Hey mir ging/geht es ziemlich ähnlich wie dir! :) Ich schreibe jetzt mal, wie das bei mir so war/ist und vielleicht erkennst du dich ja in einigen Punkten wieder:
Ich habe mich mein ganzes Leben lang extrem für Jungs interessiert. Einen Freund hatte ich aber nie, da es irgendwie nie geklappt hat. Mit 15/16 habe ich dann plötzlich angefangen, mich für Mädchen/Frauen zu interessieren und dachte eine Weile lang, ich sei lesbisch. Irgendwie habe ich die Idee dann aber wieder verworfen und das Ganze als Phase abgestempelt. Ich habe mich wieder extrem für Jungs interessiert, bis ich mich schliesslich mit 17 in ein Mädchen verliebt habe und so starke Gefühle für sie hatte wie für niemanden zuvor. Da habe ich mich eine Weile lang als bisexuell bezeichnet. Mittlerweile kann ich mir aber mit Männern überhaupt nichts mehr vorstellen (es ekelt mich auch irgendwie an). Ich bin jetzt 18 und identifiziere mich als lesbisch. :)
Ich muss rückblickend sagen, dass es schon damals, als ich mich noch für komplett hetero gehalten habe, gewisse Anzeichen für meine Homosexualität gab. Ich denke, dass ich gewisse Mädchen, mit denen ich unbedingt befreundet sein wollte oder Lehrerinnen, die ich extrem bewundert habe, doch etwas mehr mochte, als ich damals dachte. Und irgendwie hat mich das Thema Homosexualität schon immer interessiert. Gab es bei dir vielleicht auch Anzeichen, die du erst jetzt als solche erkennst?
Ich war immer sehr verrückt nach Jungs, aber ich denke, dass das zum Teil auch daher kam, dass ich meine Homosexualität unterbewusst verdrängt habe. Ich habe krampfhaft nach einem Freund gesucht und mich in Schwärmereien richtig reingesteigert. Der Gedanke, mit einem Mädchen etwas zu haben, hat mich sogar angeekelt und ich war immer sehr darauf bedacht, allen zu zeigen, dass ich NICHT homosexuell bin. Wenn ich mich ganz selten mal dabei ertappt habe, wie ich an Lesben gedacht habe, musste ich mir immer selbst versichern, dass ich nicht so bin. :D Das kam wahrscheinlich einerseits davon, dass ich im Allgemeinen Angst davor hatte, anders zu sein und andererseits, dass mir einfach immer vermittelt worden ist, dass Mädchen Jungs lieben und eine Familie aus Mutter, Vater und Kindern besteht.
Ich bin immer noch recht feminin (und möchte das auch bleiben), aber ich kann auch gut nachvollziehen, dass du dich nicht mehr so feminin kleiden willst. Vielleicht könnte das ja auch daher kommen, dass man als Lesbe weniger den Zwang dazu hat, feminin zu wirken (viele heterosexuelle Frauen geben sich ja auch extra feminin, um den Männern besser zu gefallen) und man, wenn man sowieso schon von der Sexualität nicht in die gesellschaftlichen Normen hineinpasst, sich vielleicht auch mehr traut, anders zu sein. Ausserdem wird man vermutlich auch eher als Lesbe erkannt, wenn man nicht so feminin auftritt (mich halten leider alle für hetero :D).
Vielleicht waren deine Beziehungen mit Männern ja auch gerade wegen deiner Homosexualität so kurz. Vielleicht hast du ja unterbewusst gemerkt, dass etwas fehlt und das nicht die grosse Liebe sein kann. Wenn man lesbisch ist, heisst das ja nicht, dass man sich vor Männern ekelt. Man kann ja auch als Lesbe eine Beziehung mit einem Mann führen, die nicht mal so schlecht ist und erst, wenn man sich dann mal in eine Frau verliebt, merken, dass Männer einfach nicht das richtige waren, weil es (also nicht mal unbedingt eine Beziehung, sondern auch einfach die Gefühle, die man empfindet) sich mit Frauen einfach viel, viel toller anfühlt. Da kommt dann plötzlich das grosse Erwachen. Es gibt auch Frauen, die ihre Homosexualität erst bemerken, wenn sie schon jahrelang mit einem Mann verheiratet sind und Kinder haben. Da gibt es keinen bestimmten Zeitpunkt. Und vielleicht war bei dir unterbewusst die Idee, dass du auf Frauen stehst, ja schon da und ist dann durch irgendein Ereignis (z.B. eine Frau, die du anziehend fandest) in dein Bewusstsein gelangt. Vielleicht war das also alles gar nicht so plötzlich, wie es auf dich gewirkt hat. Wie hast du denn gemerkt, dass du auf Frauen stehst? Wann hattest du zum ersten Mal den Gedanken und wodurch wurde er ausgelöst?
Natürlich werden sich jetzt zuerst mal viele Leute wundern, dass du homosexuell bist, was dich dann wiederum verunsichern könnte. Wenn du dich wohl fühlst mit der Bezeichnung "lesbisch", dann kannst du das den Leuten aber ruhig so sagen und sie werden sich dann irgendwann daran gewöhnen. Bist du schon geoutet? Wenn du dann später doch nicht mehr mit der Bezeichnung "lesbisch" zufrieden sein solltest, kannst du sie ja auch jederzeit ändern. Meiner Meinung nach kann sich die sexuelle Orientierung - zumindest ein bisschen - verändern. Also wenn du dich jetzt als lesbisch outest, brauchst du keine Angst davor zu haben, dass die Bezeichnung für dich vielleicht irgendwann nicht mehr passen könnte. Ausserdem sollte man sich ja eh nicht unbedingt in eine Schublade stecken. Geniesse einfach dein Leben!
Ich hoffe, ich konnte dir ein bisschen helfen und dir zeigen, dass du nicht die einzige bist. Ich wünsche dir ganz viel Glück und Spass dabei, deine Homosexualität zu erkunden und auszuleben. Du kannst mich auch jederzeit gerne anschreiben, falls du noch Fragen hast oder dich weiter austauschen möchtest! :)