Die Völker und ihre Sprachen 18 Die Sprachen, in denen die Bibel ursprünglich geschrieben wurde, waren, auf lange Sicht gesehen, ebenfalls für ihren Fortbestand nicht förderlich. Die ersten 39 Bücher wurden überwiegend in Hebräisch, der Sprache der Israeliten, geschrieben. Hebräisch war jedoch nie weit verbreitet. Wäre die Bibel nur in dieser Sprache vorhanden gewesen, hätte sie lediglich auf die jüdische Nation und die wenigen Ausländer, die Hebräisch lesen konnten, Einfluß ausüben können. Im dritten Jahrhundert v. u. Z. begann man jedoch, für die Hebräer, die in Alexandria (Ägypten) lebten, den hebräischen Teil der Bibel ins Griechische zu übersetzen. Griechisch war damals die international gebräuchliche Sprache. Auf diese Weise wurde die hebräische Bibel für Nichtjuden leicht zugänglich.
19 Zur Zeit der Entstehung des zweiten Teils der Bibel war die griechische Sprache immer noch sehr weit verbreitet, so daß die letzten 27 Bücher der Bibel in dieser Sprache aufgezeichnet wurden. Doch nicht jeder konnte Griechisch verstehen. Daher wurde schon bald sowohl der hebräische als auch der griechische Teil der Bibel in die Alltagssprachen der damaligen Zeit wie zum Beispiel Syrisch, Koptisch, Armenisch, Georgisch, Gotisch und Äthiopisch übersetzt. Die offizielle Sprache des Römischen Reiches war Latein, und es entstand eine solche Vielzahl von lateinischen Übersetzungen, daß eine autorisierte Übersetzung in Auftrag gegeben werden mußte. Diese wurde um das Jahr 405 u. Z. fertiggestellt und als Vulgata bekannt (was „verbreitet“ oder „gewöhnlich“ bedeutet).
20 Auf diese Weise wurde die Bibel trotz vieler Widerstände bis in die ersten Jahrhunderte u. Z. bewahrt. Diejenigen, die sie verfertigten, waren verachtete und verfolgte Minderheiten, die in einer feindlichen Welt ein hartes Leben führten. Die Bibel hätte durch das Abschreiben stark verändert werden können, aber das war nicht der Fall. Auch wurde die drohende Gefahr abgewendet, daß die Bibel nur für Menschen zugänglich war, die bestimmte Sprachen beherrschten.
21 Warum wurde der Bibel das Überleben so schwer gemacht? In der Bibel heißt es: „Die ganze Welt liegt in der Macht dessen, der böse ist“ (1. Johannes 5:19). Angesichts dessen war mit einer feindlichen Einstellung der Welt gegenüber der Veröffentlichung der Wahrheit zu rechnen, und so war es auch. Aber wieso konnte die Bibel die Zeit überdauern, wenn doch so viel andere Literatur, deren Existenz nicht in dieser Weise bedroht war, in Vergessenheit geriet? Die Bibel gibt auch darauf die Antwort: „Das von Jehova Gesagte bleibt für immer“ (1. Petrus 1:25). Wenn die Bibel wirklich Gottes Wort ist, kann keine menschliche Macht sie vernichten. Und genau das hat sich bis in unser 20. Jahrhundert bewahrheitet.
22 Im vierten Jahrhundert u. Z. geschah jedoch etwas, was neue Angriffe gegen die Bibel heraufbeschworen und den Lauf der Geschichte Europas nachhaltig beeinflußt hat. Nur zehn Jahre nach Diokletians Versuch, alle Exemplare der Bibel zu vernichten, änderte sich die kaiserliche Politik, und das „Christentum“ wurde offiziell anerkannt. Zwölf Jahre später, 325 u. Z., hatte ein römischer Kaiser den Vorsitz bei dem „christlichen“ Konzil von Nizäa. Warum sollte sich eine scheinbar günstige Entwicklung als gefährlich für die Bibel erweisen? Die Antwort wird im nächsten Kapitel gegeben. [Fußnoten] In diesem Buch werden an Stelle von „v. Chr.“ und „n. Chr.“ die genaueren Bezeichnungen „v. u. Z.“ (vor unserer Zeitrechnung) und „u. Z.“ (unserer Zeitrechnung) verwendet. Nicht alle Handschriften, die am Toten Meer gefunden wurden, stimmten so genau mit dem überlieferten Bibeltext überein. Einige wiesen relativ viele Textvarianten auf. Diese Abweichungen bedeuten jedoch nicht, daß die wesentliche Aussage des Textes entstellt wurde. Gemäß Patrick W. Skehan von der Catholic University of America handelt es sich bei den meisten um eine „Überarbeitung [des biblischen Textes] auf der Grundlage seiner eigenen inneren Logik, so daß er zwar in der Form umfangreicher wird, aber vom Inhalt her der gleiche bleibt . . . Die Grundhaltung ist eine hohe Achtung vor einem Text, der als heilig betrachtet wird, der Standpunkt, die Bibel durch die Bibel zu erklären, und zwar durch eine einfache Übertragung ihres Textes (wie wir es bezeichnen würden) Ein anderer Kommentator fügt hinzu: „Trotz aller Unsicherheiten bleibt als wesentliches Faktum bestehn, daß der Text, der uns heute zur Verfügung steht, im wesentlichen den genauen Wortlaut der Autoren wiedergibt, von denen einige vor fast dreitausend Jahren gelebt haben, und wir brauchen wegen irgendwelcher Veränderungen des Texts keine ernsthaften Zweifel an der Gültigkeit zu hegen, die die Botschaft des Alten Testaments für uns hat."
Man kann sagen, die urtümliche unzensierte Bibel ist die, welche vom Leser als solche erkannt wird, aber wie der äthiopischer Eunuch in Apg 8:26-30 schon auf die Frage von Philippus antwortete, wie kann ich ohne Anleitung verstehen?