Wozu verwenden schiitische Muslime beim Gebet einen kleinen Stein?

1 Antwort

Der "Gebetsstein" bei der Shia

von Mahdi 313 » Donnerstag, 17. Dezember 2009, 00:06:37

Bismilla Ir-Rahman Ir-Rahim

Das Gebet auf Erde

Die schiitische Ansicht zum „Gebetsstein“

Mohammed ist der Gesandte Allahs. Und die mit ihm sind, hart sind sie wider den Ungläubigen, doch gütig gegeneinander. Du siehst sie sich beugen, sich niederwerfen im Gebet, Huld erstrebend von Allah und (Sein) Wohlgefallen. Ihre Merkmale sind auf ihren Gesichtern: die Spuren der Niederwerfungen.

( Heiliger Qur'an 48:29 )

Oft kommt es zu Missverständnissen, wenn Muslime ihre schiitischen Geschwister beim rituellen Gebet zuschauen. Der Grund dafür ist, dass betende Schiiten bei der niedergeworfenen Position (Sajda) ihre Stirn auf eine Art „Stein“ legen. Von manchen sunnitischen Brüdern und Schwestern wird dieses Ritual als Bid'a („Neuerung“)gesehen, das im Widerspruch zur Sunna ( „Handlungsweise“) des Propheten Muhammad (saw) steht. Einige der Geschwister gehen sogar davon aus, dass diese „Steine“ angebetet werden.

Dieser „Stein“, der an sich aus getrockneter und/oder gepresster Erde besteht, wird auf arabisch

„Turbah“ und auf persisch „Muhr“ genannt. Turbah heisst soviel wie Erde/Boden, wenn man es leicht übersetzt.

Schiiten bevorzugen zur Herstellung dieses „Steines“

hauptsächlich Erde, die aus Kerbela, einem Ort im heutigen Irak, stammt. Dies ist aber nicht ausschlaggebend. Wichig in der „dschafarischen“/ schiitischen Rechtschule ist, dass die Niedewerfung (Sujud) auf etwas natürlichem vollzogen wird. Sei es nun Erde oder alles, was auf Erde gedeiht, außer Nahrung oder Bekleidung. Darum wird getrocknete Erde am meisten für das Gebet bevorzugt.

Die schiitischen Überlieferungen (sing/arab. Hadith) über Muhammad (saw) und seiner „Ahl ul Bait“ (Familie)(as) betonen ausdrücklich die Wichtigkeit, das die Stirn beim niederwerfen (Sujud)die Erde berührt. Auf die schiitischen Ahahdith (Überlieferungen) wird nicht weiter eingegangen, da die meisten sunnitische Leser wahrscheinlich diese Überlieferungen für insuffizient halten. Darum werden ALLE Überlieferungen und Quellen, die in diesem Text vorkommen, ausschließlich sunnitischen Ursprungs sein.

Da im Eingang des Textes geklärt wurde, dass es sich bei diesem „Stein“, auf dem

sich Schiiten niederwerfen, um nichts anderes als Erde handelt, möchte ich nun mit folgender Hadith beginnen:

Überliefert von Dschabir Ibn Abdullah:

Der Prophet (saw) sagte: „Die Erde wurde gemacht als ein Ort des Gebetes / der Niederwerfung (masjid) und für die Reinigung ( Tayammum)“.

Sahih.Al-Bukhari Hadith Nr. 335, Englisch, Dar ul Salaam Version.

Dschabir Ibn Abdullah berichtete, dass der Gesandte Allahs sagte: "Mir sind fünf (Besonderheiten) gegeben worden, welche keinem der anderen Propheten vor mir gegeben wurden: Mein Sieg über den Feind wurde durch Schrecken gemacht, dessen Wirksamkeit der Entfernung von einer einmonatigen Marschreise entspricht. Die Erde wurde mir sowohl als Gebetsstätte als auch als Reinigungsmittel gemacht, und wenn jemand von meiner Umma das Gebet bei seiner Fälligkeit verrichten will, der kann es dort und überall verrichten, wo er sich gerade befindet.

1.Sahih.Al-Bukhari Hadith Nr. 438, Englisch, Dar ul Salaam Version.

2.Auszüge aus dem Sahih Al-Buharyy Hadith Nr.438 Deutsche Version

In einer anderen Version heißt es:

„Die Erde als Ganzes wurde gemacht als ein Ort der Niederwerfung und für die Reinigung.“

Sahih Muslim, Vol.2, Seite 64, Kitab Al-Masaajid Wa Mawaadi Al-Salat

Das es sich hier um das Element Erde handelt und nicht nur als symbolische Gebetsfläche, machen die Ahahdith damit sichtbar, das die Erde auch als Mittel der Reinigung gesehen werden kann. Das Reinigen mit Erde für das Gebet wird „Tayammum“ genannt und ist bei gewissen Umständen zulässig. Dies wird im heiligen Qur'an untermauert:

Und wenn ihr krank oder auf einer Reise seid (und dabei unrein), oder wenn einer von euch vom Abtritt kommt, oder wenn ihr Frauen berührt habt, und ihr findet kein Wasser, so nehmt reine Erde und reibt euch damit Gesicht und Hände. Allah will euch nicht in Schwierigkeiten bringen, sondern Er will euch nur reinigen und Seine Gnade an euch erfüllen, auf das ihr dankbar seit.

( Heiliger Qur'an 5:6 )

Desweiteren sagen diese Ahahdith das das Gebet überall auf „Gottes Erde“ möglich ist und nicht nur auf gewisse Orte wie z. B. Moscheen. Dies ist eine andere Form der Interpretation.

Muhammad (saw) betete auf Erde oder was auf Erde gedeihte.

Interessant sind folgende Ahadith.

Anas Ibn Malik berichtete: "Wir verrichteten das Gebet mit dem Propheten, Allahs Segen und Friede auf ihm, und einige von uns pflegten bei der Niederwerfung - auf Grund der starken Hitze - den Zipfel ihres Kleids auf den Boden in Stirnhöhe zu legen.

1.Sahih.Al-Bukhari Hadith Nr. 385, Englisch, Dar ul Salaam Version.

2.Auszüge aus dem Sahih Al-Buharyy Hadith Nr.385 Deutsche Version

Anas Ibn Malik, Allahs Wohlgefallen auf ihm, berichtete: "Wir verrichteten die Gebete mit dem Propheten, Allahs Segen und Friede auf ihm, (auch) bei starker Hitze, und wenn einer von uns sein Gesicht nicht auf den Boden legen konnte, breitete er sein Gewand aus und machte darauf seine Niederwerfung!"

1.Sahih.Al-Bukhari Hadith Nr. 1208, Englisch, Dar ul Salaam Version.

2.Auszüge aus dem Sahih Al-Buharyy Hadith Nr.1208 Deutsche Version

Wenn man sorgfältig diese Ahhadith liest, fällt auf, dass das Gebet außerhalb eines Gebäudes auf dem Boden bzw. Erde verrichtet wurde. Andererseits konnte sich der Grund nicht erhitzen. Es wird auch erwähnt, dass einige Kleidung auf den Boden legten wegen der Hitze. Diese Ahadith machen aber nicht ersichtlich, ob dies vom Propheten (saw) angeordnet bzw. erlaubt wurde.

An anderer Stelle lesen wir folgendes:

„Wir beschwerten uns beim Propheten (saw) wegen der Hitze des Sandes auf unseren Gesichtern und Handflächen beim Gebet, aber der Prophet (saw) schenkte uns keine Aufmerksamkeit.

Sahih Muslim, Kitab Al-Masajid, Nr. 981 und Nr. 982

Sunan Al-Nisa'i, Kitab Al-Mawaqit, Nr. 493

Im Ahahdith-Vergleich stellt man fest, dass das Benutzen einer Gebetsunterlage nicht wirklich erlaubt wurde aber auch nicht verboten. Es steht dem Leser zu, selbst darüber zu entscheiden. Trotzdem erläutern diese Ahadith sehr deutlich, dass auf Erde bzw. Sand gebetet wurde.

Ein Mann fragte den Propheten (saw) etwas über das Gebet. Der Bote Allahs (saw) sagte ihm:“..und wenn du dich nieder wirfst, platziere deine Stirn so auf Erde, dass du es spürst.“

Musnad Ahmad Ibn Hanbal, Musnad bani Hashim, Nr.2473

Der Prophet (saw) berührte mit seiner Stirn und Nase die Erde beim Niederwerfen.

Sunan Al-Tirmidhi, Kitab Al-Salat Nr.250

Mit leichter Abweichung: Sunan Abu Dawud, Kitab Al-Salat Nr.527

Mit leichter Abweichung: Musnad Ahmad, Musnad Kufiyyin Nr. 18101 und Nr. 18109

Der heilige Prophet (saw) sagte:“Eure Gebete werden nicht wahr sein, außer ihr führt die Gebetswaschungen (Wu'zu / Tayammum) aus....und plaziert eure Gesichter ( oder Stirne) auf Erde.“

Sunan Abu Dawud, Kitab Al-Salat Nr. 730

Aishah sagte:“Ich sah, dass der Prophet (saw) niemals etwas zwischen sich und der Erde platzierte.“

Musnad Ahmad Ibn Hanbal, Baqi Musnad Al-Ansar Nr. 23170

Sunan Abu Dawud, Kitab Al-Salat Nr. 1108

Man kann von dieser Hadith ausgehen, dass Aishah damit die Stirn Muhammads (saw) meinte, die er im Gebet auf der Erde platzierte.

Weitere Beweise finden wir im wichtigsten Ahadithwerk der sunnitischen Geschwister.

In Sahih Al-Bukhari lesen wir folgendes.

Überliefert von Abu Sa'id Al-Khudri.“Ich sah den Propheten (saw) sich nieder werfen in Matsch/Schlamm und Wasser und ich sah ein Zeichen aus Matsch/Schlamm auf seiner Stirn.“

Sahih.Al-Bukhari Hadith Nr. 836, Englisch, Dar ul Salaam Version.

Überliefert von Abu Salama:“........das Dach der Moschee war gemacht aus Ästen von Dattelpalmen. Zu dieser Zeit war der Himmel klar, und man konnte keine Wolke sehen. Plötzlich kam eine Wolke und es regnete. Der Prophet (saw) führte uns im Gebet, und ich sah Spuren von Matsch/Schlamm auf seiner Stirn und Nase.

Sahih.Al-Bukhari Hadith Nr. 813, Englisch, Dar ul Salaam Version.

Ihre Merkmale sind auf ihren Gesichtern: die Spuren der Niederwerfungen.

( Heiliger Qur'an 48:29 )

Diese Aye im Qur'an erscheint in einem ganz anderen Licht, wenn man die genannten Ahadith davor gelesen hat oder man Muslime sieht, die auf Erde beten. Man kann diesen Vers also als „Spuren von Erde“ auf der Stirn deuten, aber auch als Verhornung der Stirnhaut durch häufiges Beten, das sowohl bei Sunniten als auch bei Schiiten vorkommt.

Wie sah es in den Moscheen aus?

Anas Ibn Malik berichtete, dass der Prophet, Allahs Segen und Friede auf ihm, sagte: "Das Spucken in der Moschee ist eine Missetat, deren Sühne darin besteht, dass der Auswurf vergraben wird."

1.Sahih.Al-Bukhari Hadith Nr. 415, Englisch, Dar ul Salaam Version.

2.Auszüge aus dem Sahih Al-Buharyy Hadith Nr.415 Deutsche Version

Diese Hadith und die Hadith zuvor machen klar das die Böden der Moscheen in Zeiten des Propheten (saw) anders waren als heute. Es gab keine Teppiche aus Kunststoff wir wie es heute kennen und die Niederwerfung fand auch auf Erde statt. Letzte Hadith zeigt deutlich auf, dass der Boden aus Erde oder Sand war, andererseits wäre es unmöglich gewesen einen Auswurf an selbiger Stelle zu vergraben.

Khumra

Aus anderen Überlieferungen lesen wir auch, dass der Prophet (saw) eine „Khumra“verwendete, die er bei der Niederwerfung mit seiner Stirn berührte.

Maymuna überliefert: „Der Gesandte Allahs betete gewöhnlich auf einer Khumra.“

Sahih Al-Bukhari Bd.1, Buch 8 Nr. 378

Nun stellt sich die Frage, was eine Khumra ist ? In Bukhari wird es folgendermaßen erklärt:

„Eine kleine Matte, groß genug für das Gesicht und die Hände für die Niederwerfung bei den Gebeten.“

Sahih Al-Bukhari Bd.1, Buch 8 Nr. 376 ( wird durch den Übersetzer erläutert) Online:

www.usc.edu/schools/college/crcc/engage ... 8.sbt.html

Ibn Al-'Athir, ein bekannter sunnitischer Gelehrter, schrieb in seinem Buch, Djami al-'Usul:

“Eine Khumra ist [wie das], worauf die Schia unserer Zeit, ihre Niederwerfung vollzieht.”

[Ibn al-'Athir, Djami' al-Usul, (Kairo, 1969), Bd.5, S.467]

„Eine Khumra ist eine kleine Matte, gemacht aus Palmenfasern oder anderem Material... und ist wie die, die die Schia für die Niederwerfung verwendet.“ [Talkhis al-Sihah, S. 81]

Wie zuvor beschrieben beten Schiiten auf Erde oder was auf Erde gedeiht. Die Khumra besteht aus Palmfasern, also etwas, das aus der Erde gewachsen ist.

Nun möchte ich meine sunnitischen Geschwister bitten, nicht immer zu urteilen aufgrund von Unwissenheit. Es ist weder Bid'a auf Erde zu beten noch beten Schiiten diese „Steine“ (Erdbrocken) an. Auch wie unsere sunnitischen Geschwister versuchen wir der Sunna zu folgen. Das das Gebet auf Erde eindeutig Sunna ist, wurde auch durch sunnitischen Überlieferungen bewiesen. Desweiteren bitte ich bei Fragen jeweils immer die Anhänger der jeweiligen Sekte (Shia/Sunna) direkt zu fragen, um Missverständnisse zu vermeiden.

http://pureislaam.forumprofi.de/erklaerungen-f23/der-gebetsstein-bei-der-shia-t13.html

voyage  18.05.2019, 10:28

Wenn es stimmen würde, wäre in den Moscheen in Medina und Mekka Erde auf dem Boden. Nur weil oft im freien gebetet wurde. Ich akzeptiere Deine Auffassung für Dich. Ich bin keine Gelehrte. Für mich jedoch nicht überzeugend. Besonders die Erde aus Irak zu holen, sagt doch schon, dass etwas nicht stimmt.

0