Blickwechsel 02. Juni 2022
Deine Fragen an eine asexuelle Person
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Wie kann man sich sicher sein, dass man asexuell, greysexuell oder demisexuell ist oder ob es an etwas anderem liegt?

4 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Hallo Mermaid,

Ich denke, wirklich sicher sein, dass es nicht doch an irgendwas anderem liegt, kann man sich nie sein. Die Frage ist aber: muss man das überhaupt? Reicht es nicht, sich einfach so zu fühlen? Solange man keinen Leidensdruck hat, ist das ja nicht schlimm.

Ich denke, wenn das allerdings noch nie wirklich anders war, wenn man sich vielleicht auch schon mal verliebt hat und es dennoch so ist, wenn man zum Beispiel keine Traumata hat, kann man sich schon recht sicher sein. Ich persönlich fände es auch nicht schlimm, wenn man das Label für sich selber verwendet und dann nach ein paar Jahren doch anders fühlt. Solange es passt, passt es.

Da ich inzwischen 30 bin, eine Liebesbeziehung hatte, schon mehrfach verliebt war und trotzdem noch nie den Wunsch nach Sex hatte und immer noch nicht weiß, wie sich sexuelle Anziehung eigentlich anfühlen müsste – und ein Trauma auch relativ sicher ausschließe – ich bin mir sicher, was sollte es sonst sein?

bestimmte Fetische nicht auslebt,

Dann würde man ja wenigstens den Wunsch danach mal bemerkt haben. Würde man ja Phantasien haben.

Depressiv,

Nun, ich bin kein Psychologe, aber Depressionen sind ja nicht immer gleich stark, das heißt, es würde dann zumindest phasenweise eben doch Lust auftreten.

verklemmt, schüchtern

Dann würde man den Wunsch/ das Bedürfnis trotzdem haben, ihn nur nicht zum Ausdruck bringen.

Viele denken ja bei Asexuellen gleich auch, dass diese aromatisch seien.

Ja, wobei es da natürlich auch einige gibt die beides sind – und kaum jemand auf dem Schirm hat, das Aromantik auch ohne Asexualität vielleicht ein gar nicht seltenes Phänomen ist – (Freundschaft + und ähnliches – hinter sowas kann auch Aromantik stecken)

Das heißt, man hört Aromantik fast immer nur im Zusammenspiel mit Asexualität, deswegen verknüpfen es viele. Dazu kommt, die Trennung romantische Ausrichtung und sexuelle machen viele nicht, weil es bei ihnen gleich ist.

Wann hast du es bei dir gemerkt?

Gemerkt – das ist schwierig zu sagen, ich hatte mal eine Phase mit 14/15 wo ich über Sexualität nachgedacht habe, aber nur ganz kurz. Nachdem ich ausgeschlossen hatte, dass ich auf Mädels stehe, habe ich nicht weiter drüber nachgedacht und hatte ehrlich gesagt bis zu meiner (ersten) Beziehung mit ca 22 auch immer den Glauben, dass alle so wären und das Thema nur aus unverständlichen Gründen aufbauschen würden. Ich habe es also zwar gefühlt, aber nicht bewusst auch gewusst, das habe ich dann erst, als ich mich wirklich mal mit dem Thema auseinandersetzen musste im Zuge meiner nicht-asexuellen Beziehung, erst da wurde mir auch klar: andere finden das wirklich wichtig und haben da ein Bedürfnis nach.

Hast du Tests gemacht

Ich habe irgendwann mal das Wort gefunden, über eine google-Suche, habe dann zwei Erfahrungsberichte durchgelesen und wusste: ich würde es anders schreiben, aber das ist 100% das, was ich fühle. Von daher, Tests waren da für mich nie nötig.

Da es einige im Netz rumgeisternd gibt, habe ich allerdings zwei drei Spaßeshalber trotzdem mal duchgespielt – bei dem einen hatte ich dann mal 57 von 60 möglichen Punkten und dachte mir: jop, das war jetzt nicht überraschend.

oder bist du zum Psychologen gegangen deshalb?

Nein, ich bin ein Mensch, der eher selber reflektiert, sich dabei aber nicht wirklich auch Gedanken macht, ob jemand helfen müsste, vor allem, weil ich bei dieser Frage meine Gefühle immer richtig und unproblematisch fand – auch wenn ich ihnen eine zeitlang mal misstraut habe – von daher: ich war noch nie bei einem Psychologen – und vor allem damit nicht, denn wo nichts ist, was problematisch ist, damit braucht man auch keine Hilfe.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Ich bin selber asexuell.

Ich glaube, dass man solche Sachen im Kontakt mit anderen Menschen merkt. Entweder wird man horny wenn man jemanden sexy findet, oder man wird halt nicht horny.

Durch das nur darüber Nachdenken, ist man vielleicht verwirrt - Aber bei Face to Face mit Männern oder Frauen, die einem gefallen, finde ich, dass man schnell spürt, welche Sexualität man hat.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung

Die Sexualität bezieht sich ja darauf, was für eine Anziehung man anderen gegenüber empfindet. Nicht auf die Libido. Ich denke, ein sexueller Mensch hätte auch trotz solcher Probleme schon mal in seinem Leben sexuelle Anziehung empfunden. Wenn er das noch nie hat und die Pubertät vorbei ist, denke ich, dass die Wahrscheinlichkeit groß ist, dass man asexuell ist.

Wie kann man sich sicher sein, dass man asexuell, greysexuell oder demisexuell ist oder ob es an etwas anderem liegt, dass man nie oder kaum Lust hat?

Wie kann sich jemand, der heterosexuell ist, sicher sein, dass er nur auf das andere Geschlecht steht und nicht auch auf sein eigenes?

Man ist sich nie hundertprozentig sicher, aber nachdem man sich ausreichend damit beschäftigt hat doch schon recht überzeugt.
Aber das kann natürlich auch von Person zu Person unterschiedlich sein.

Was Graysexualität und Demisexualität angeht wird sich das genauso verhalten, wie bei Asexualität nehme ich an, aber sicher sagen kann ich das nicht, denn ich identifiziere mich als asexuell.

Wann hast du es bei dir gemerkt?

Mir wurde das einige Wochen oder Monate, nachdem ein Gespräch Ende Februar 2021 mit guitschee <3 eine Reihe von Ereignissen in Gang setze, klar, in deren Kontext ich mich auch intensiver mit der Thematik auseinandersetzte.

Hast du Tests gemacht oder bist du zum Psychologen gegangen deshalb?

Ich bezweifle, dass Psychologen Tests auf Asexualität anbieten. Die Forschung ist da noch lange nicht weit genug fürchte ich.

Was ich aber habe und was, laut nicht-repräsentativer Onlineumfragen (irgendwas von AVEN war das glaube ich) wohl auch mit Asexualität korrelieren kann (was sich durchaus auch mit anderen Studien decken könnte, die von Korrelationen sowohl mit Hyper- als auch Hyposexualität sprechen), ist ADHS.
Nach eigener Einschätzung würde ich auch durchaus behaupten, dass einige Asexuelle neurodivergent sind, dass da durchaus Zusammenhänge bestehen. Ich könnte mich aber auch irren, da müsste man wissenschaftliche Studien zu abwarten.

bestimmte Fetische nicht auslebt

Man kann Fetische habe und gleichzeitig asexuell sein, das schließt sich nicht aus.

Schwierig kann die Einordnung aber natürlich dann werden, wenn die Fetische explizit Sex beinhalten (wenn sie das, je nach Definition, überhaupt dürfen).

verklemmt, schüchtern oder sonst was ist.

Wer verklemmt oder schüchtern ist hat ja dennoch das Verlangen nach Sex. Bei Asexuellen ist dieses Verlangen nicht vorhanden.

Dass man schlimme Erlebnisse hatte, [...] depressiv

Zu Traumata wurde etwas unter folgender Frage geschrieben:

https://www.gutefrage.net/frage/hattest-du-ein-trauma-oder-kam-die-asexualitaet-einfach-so

Bei Depressionen wäre es wohl so, dass eine betroffene Person durchaus Schwierigkieten haben könnte, zu erkennen, ob sie asexuell wäre, solange sie sich in einer depressiven Episode befindet.
Da Depressionen aber Probleme in vielen Lebensbereichen verursachen, wäre diese für sich selbst erkennbar und könnte somit eindeutig von Asexualität unterschieden werden, wenn man denn das nötige Wissen und die nötige Motivation dazu besitzt.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Ich identifiziere mich seit Anfang 2021 als asexuell.
Mermaid1996 
Fragesteller
 02.06.2022, 21:50

Hallo, danke für deine Antwort! Stimmt, aber zumindest bei hetero bin ich 100% sicher, dass ich nur auf Männer stehe. Ich war in meinem Leben auch schon oft verliebt. Frauen ziehen mich 0 an. Dieses Sexuelle verwirrt mich alles total. Ich blicke da nicht mehr durch, auch was Orgasmus etc. betrifft. LG!

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Destranix  03.06.2022, 07:24
@Mermaid1996
Dieses Sexuelle verwirrt mich alles total. Ich blicke da nicht mehr durch, auch was Orgasmus etc. betrifft.

Ja, ist auch oft etwas scher durchschaubar, gerade da das zumeist mehr Gefühle oder Unterbewusstes ist und die Forschung auch nicht wirklich weit genug dahingehend ist, um unterstützend beim Verständnis zu agieren.

Ich könnte dir nicht einmal sicher sagen, ob das, was ich als Orgasmus wahrnehme, das ist, was andere als Orgasmus wahrnehmen. Aber ich baue mir da eine rationale Definition.
Einen Orgasmus würde ich beispielsweise über den "point-of-no-return" definieren, also den Punkt, ab dem eine Reaktion (beim Mann die Ejakulation) nicht mehr zu verhindern ist. Aber das wird sich wahrscheinlich bei Frauen unterscheiden, keine Ahnung, ob die da etwas wahrnehmbares oder so einen "point-of-no-return" haben. (Kann man aber ausprobieren, indem man versucht, möglcihst nah an einen Orgasmus zu kommen, diesen selbst aber zu vermeiden. Das wird einem nicht immer gelingen und eben dadurch kann man eine Grenze definieren.)

Falls du weitere konkrete Fragen hast, kann ich da evtl. auch helfen.

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Mermaid1996 
Fragesteller
 06.06.2022, 23:57
@Destranix

Alles klar, danke dir! 😀

Ich habe auch noch nie normale Pornos geschaut oder mich selbst befriedigt. Wobei ich aber andere Filmchen anschaue und auch eine andere Art habe, mich zu befriedigen, was auch mit Fetischen zu tun hat. Das erzähle ich aber niemandem. Ich falle definitiv auch aus der Reihe 😂

Mit Orgasmen weiß ich es nicht, ob das wirklich welche waren oder nicht. Ich finde das ganze Thema einfach total verwirrend. Ich würde mich nicht der Mehrheit zuordnen.

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Destranix  07.06.2022, 07:44
@Mermaid1996
Ich habe auch noch nie normale Pornos geschaut oder mich selbst befriedigt.

Also Pornos habe ich auch noch nie gesehen. Schaue mir stattdessen lieber weniger anzügliche Bilder an oder auch solche, die mit Fetischen zusammenhängen oder lese mir Fetischgeschichten durch.

Meine Selbstbefriedigung sieht auch etwas anders aus als normal (wohl im Endeffekt einerseits dem geschuldet, dass ich damit schon früh anfing und es deshalb so gewohnt war, andererseits wohl auch meiner Phimose geschuldet).
Und seit nicht allzu langer Zeit weiß ich auch mit ohne physische Stimulation zum Orgasmus zu bringen (im Endeffekt aber wohl mehr Fluch als Segen, denn eigentlich wollte ich ja auf Ejakulationen verzichten und das geht einfacher, wenn man sich nur vom Masturbieren abhalten muss).

Mit Orgasmen weiß ich es nicht, ob das wirklich welche waren oder nicht.

Da müsste es einen Peak gegeben haben, der auffallen müsste iirc.

Also bei mir ist es so, dass der Orgasmus zumeist entspannend ist, Erregung abbaut und dafür sorgt, dass der Teil, der danach strebt, gesättigt ist, zumindest für kurz. (Muss aber nicht immer der Fall sein.)
Bei Frauen gestaltet sich das aber wohl schwieriger nehme ich an, da gibt es wohl eine weniger signifikante Sättigung, was sich auch in der zumeist deutlich kürzeren Refraktionszeit wiederspiegelt.

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