Vereinfacht gesagt: Jein.
Ich muss ehrlich sagen, dass ich ein absoluter Gegner des Schulspanischs war. Aber wenn man sich heutige Methoden ansieht, ist in den letzten Jahrzehnten sehr viel passiert.
Vorab muss ich aber noch eines schicken: In der Schule lernt man Fremdsprachen aus dem Grund, weil man diese wählen muss oder weil sie Pflicht sind. Es ist nicht die Begeisterung für ein Land, eine Kultur, eine Sprache. Es gibt zig andere Fächer, wo man ebenfalls viel lernen muss.
Und wie eine Muttersprache lernst du eine Fremdsprache nicht. Du hast nicht die Zeit, so viele Jahre zu warten. Du hast nicht die Geduld, z. B. die spanische Artikulation spielend zu lernen indem du lalala und tatata runterratterst und nach 5 Jahren dann ein rrrr rollen kannst.
Du misst den Wörtern nicht die gleiche Bedeutung bei, wo deine ersten Worte mamá, papá und ein bischen mehr waren und wenn du dich nicht ausdrücken konntest, nicht das bekomment hattest, was du wolltest. Wo du in der Sprache tolle und fiese Leute kennengelernt hast, dich durchboxen musstest, alle Situationen neu für dich waren und dies Worte sich in dein Herz eingebrannt hatten.
Du lernst eine Spreche nicht aufgrund deiner Bedürfnisse, aufgrund einer muttersprachlichen Familie, wo du täglich 2x hörst, dass du dir die Zähne putzen solltest (oder auf Spanisch waschen bzw. bürsten).
In der Schule sitzt du mit 25 anderen Mitschülern in der Klasse. Manche sind überhaupt nicht interessiert daran. Nicht weil die Motivation für z. B. Spanisch fehlt, sondern weil es ihnen egal ist.
Aber wie gesagt: Die Kursmethoden, die in der Schule verwendet werden sind heutzutage sehr gut. Bauen aufeinander auf. Es geht mit Begrüßen und Kennenlernen los, sich vorstellen, einfache Beschreibungen, über deine Hobbies reden, über den Tagesablauf, dein Stadtviertel beschreiben etc. Es werden Beispiele aus dem Alltag verwendet, es kommt das Spanisch verschiedenster Länder an die Reihe.
Das in einem Tempo, in dem Muttersprachler das nicht gelernt haben. Natürlich wäre es ein zigfaches effizienter, den Unterricht vor Ort zu machen und in den Alltag einzutauchen. Das ist aber nicht möglich. Es ist Schule. Die Schule deines Stadtviertels oder deiner Stadt. Du hast 2 Stunden oder so ähnlich in der Woche, nicht 24 x 7.
Ohne Grammatik kannst du Spanisch nicht lernen. Du kannst noch soviel mit Spaniern reden. Du wirst dann immer nachplappern müssen und kannst die Sätze nicht für deine Zwecke umformen. Außerdem steckt in der Grammatik viel Ausdruckskraft. Es wird im Spanischen nicht alles in Worte, sondern sehr viel durch Formen ausgedrückt. Deshalb hat Spanisch 8 Vergangenheiten, wenn man Vorvergangenheiten und das Subjuntivo miteinbezieht. Das lernst du nicht nebenbei.
Anders als im Englischen wo to eat nur in der 3. Person Singular he/she/it eats ist und im Rest der Personenformen eat, hast du im Spanischen hierfür 7-8 Formen (Infinitiv + 6 Personenformen + Voseo, je nach Region). Ein muttersprachlicher Sekundärstufler hat einen Wortschatz von über 30.000 Vokabeln. Mit Konversation am Kaffeetisch kommst du vielleicht auf 500, lass es 5000 sein, was schon C2-Niveau wäre.
Wenn man den Referenzrahmen ansieht, ist das ein hohes Niveau. Nicht muttersprachlich, aber ein Mix aus Bildungsspanisch und umgangssprachlichem Spanisch, dem nur ein bischen Breite fehlt und die Einordnung regionaler Eigenheiten.
Wenn du eine Fremdsprache richtig lernen willst, kannst du dich auch nicht auf Methoden beschränken. Da musst du alle Kanäle nutzen: TV/Youtube, Musik, Zeitungen, Diskussionsrunden, aber auch umgangssprachliches Spanisch, mit Kumpels losziehen ... und alle Lebensetappen durchmachen. Denn jede hat ihr eigenes Vokabular. Als in eine Familie hineingewachsenens Kind mit Brüdern, Eltern, Onkels, Großeltern und Freunden geschieht das automatisch.
Aber das kann man nicht alles simulieren. Und es ist auch nicht alles nur Spaß. Es fehlt ja der Anreiz, dass du nicht das bekommst, wenn du dich nicht ausdrückst und das in allen Lebenslagen. Wenn du die Welt anhand Informationsquellen rein in jener Sprache verstehen musst und dich mit anderen auseinandersetzen musst. Das muss man sich dann vor Ort irgendwann draufschaffen. Alles andere sind Märchen. Eine Sprache zu lernen braucht viele Jahre. Auch als Muttersprachler. Frag die, die mit 6 zum Logopäden geschickt werden, weil sie das rr nicht rollen können oder in Muttersprache & Literatur durchfallen.