(FtM) Fortpflanzungsorgane entfernen, wenn ich Testosteron nehme?
Ich bin ein junger Transmann und habe vor, im Laufe des nächsten Jahres den medizinischen Teil meines Weges zu beginnen. Das heißt für mich in erster Linie Testosteron und, gegebenenfalls, Mastektomie. Jetzt habe ich letztere recherchieren wollen und bin auf mehrere Seiten gestoßen, auf denen es scheint, als gehörte die operative Entfernung der inneren weiblichen Geschlechtsorgane fest mit zur Transition.
Irgendwo kann ich mir das auch erklären. Bei Intersexuellen werden ja auch manchmal die Geschlechtsorgane entfernt, damit es nicht zu Krebsbildung kommt.
Das alarmiert mich allerdings schon sehr. Ich will natürlich keinen Krebs an den Eierstöcken oder der Gebärmutter haben und natürlich hat ein Cis-Mann diese Organe erst gar nicht, aber ich bin mir doch unsicher, ob ich diesen Schritt gehen will. Und wenn nicht, heißt das dann auch keine Hormone?
Klar, mit Eierstöcken kann ich sowieso nichts anfangen, sobald Testosteron mich unfruchtbar macht, aber ob ich freiwillig meinen Uterus hergebe, ist eine ganz andere Frage. Ich bin 20. Wenn ich schon niemals genetischer Elternteil werden kann, muss ich dann auch die Chance aufgeben, biologisch einer zu werden?
Ich würde mich über ernstgemeinte Antworten sehr freuen. Wer mir sagen will: "Man kann kein Mann sein, wenn man im weiblichen Körper / mit XX-Chromosomen / ohne Penis geboren wurde." oder "Du bist kein Mann, wenn du schwanger werden willst!", den bitte ich, es einfach zu lassen. Das hilft niemanden und lässt den Verfasser lediglich rechthaberisch und intolerant dastehen.
Alles Liebe und vielen Dank fürs Lesen.
4 Antworten
Hallo,
zunächst einmal: Niemand kann dich zwingen deine Gebärmutter und Eierstöcke entfernen zu lassen. Die Entfernung dieser (oder auch nur der Plan, dies in Zukunft durchführen zu lassen) ist keine Voraussetzung für eine Hormontherapie oder eine Vornamens- und Personenstandsänderung (VÄPÄ). Bis 2011 gab es ein Gesetz, das vorschrieb, dass Transsexuelle für eine Vornamensänderung bereits körperlich angeglichen sein müssen - das gibt es jedoch nicht mehr. Ob du deine Geschlechtsorgane entfernen lässt oder nicht, hat also darauf keinen Einfluss. Eventuell wird dein Therapeut stutzen, wenn er dich danach fragt und du ihm das erklärst. Aber da der Wunsch nach eigenen Kindern keine exklusive Eigenschaft von Frauen ist, sollte ein aufgeklärter Therapeut daran nichts finden.
Zu deinem Kinderwunsch: Ich kenne persönlich einen Transmann, der bereits mit der Hormontherapie angefangen hatte und sich dann für eine künstliche Befruchtung entschieden hat. Dafür musste er für eine gewisse Zeit während der Schwangerschaft Testosteron absetzen. Da er immer davon sprach, dass er ein leibliches Kind wollte, gehe ich davon aus, dass er vor der Hormontherapie Eizellen entnehmen und einfrieren ließ oder sein Körper sich so schnell umgestellt hat, dass neue Eizellen gebildet wurden. Jedenfalls hat er einen gesunden Jungen zur Welt gebracht und sich danach die Geschlechtsorgane entfernen lassen. Es ist also möglich (unabhängig davon, was Andere hier schreiben). Jedoch wirkt Testosteron nicht bei jedem gleich, nicht jeder Transmann ist vor der Hormontherapie gleich fruchtbar usw. Die Unfruchtbarkeit durch Testosteron kann irreversibel sein (also nicht umkehrbar), muss aber nicht. Es kann sein, dass dein Körper für eine Schwangerschaft kurzzeitig mit zusätzlichem Östrogen versorgt werden muss (selbst wenn Testosteron abgesetzt wurde, da es etwas dauert, bis die "normale" Hormonproduktion wieder läuft). Dies kann zu kurzfristigen und langfristigen Problemen führen, wenn der Körper von weiblichen auf männliche und wieder auf weibliche Hormone umgestellt wird.
Wichtig ist zu bedenken, dass eine Schwangerschaft eines Transmannes nicht nur ein körperlicher Vorgang ist, sondern auch seelisch sehr belastend sein kann. Mein Bekannter hat sich während der Schwangerschaft fast gar nicht aus der Wohnung getraut. Er hat es aber überstanden und war glücklich über seine Entscheidung. Genauso sollte man die Reaktionen des Umfelds einkalkulieren und daran denken, dass man sich später höchstwahrscheinlich dem Kind und einer Partnerin/einem Partner erklären muss.
In aller Kürze: Dir kann die Hormontherapie nicht verweigert werden, nur weil du dich (jetzt) nicht von deinen Geschlechtsorganen trennen willst. Auch nach Beginn der Hormontherapie besteht die Chance einer Schwangerschaft. Da dies aber ein sehr spezieller Fall (und wohl auch recht selten) ist, solltest du dich aber an einen (oder mehrere) erfahrene Gynäkologen wenden. Ebenso solltest du abwägen zur Sicherheit Eizellen einfrieren zu lassen, was eventuell eine Kostenfrage ist.
Abschließend muss ich sagen, dass ich über das erwähnte Beispiel der tatsächlichen Schwangerschaft eines Transmannes hinaus weitere Transmänner kenne, die ihre Geschlechtsorgane behalten haben, um später mit einem Partner ein Kind zu zeugen. Weiterhin gab es 2008 den öffentlich sehr diskutierten Fall von Thomas Beatie, der ebenfalls ein Transmann ist, der durch künstliche Befruchtung schwanger wurde.
Du bist also nicht allein mit deinem Wunsch nach eigenen/leiblichen Kindern. Auch wenn es kein Gesetz gibt, das dir vorschreibt, wie weit deine Angleichung gehen muss, so musst du dich auf negative Reaktionen und Unverständnis von Mitmenschen, Ärzten und anderen Betroffenen einstellen. Am allerwichtigsten finde ich jedoch, dass du an deine eigene körperliche und seelische Gesundheit denken solltest.
Ich wünsche dir alles Gute und viel Kraft auf deinem Weg.
Bevor Du diesen Weg gehen kannst, musst Du ohnehin - jedenfalls in D - Dich in psychologische Betreuung begeben. Das ist auch der beste Weg, zu klären, in welchem Maße Du Dich von Deinen Fortpflanzungsorganen verabschieden willst. Auf einer Plattform wie dieser wirst Du keine kompetente Hilfe erwarten können.
Ich kenne nur einen Transmann, der aber die Transition erst nach den Wechseljahren vollzogen hat. Insofern war es eine ganz andere Situation. Ich selbst bin Cis-Frau und habe von meinen Fortpflanzungsorganen nie Gebrauch gemacht - ohne Bedauern darüber, meine Brüder haben mir Neffen und Nichten beschert, das reichte mir an Kinderbetreuung (die ich durchaus genossen habe, denn ich mag Kinder recht gerne) vollauf aus.
- Du hast natürlich die freie Wahl, in welchem Ausmaß deine Umwandlung vollzogen werden soll.
- Wenn du hormonell umgestellt wirst, dann kannst du aber nicht mehr schwanger werden, egal ob mit eigenen Eizellen oder fremden.
- Ich kenne mich mit der Psychologie der FtM-Situation leider nicht aus, aber ich spontan würde ich mal sagen, dass du mit dir noch nicht im Reinen bist diesbezüglich und eher insgesamt abwarten solltest. Versuche mit Therapeuten Klartext zu reden, was du wünscht, wie du fühlst und sprich unbedingt auch diese Situation mit eventuellem Kinderwunsch an.
- Letztlich musst du eine für dich klare Entscheidung treffen, die wirklich feststeht und endgültig ist. Warte lieber länger ab, bis du dir wirklich sicher bist.
durch das testosteron wird die produktion weiblicher hormone unterdrückt, die eierstöcke produzieren keine einzellen mehr und es baut sich keine gebärmutterschleimhaut mehr auf. es ist also biologisch garnicht möglich, schwanger zu werden.
Hallo, ZiegemitBock.
Klar mache ich eine Therapie. Ich dachte nur vielleicht hat hier ja doch jemand Ahnung und kann mir etwas kurzfristiger die Angst nehmen. Es kann ja sein, dass jemand in einer ähnlichen Lage war / ist und schon mehr weiß, als ich. Erwarten tue ich nichts, ich erhoffe mir schon was.
Dennoch, vielen lieben Dank für deinen Hinweis.