Wieso hat Petron den Beinamen Arbiter?

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Zum Teil gibt es mangels Informationen dazu Grenzen des Wissens.

Petronius, der Autor des Werkes «Satyrica», in dessen Handschriften der Beiname Arbiter angegeben ist, ist mit sehr großer Wahrscheinlichkeit der vom Geschichtsschreiber Tacitus erwähnte und zur Zeit des Kaisers Nero lebende Petronius. Ein Beiname (lateinisch: cognomen) Arbiter ist von anderen Männern namens Petronius in der römischen Antike nicht bekannt. Offenbar ist er also nicht von Vorfahren übernommen und weitervererbt worden.

Der zur Zeit des Kaisers Nero lebende Petronius hat in den Handschriften bei Tacitus, Annales 16, 17, 1 (Nennung von Männern, die 66 n. Chr. zu Fall kamen und Todesopfer wurden) den Vornamen (lateinisch: praenomen) Gaius, dagegen bei Plinius, Naturalis historia 37, 7 [20] (der ehemalige Konsul Titus Petronius hat, als er sich anschickte zu sterben, weil er Nero es nicht gönnte und um dessen Tisch ein solches Erbstück zu entziehen, sein für 300000 Sesterzen gekauftes murrinisches Schöpfgefäß zerbrochen) und Plutarch, Pos an tis diakrinoie tom kolakon tou philou (griechisch: Πῶς ἄν τις διακρίνοιε τὸν κόλακα τοῦ φίλου; Wie man einen Schmeichler von einem Freund unterscheidet; lateinischer Titel: Quomodo adulator ab amico internoscatur) 19 (Ethika [Ἠθικά]/ethische Schriften/Moralia 60 e) dagegen den Vornamen (lateinisch: praenomen) Titus (Titus Petronius bzw. als griechisches Gegenstück Τίτος Πετρώνιος).

Der Beiname in den Handschriften ist vermutlich aus einer Rolle oder Bezeichnung hervorgegangen, die der zur Zeit des Kaisers Nero lebende Petronius am Hof des Kaisers Neros bekommen hat. Tacitus, Annales 16, 18, 2 erzählt Petronius sei im Kreis der Vertrauten Kaiser Neros als elegantiae arbiter herangezogen worden. arbiter bedeutet in diesem Zusammenhang „Schiedsrichter“, „Richter“, elegantia „geschmackvolle Wahl“, „Gewähltheit“, „Feinheit“, „feiner Geschmack“, „feines Benehmen“ (das Substantiv ist mit dem Verb eligere „auslesen“, „auswählen“ verbunden). arbiter elegantiae kann als «Schiedsrichter (in Sachen/Fragen) des guten Geschmacks», «Schiedsrichter (in Sachen/Fragen) des feinen Geschmacks», «Schiedsrichter (in Sachen/Fragen) der feinen Lebensart», «Schiedsrichter (in Sachen/Fragen) der feinen Lebensart», «Schiedsrichter (in Sachen/Fragen) des feinen/geschmackvollen Lebensstils»oder ähnlich wiedergegeben werden. Es ist nicht sicher, ob dies ein offizieller Titel, eine Bezeichnung oder nur eine Rolle der Sache nach, die von Tacitus so bezeichnet wird, ist.

Die Bezeichnung bedeutet, mit seinem Urteil ein besonders großes Gewicht in Fragen der Ästhetik zu haben, bei dem, das als schick, stilvoll, Zeichen eines guten/feinen Geschmacks gilt.

Einzelheiten sind der Vorstellungskraft überlassen, weil keine genauen Berichte erhalten sind, Gedacht werden könnte an viel, z. B. Frisuren, Kleidung, Schmuck, kostbare Gegenstände, Kunstwerke, Bauten und Raumausstattung, literarische Werke, Gestaltung von Gastmählern, Unterhaltung und Aufführungen für gehobene Ansprüche. Es scheint in den Rahmen eines Luxuslebens zu gehören.

Eine wichtige Quelle dazu ist Tacitus, Annales 16, 18 – 19.

P. Cornelius Tacitus, Annalen : lateinisch-deutsch. Herausgegeben von Erich Heller. Mit einer Einführung von Manfred Fuhrmann. 5. Auflage. Düsseldorf ; Zürich : Artemis & Winkler, 2005 (Sammlung Tusculum), S. 803:

„Über Petronius muß ich ein paar Dinge von früher her nachholen. Er verbrachte ja den Tag mit Schlafen, die Nacht mit Geschäften und Vergnügungen, die das Leben bietet; wie anderen der Fleiß, so hatte ihm das Nichtstun zu Ansehen verholfen, und er galt nicht als Schlemmer und Verschwender wie die meisten, die ihr Vermögen vertun, sondern als Mann des verfeinerten Lebensgenusses. Und je ungehemmter seine Worte und Handlungen waren und ein gewisses Sichgehenlassen zeigten, um so willkommener nahm man sie als vermeintliche Ehrlichkeit auf. Als Statthalter von Bithynien jedoch und später als Konsul erwies er sich als tatkräftig und seinen Aufgaben gewachsen. Dann zum Lasterleben zurückgekehrt, oder weil er ein Lasterleben nachahmte, wurde er in den kleinen Kreis der vertrauten Freunde Neros zugezogen als Schiedsrichter in Geschmacksfragen, da jener nichts für reizvoll und gefällig hielt, was die Fülle des Luxus bot, es sei denn, daß es ihm Petronius empfohlen hätte. Daraus erwuchs der Neid des Tigellinus, wie zu erwarten bei einem Rivalen, der noch dazu in der Wissenschaft vom Genießen überlegen ist. Daher ging er daran, die Grausamkeit des Princeps, hinter der alle anderen Leidenschaften zurücktraten, für sich einzusetzen, indem er Petronius die Freundschaft mit Scaevinus vorwarf; zuvor bestach er einen Sklaven, Anzeige zu erstatten, nahm ihm selbst jede Möglichkeit der Rechtfertigung und ließ den größeren Teil seines Gesindes verhaften.

Zufällig hatte der Kaiser in jenen Tagen Campanien aufgesucht, und Petronius eilte ihm bis Cumae nach, wurde dort aber festgehalten; da ertrug er es nicht mehr, mit Furcht oder Hoffnung so lange hingehalten zu werden. Doch warf er das Leben nicht überstürzt von sich, sondern ließ sich die Pulsadern aufschneiden, dann, wie es ihm einfiel, verbinden und wieder öffnen und unterhielt sich dabei mit den Freunden, nicht über ernsthafte Dinge oder mit Worten, die ihm den Ruhm einer festen Haltung einbringen konnten.

Auch hörte er zu, wenn sie etwas vortrugen, aber nicht etwa über die Unsterblichkeit der Seele und die Lehren der Weisen, sondern leichtfertige Lieder und gefällige Verse. Von den Sklaven beschenkte er die einen, andere ließ er auspeitschen. Er ging zu Tisch, gab sich dem Schlaf hin, damit sein gleichwohl erzwungener Tod einem natürlichen ähnlich sei. Auch in seinem Testament schmeichelte er nicht, wie die meisten, die in den Tod gingen, Nero oder Tigellinus oder irgendeinem anderen der Machthaber, sondern schrieb die Schandtaten des Princeps unter namentlicher Nennung seiner Lustknaben und Frauen und die Neuartigkeit jedes einzelnen Lustaktes genau auf und schickte das Ganze versiegelt an Nero. Dann zerbrach er seinen Siegelring, damit er nicht später benützt werden könne, um andere in Gefahr zu bringen.“


flowerpower203 
Fragesteller
 15.06.2021, 16:55

Vielen Dank für deine sehr hilfreiche Antwort! 🤗

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