Warum sind Religionen sexualfeindlich?

15 Antworten

Religionen sind gar nicht grundsätzlich sexualfeindlich, wieso denkst du das?

Gut, es kommt natürlich darauf an, wie du das definierst. Wenn du jeden als sexualfeindlich verstehst, der es nicht super findet, wenn du z.B. jeden Tag im Puff und im Swingerclub bist, schon zehnmal abgetrieben hast, es mit mehreren gleichzeitig und mit allen treibst (um es mal überspitzt zu formulieren), dann bist du in der Tat bei nahezu allen Religionen an der falschen Adresse.

Jedoch gilt Sex nicht grundsätzlich als schlecht, auch in Christentum/Islam usw. nicht.

Nur ist es so, dass die abrahamitischen Religionen ganz klar sagen, Sexualität sollte sich in einem ethisch und moralisch vertretbaren Rahmen abspielen.

Es variiert auch von Konfession zu Konfession, wie die Regeln genau definiert sind, so ist der Katholizismus antisexueller als der Protestantismus, wo es keine Klöster gibt und auch für die Geistlichen kein Zölibat gilt.

Gemeinsam ist, dass Sex nur in der Ehe stattfinden sollte, und zwar mit dem Ehepartner/der Ehepartnerin. Bei liberalen Gläubigen wird es so gesehen, dass Sex auch in einer festen monogamen Beziehung ok ist.

JojoR526  18.06.2020, 10:51

Naja aber der Zölibat ist ja ne freie Entscheidung, die man trifft wenn man erwachsen ist, da ist man dann selbst dran schuld nicht die Religion 😝

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Meist ist die Tradition und Religion schwer zu unterscheiden. In den meisten Fällen hindert die Tradition und das konservative Denken die Menschen daran neue Dinge zu akzeptieren, auch wenn die religiösen Schriften und erzählungen diese Neuerung nicht explizit ausschließen.

Woher ich das weiß:Hobby – Ich bin ein Junge und habe Internetzugang.
Atoro44 
Fragesteller
 10.10.2019, 18:01

Stimmt Tradition ist noch wichtiger für die Leute als Religion.

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scatha  22.10.2019, 15:34

Ich denke das ist Absicht, beides zu vermischen. Teilweise gute, teilweise schlechte.

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Es geht den Religionen darum, dass die Priesterkaste über den Menschen herrscht. Und dass es immer einen Grund gibt, damit man sich schuldig fühlen muss, und wie geht das einfacher als durch Eingriffe in die Grundbedürfnisse? Es gibt auch eine Religion, den Hinduismus, die das etwas anders sieht. Hier in unseren Kulturkreisen ist es das Christentum und der Islam die dem Menschen auch über seine Gedanken bestimmen wollen, besonders wenn es um Sex und Intimitäten geht. Wobei der Islam beim Christentum abgeschaut hat.

Beim Christentum war es auch Saul/Paulus der bestimmte was sein darf und was nicht, er war ein Römer und hatte deren damaligen Ansichten über die Ehe. Geheiratet wurde bei den Römern nicht aus Zuneigung, sondern aus Kalkül, vor allem, um durch männliche Nachkommen den Fortbestand der Familie des Ehemannes zu sichern, was Liebesheiraten nahezu ausschloss. Dementsprechend klar definiert war auch die gesellschaftliche Rolle der Römerin als Gebärerin. Allerdings galten Mädchen bereits mit zwölf (siehe Islam...) als viripotens, also "in der Lage, einen Mann zu empfangen", Jungen mit 14 als zeugungsfähig. Das galt auch damals im Christentum, schließlich steht nicht in der Bibel, wie alt ein Mädchen sein muss wenn es reif für die Ehe ist. (Maria soll 14 gewesen sein als sie mit Jesus schwanger war...)

Viele der alten Völker betrachteten die Macht des Sexualität als etwas Dämonisches, als eine von bösen Geistern beherrschte Kraft. Vor allem die Frau galt als triebhaft und daher als Einbruchsstelle für böse Geister. Darüber hinaus verbreitete sich im frühen Christentum die Ansicht, dass Adam aufgrund von Evas Schuld sterben musste; Eva habe die Sünde in die Welt gebracht. Saul/Paulus, der nicht verheiratet war, wurde häufig so verstanden, dass er die Ehe als notwendiges Übel betrachte, um der Unzucht entgegenzuwirken. Er bewertete die Ehe jedoch nicht per se negativ und schrieb die Ehelosigkeit nicht vor, sondern warnte in erster Linie vor außerehelicher Unzucht.

Der erste christliche Autor, der den der Hauptzweck der Ehe in der Zeugung von Nachkommen sah, war Tertullian (gest. ca. 220). Die mit dem Geschlechtsverkehr verbundene Lust bedeutete seiner Ansicht nach Sünde, daher sprach er sich für die Unterdrückung jedes natürlichen Lustempfindens aus. Völlige Enthaltsamkeit erschien ihm als die beste Lebensweise. Einer der Gründe, so zu denken, war neben der Übernahme der stoischen und platonischen Philosophie die Erwartung des baldigen Weltendes. Deshalb achtete Tertullian die Jungfräulichkeit, die „Brautschaft mit Gott“🤩, höher als die Ehe.

Klemens von Alexandrien (gest. ca. 217) bemühte sich, zwischen dem christlichen Glauben mit der antiken Philosophie zu vermitteln. Dabei übernahm er aus der Gnosis, einer dualistischen Strömung, die auf religiöse Erkenntnis abzielte, den Hass gegen die Welt und den Körper. Die Fortpflanzung betrachtete er als Pflicht der Eheleute, denn Gott hatte befohlen: „Vermehret euch!“ Die Sexualität dabei auch zu genießen, war seiner Ansicht nach vernunftwidrig und sündhaft. Er schrieb: „Über die Begierde herrschen, gegen den unteren Menschen ein Despot sein, das ist die edelste Herrschaft.“

Ein weiterer christlicher Autor, Origenes (gest. ca. 254), ging davon aus, dass der Sündenfall von Adam und Eva ein sexuelles Vergehen gewesen sei. Dieses belaste als Erbsünde alle Nachkommen.

Der einflussreichste Theologe der Antike, der die Ehelehre des Mittelalters am stärksten prägte, war Augustinus von Hippo (gest. 430). Augustinus trat im Jahr 386 zum Christentum über, womit für ihn persönlich der Entschluss zur Enthaltsamkeit verbunden war. Laut Augustinus war das Böse, die Erbsünde, durch den urzeitlichen Sündenfall im Paradies entstanden. Er betrachtete es als Strafe Gottes, dass der Mensch Begehrlichkeit empfinde und nicht über seine Geschlechtsorgane verfügen könne, wie er über seine anderen Glieder verfüge. Diese Deutung der Ursünde nach Augustinus wurde zur offiziellen Lehre der Kirche und gilt noch heute.

Siehe 1. Korinther 7, 8-9, wo der Saul/Paulus sagt: "Den Unverheirateten und den Verwitweten sage ich: Es ist am besten, wenn sie meinem Vorbild folgen und allein bleiben. Aber wenn ihnen das zu schwer fällt, sollen sie heiraten. Das ist besser, als wenn sie von unbefriedigtem Verlangen verzehrt werden."

Und nochmal Saul/Paulus: "Die Ehe soll von allen geachtet werden. Ihr dürft das Ehebett nicht durch Untreue beflecken; denn Gott wird alle verurteilen, die Unzucht treiben und Ehebruch begehen." - Hebräer 13, 4

http://www.mittelalter-entdecken.de/sexualitaet-christentum/

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Woher ich das weiß:Recherche
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Atoro44 
Fragesteller
 10.10.2019, 16:23

Das geht soweit das Mord weniger schlimmer ist als zum Beispiel Sex außerhalb von der Ehe, oder Homosexualität. Tolle Moral, nicht wahr?

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joerosac  10.10.2019, 16:29
@Atoro44

Ich meine, dass Mord so ziemlich gleich wie Homosexualiät gehandelt wird, zumindest im Katholizismus. Aber heute sagt ja einer etwas anderes als der andere, schließlich gibt es im Christentum ca. 42.000 Konfessionen, und da soll noch einer durchblicken?

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Atoro44 
Fragesteller
 10.10.2019, 16:30
@joerosac

Allerdings waren nicht alle Kulturen gegen Homosexualität. Zumindest nicht so extrem dagegen in der Geschichte.

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joerosac  10.10.2019, 16:38
@Atoro44

Ja, bei den Römern gab es das, bei den alten Griechen auch. In den Veden, den heiligen Schriften der Hindus, sind alle Formen der Sexualität erlaubt. Im Buddhismus gibt es keine einheitliche Meinung, aber auch keinen Streit über das Thema Homosexualität. Viele Buddhisten betrachten es eher gelassen. Die allermeisten akzeptieren auch die gleichgeschlechtliche Liebe. Buddha war klug genug, sich weitgehend aus unseren Schlafzimmern herauszuhalten.

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Atoro44 
Fragesteller
 10.10.2019, 16:38
@joerosac

Wichtig ist das es im Einverständnis passiert, und das es sicher und hygienisch ist.

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joerosac  10.10.2019, 16:41
@Atoro44

Ja, wenn man schwul ist sollte man schon aufpassen. Ich bins nicht. Und ich sage "Gott sei Dank", weil ich auch dadurch keine Probleme habe oder mir Gedanken machen muss.

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Atoro44 
Fragesteller
 10.10.2019, 16:43
@joerosac

Ich kann zum Beispiel verstehen warum es Sinvoll ist nicht mehr als 1 Partner zu haben. Ganz einfach weil sonst schnell sich Krankheiten verbreiten. Gerade früher war das wichtig.

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scatha  22.10.2019, 15:33
@Atoro44

Ja, ein "politisches Verbrechen" wird traditionell immer härter als Mord bestraft.

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ulrich1919  10.10.2019, 18:31

Schöne detaillierte Antwort! Ich hoffe, dass der Fragesteller diese entsprechend wertschätzt!

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Sie sind nicht sexualfeindlich.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung

Ich denke, das muss man historisch sehen. Die abrahamitischen Religionen (und die parsische Religion Zarathustras) gab es ja nicht schon immer, sie sind im Gegenteil noch recht jung, keine viertausend Jahre alt.Sie zeichnen sich nicht nur dadurch aus, dass sie nur einen oder wenigstens ganz wenige Götter verehren, sondern vor allen dadurch, dass ihr Gottesbild rein männlich ist. Es sind die Religionen des Patriarchats und haben sich mit ihm durchgesetzt.

Denn auch das Patriarchat ist nicht älter. Zuvor, in der Jungsteinzeit, wurden vor allem weibliche Gottheiten verehrt, z.B. die dreifaltige Göttin in Gestalt der alten Königin, der fruchtbaren Frau und der Jungfrau. Ihr Symbol war der Mond. Oder auch Astarte oder Ischtar, die große Fruchtbarkeitsgöttin des Nahen Ostens.

Diese weibliche Göttin war nicht nur Göttin der Fruchtbarkeit, sondern (natürlich) auch der Sexualität. Ihr Kult war sicher nicht auf Sexualität beschränkt, aber Sexualität gehörte immer auch zu ihrem Kult. Der wurde an hohen Festtagen begangen, und auch nur dann trafen sich Männer und Frauen. Während nämlich die Frauen Ackerbau betrieben, zogen die Männer als Nomaden mit den Viehherden. Die Frauen verehrten die großen Göttinnen, die Männer kleine Götter wie Hermes, den Gott der Steinhaufen.

Diese Zeit war eine matriarchalische Epoche. Selbstverständlich wurden das Ackerland und die Königinnenwürde in weiblicher Linie vererbt. Auch im AT sind noch Spuren davon zu finden: "Darum soll der Mann Vater und Mutter verlassen und dem Weibe anhangen" (Gen2), Warum der Mann? Weil die Frau den mütterlichen Hof erbte!

Erst in der Brozezeit, als die Menschen sich so weit vermehrt hatten, dass das Weideland knapp wurde, andererseits aber der Bronzepflug erfunden wurde, der tief in die Erde eindringt und die Kraft eines Mannes erforderte, bleiben die Männer bei Hofe und zogen mit den Frauen langsam, langsam gleichauf. Schließlich setzten sie sich gegen die Frauen durch. Symbol dafür sind Sarah und Abraham: Sarah verlässt ihr Ackerland und zieht mit Abram, und Abraham bricht mit der alten matriarchaischen Sitte und opfert seinen Sohn eben nicht.

Mit dem Patriarchat gewinnt auch die Verehrung eines männlichen Gottes langsam an Gewicht. Das heißt aber nicht, dass von sofort an nur ein männlicher Gott verehrt wurde. Die Frauen und wohl auch die meisten Männer verehrten mit ihren Hausaltären bis weit in die Königszeit hinein noch immer die weibliche Gottheit der Fruchtbarkeit und der Sexualität. Deren Verteufelung war für den Kult des einen männlichen Gottes also ein Frage der eigenen Durchsetzung.