Kommt es häufiger vor das der Rettungsdienst Patienten mit Blaulicht aber sitzend transportiert? Und ist sowas überhaupt erlaubt?

4 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Klar ist das erlaubt. Die Transportart (sitzend/liegend) wird dem Krankheitsbild und Patientenwunsch angepasst.

Zum Beispiel einen Patienten mit einer Fingeramputation kann man sehr gut sitzend transportieren und muss trotzdem so schnell wie möglich eine entsprechende Fachklinik erreichen.

Weitere Krankheitsbilder, die man so transportieren kann sind zB: Apoplex ohne motorische Defizite, Augenverletzung, Arm- und Handfrakturen.

Die Entscheidung mit Sondersignal zu fahren, trifft die Besatzung nach Abwägung aller Fakten, die der Patient teilweise gar nicht kennen kann.

Gilt dann trotzdem das eine Fahrt mit Sonder-/Wegerechte zum Krankenhaus nur liegend gemacht werden darf?

Diese Regel gibt es so nicht. In dem Paragraphen 35 und 38 StVO steht nichts von "sitzendem oder liegenden Transport".

Woher ich das weiß:Berufserfahrung
Catfish123  09.08.2022, 10:15

Oder noch mehr Beispiele sind zum Beispiel: Ohrenverletzung, Nasenverletzung, unstillbares Nasenbluten oder Finger gebrochen.

Von Experte iwaniwanowitsch bestätigt

Hi,

Kommt es häufiger vor das der Rettungsdienst Patienten mit Blaulicht aber sitzend transportiert?

Unterm Strich ist es eher selten, kann aber durchaus vorkommen.

Und ist sowas überhaupt erlaubt?

Natürlich - es gibt keine Regelung, die es verbietet.

Sonder- und Wegerechte nach §§ 35 und 38 StVO sind nicht von der Lagerung des Patienten abhängig.

Wie der Patient gelagert wird, wird situationsabhängig in Einvernehmen mit dem Patienten entschieden - ob der Transport mit Sonder- und Wegerechten stattfindet, entscheidet die Besatzung nach Abwägung der Gesamtsituation.

Einige Beispiele für sitzende (aber dringende) Transporte hat iwaniwanowitsch schon genannt, dazu kommen noch die "einsatztaktischen" Blaulichtfahrten, z.B. bei nicht vital bedrohten Patienten, die aber dennoch zügig einer Behandlung zugeführt werden müssen, oder aber nicht dringliche Transporte mit dringlichem Folgeeinsatz.

Ich konnte ohne Probleme sitzen, mir war nicht schwindlig, nicht übel und ich war Kreislaufstabil.

Ich sehe hier kein Problem. So etwas ist ein klassisches Beispiel für "keine vitale Bedrohung, aber zeitnahe Versorgung notwendig".

LG

Natürlich darfst du auch in einer sitzenden position mit sondersignalen transportiert werden. Warum denn nicht? Wenn es dir dadurch ein wenig besser geht sollte das sogar gemacht werden…

Woher ich das weiß:Recherche

Das kommt auf den Leiter der Dienststelle an. Es gibt Städte in denen Rettungswagen mit 'blau' hinfahren und ohne zurück. Da lautet die Devise, Rückfahrt mit 'blau', dann hat die Besatzung es nicht geschafft den Patienten zu stabilisieren.

Es gibt aber auch andere Städte, in denen IMMER mit 'blau' gefahren wird sobald ein Patient an Bord ist.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung
iwaniwanowitsch  03.06.2022, 07:41
Es gibt aber auch andere Städte, in denen IMMER mit 'blau' gefahren wird sobald ein Patient an Bord ist.

Wat? Welche Städte sind denn das? Das ist ja krass.

LittleCoon  03.06.2022, 11:06
@iwaniwanowitsch

Man stelle sich mal vor jemand hat sich einen Fingernagel eingerissen und der wird mit Blaulicht ins Krankenhaus gebracht... 🥴

Oder das ist in besagter Stadt einfach so, dass die wirklich fast nur ausschließlich dringend transportbedürftige Patienten mitnehmen.

iwaniwanowitsch  03.06.2022, 11:58
@LittleCoon

Eben. Ich meine, solange alles gut geht, alles super. Passiert was, kann da vermutlich nachgefragt werden.

Puh, keine Ahnung, wie das mit der Rechtslage bezüglich Transportpflicht passen kann. 90% der Patienten, die wir fahren (keine Ahnung, wie das bei dir aussieht) sind alles andere als dringend.

LittleCoon  03.06.2022, 12:01
@iwaniwanowitsch
(keine Ahnung, wie das bei dir aussieht)

Bin selbst leider (noch) nicht im Rettungsdienst tätig.

Aber was man sonst momentan hört und liest ist das ja allgemein wohl eher so, dass das immer öfter Bagatellen sind.

iwaniwanowitsch  03.06.2022, 12:10
@LittleCoon

Es hat dramatisch zugenommen, ich haben bereits Wochen erlebt, in denen ich "den Rucksack nicht auf hatte". Ca. 75% der Fahrten sind nicht notwendig und vom verbleibenden Anteil ist vielleicht die Hälfte schwer erkrankt oder verletzt. Über dem Sommer 2020 waren die Schichten so ruhig, weil nur wegen wirklichen Notfällen angerufen wurde, man hat (auf meiner Dienststelle, rein subjektive Erfahrung) zwei oder drei Fahrten pro 24 Stunden gemacht, momentan sind es ca. 12.

iwaniwanowitsch  03.06.2022, 13:22
@LittleCoon

das trifft es !

LittleCoon  03.06.2022, 13:25
@iwaniwanowitsch

Vielleicht kann ich mich hier ja mal indirekt umhören. Fände ich interessant zu wissen. Ich wohne in einer ziemlich kleinen Stadt mit so etwas mehr als 15.000 Einwohnern.

iwaniwanowitsch  03.06.2022, 13:31
@LittleCoon

Das kannst du natürlich tun, wäre eine weitere Erfahrung, sowas zu wissen.

HansWurst45  04.06.2022, 11:29
@LittleCoon

Grundsätzlich obliegt es natürlich immer dem Fahrzeugführer zu entscheiden, ob das Sondersignal eingeschaltet wird oder nicht. Der Notarzt entscheidet darüber, ob und wie schnell ein Patient in Krankenhaus gebracht werden muss, was dann natürlich Auswirkung auf die Entscheidung des Fahrzeugführers hat. Meistens kennen sich die Beiden aber seit Jahren und wissen schon bevor etwas gesagt wird, wie der Andere entscheiden wird, so dass von außen die "Zuständigkeiten" oft nicht erkennbar sind. Daneben bzw. darüber gibt es natürlich die Direktiven der Leitung des Rettungsdienstes. Die kann z.B: sein, dass nur dringend transportbedürftige Patienten im Rettungswagen mitgenommen werden und für alle anderen ein Liegend-oder Sitzend-Transport ohne bzw. mit med. Begleitung nachgeordert wird, um den RTW möglichst schnell wieder frei zu bekommen, was drin mündet, dass fast immer mit Sondersignal gefahren wird. Das wird oft gemacht, wenn der Notarzt kein eigenen Fahrzeug hat und auf dem Rettungswagen mitfährt. Oder die andere Direktive, der Erste der da ist versorgt den Patienten vollumfänglich incl. Transport ins Krankenhaus. Der Patient wird vor Ort stabilisiert und dann Wort wörtlich "in aller Ruhe" transportiert. Das wird oft gemacht, wenn der Notarzt mit einem eigenen Fahrer (oft ein e1rfahreren Rettungsassistent) auf einem eigenen Notarztwagen sitzt. Oft ein PKW mit Heckklappe in dem nur Material und ähnliches mitgeführt wird. Der Rettungswagen ist dann nur mit einem Rettungsassistenten und einem Fahrer bzw. Auszubildenden besetzt und fordert den Notarzt bei Bedarf nach, bzw. bei entsprechender Meldung schickt die Leitstelle gleich beide los und wegen des agileren Fahrzeuges ist der Notarzt dann oft vor dem Rettungswagen da.