Psychologie definitiv auf der "Rhetorikwettbewerb"-Seite zu verbuchen wäre. In meinem Kopf war das ein Club halbesoterischer Couchanbeter mit einer Vorliebe für sexuelle Assoziationen. Als ich mich allerdings in ein paar Vorlesungen und Seminare setzte, war ich komplett begeistert. Die Fragen, die hier gestellt wurden, waren extrem spannend: Was passiert auf der Netzhaut und im Gehirn wenn wir etwas sehen? Wie funktioniert das? Warum fällt es manchen Menschen so schwer mit dem Rauchen aufzuhören und anderen nicht? Hängt das mit bestimmten Genen zusammen? Was können Kinder schon im Mutterleib wahrnehmen und wie viel davon merken sie sich? Wird Intelligenz vererbt? Warum tut es regelrecht weh, wenn man beobachtet, wie ein anderer sich verletzt? Was passiert da im Gehirn?

Und alles war durchzogen von der Hoffnung, dass man diese Fragen irgendwie empirisch beantworten kann. Das man also Antworten geben kann, die man mit einem Experiment auf die Probe stellen kann.

Außerdem schien in dem Fach noch richtig was los zu sein. Einige der wichtigsten Methoden sind keine zwanzig Jahre alt (z.B. in der sog. fMRT und Verhaltensgenetik). Dementsprechender Pioniergeist weht(e) durch die Uniflure. So ähnlich muss es sich vor 80, 90 Jahren angefühlt haben, Physik zu studieren.

Deswegen bin ich jetzt Diplompsychologe.

seregwen  25.02.2010, 13:07

wiztiger weise (vielleicht ist es auch einfach ein prädiktor für die studienfachwahl), hatte ich auch mathe und physik lk (und geschichte). ich wollte allerdings immer mathe studieren und stellte dann fest, dass ich keine lust auf trockene mathematik für den rest meines lebens habe.

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kari6  11.07.2013, 15:47

Hallo sfz82,

ich habe gerade über deine Gründe für Psychologie Studium gelesen. Sehr interessant. Mir geht's etwas ähnlich, ich habe schon Elektrotechnik/Informatik absolviert und möchte jetzt für die Bewerbung, um eine Zulassung für die Psychologie als Zweitstudium zu bekommen, Gründe aufschreiben. Ich habe gedacht, dass solche persöhnliche Gründe wie das Interesse an sich und das andere Fach war mir zu trocken, nicht gut genug sind. Vielleicht kannst du mir schönen Ratschlag geben. Ich wollte es persöhnlich abschicken, weiss nicht wie man das hier macht, ich kann nähmlich leider keinen Empfänger hinzufügen. Vielen Dank

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Sicherlich ist jede Antwort, von Jemanden, der Psychologie studiert, die individuell wertvollste, um es aus der Sicht des Psychologen selbst zu sehen. Ich würde mir wünschen, dass es Gründe waren, die durchaus menschenfreundlich sind und waren, und die auch durch Tests begründet und bestätigt wurden, psychologische und analytische Fähigkeiten zu haben. Leider wird besonders in der Psychologie der Grund, ein Psychologe zu werden, gänzlich anders beschrieben, und somit auch abgewertet. Ich bin nicht der ansicht, dass dies immer der Fall ist, deshalb muß man selbst herausfinden, ob eine therapie einem wirklich hilfreich erscheint, oder ob man das Gefühl bekommt, benutzt zu werden?

wenn man davon ausgeht, dass ein psychologe nur dann den beruf wählt, weil er selber psychische probleme hat, dann kennt man den beruf nicht. psychotherapeut ist nur eine möglichkeit von vielen unterschiedlichen betätigungsfeldern. würde man davon ausgehen, dass jemand, der lektor bei einem verlag für fachbücher ist oder der mitarbeiterbefragungen durchführt, das macht, weil er psychisch krank ist oder war? eher nicht! der beruf wird gewählt wie jeder andere auch: man meint, man hat was davon und das muss nicht unbedingt die möglichkeit zur "eigentherapie" sein oder weil man anderen helfen möchte. spaß am experimentieren wäre eine andere möglichkeit.

Na, das ist nicht anders, als warum ein Arzt Arzt wird oder ein Ingenieur Ingenieur oder ein Bäcker Bäcker.

Es ist das Interesse für das Fach, das einen zum Studium bewegt. Und der Beruf, der daraus resultiert, ist dann fast vorgegeben.

Der Mensch ist eine besondere Schöpfung der Natur. Die Entscheidungen, die er trifft sind interessant. Wie er sich in seinem sozialen Umfeld verhält und aus welchen Beweggründen (moralisch, idealistisch, manipuliert) er sich entscheidet ist für viele Interessant. Außerdem bringt es eine Menge Geld.