Wie zählen Menschen, die keinerlei Zahlenverständnis besitzen?
Eine Frage, die mich stets brennend interessierte war, wie Menschen, die überhaupt keinen Begriff von der Zahl haben, Dinge zählen und voneinander unterscheiden können. So weit ich es nachvollziehen kann zählen diese Menschen nicht in konkreten Begriffen, sondern unterscheiden Mengen "allgemein" intuitiv. Das heißt: Sie würden bemerken, dass wenn ich z.B. bei vier Bleistiften einen Bleistift wegnehme, dass das Erinnerungsbild nicht mehr mit dem momentanen Bild übereinstimmt. Aber sie hätten keinen konkreten Begriff oder ein Konzept von "drei Bleistiften" oder "vier Bleistiften". Sehe ich das richtig?
5 Antworten
Soweit ich weiß, ist bei Dyskalkulie-Patienten unter anderem das Problem, dass sie Zahlen nicht den zugehörigen Mengenangaben zuordnen können. Wenn sie also 2+3=5 rechnen müssen, ist es für sie so, als stünde da 持+の=合. Sie lernen dann auswendig, dass 合 herauskommt, wenn man 持+の rechnen soll. Und das tun sie für die vielen Rechnungen, die ihnen begegnen, was natürlich völlig aussichtslos ist.
Ein Lehrer hatte uns damals erzählt, dass man ohne zu zählen 6 bis 7 Fische in einem Aquarium mit einem Blick wahrnehmen könnte.
Das bedeutet, bis zu dieser Zahl können wir erkennen, ob etwas weniger oder mehr ist und abschätzen, wie viele fehlen, damit die Menge gleich ist.
Da aber heutzutage fast jeder zählen kann, genauso wie jeder in Sprache denkt oder jeder Sehende nicht ohne Bilder denkt, ist die Frage, was man erkennen möchte.
Das war mehr eine Anekdote als Unterrichtsstoff, der vertieft wurde.
6 bis 7 Objekte simultan (ohne zählen) wahrzunehmen ist aber schon beachtlich. Ich schaffe gerade mal 3 und mit Mühe 4.
ich habe mal einen Artikel gelesen den ich gerade nicht finde, bei dem es darum geht dass menschen und auch manche Tiere eine angeborene rudimentaere Faehigkeit fuer Zahlen haben. Sie sehen z.B. das Wort "WORT" und wissen ohne zu zaehlen das das 4 Buchstaben sind.
Wenn die Anzahl der Objekte klein ist, 4 bis 5, wird die taetsaechliche Menge wahrgenommen, danach ist es einfach "viel" oder "sehr viel".
Wenn jemand gar keine Vorstellung von Zahlen hat, dann ... zählt er nicht.
Aber ich habe noch nie davon gehört, dass es sowas gäbe.
Wenn jemand gar keine Vorstellung von Zahlen hat, dann ... zählt er nicht.
Zählen ist auch hier vielleicht der falsche Begriff. Aber Mengen unterscheiden müssen sie ja trotzdem irgendwie können, sonst wären sie nicht in der Lage sich durch den Raum zu bewegen, Hindernisse zu erkennen, usw. Also irgendeine Form von Unterscheidung muss ja vorliegen. Nur vermutlich eben nicht in der expliziten Form des konkreten Zählens, sondern in einer Art allgemeiner Mengenunterscheidung.
Auch das halte ich für eine ziemlich theoretische ... "Behinderung"?
Auf der anderen Seite weiß man, das Menschen Mengen bis ca. 7 intuitiv erfassen und unterscheiden und in Relation zueinander setzen kann. Das gilt auch für einige andere Tiere.
Auch das halte ich für eine ziemlich theoretische ... "Behinderung"?
Theoretisch ist daran nichts, das gibt es wirklich. Von einer Behinderung würde ich nur dann sprechen wenn wir von Umgebungen ausgehen, in denen Zahlen und Rechnen allgegenwärtig sind und die Allgemeinheit die Fähigkeiten des Zahlenlesens, usw. besitzen mit Ausnahme von Personen, die diese Fähigkeiten nicht besitzen. Es gibt jedoch auch bestimmte Kulturen, in denen Zahlbegriffe wie wir sie haben nicht vorliegen. "Behindert" würde ich diese dann eher nicht nennen. Sie erfassen Mengen dann nur auf eine ganz andere Art und Weise als in unserem Kulturraum.
Aber ich habe noch nie davon gehört, dass es sowas gäbe.
Doch, das gibt es. Das nennt sich Zahlenanalphabetismus. Ich wiederum war Dyskalkuliker bis vor zwei Jahren und konnte mir allerdings das meiste selbst beibringen innerhalb eines Jahres.
Wenn jemand gar keine Vorstellung von Zahlen hat, dann ... zählt er nicht.
Das ist mir jetzt erst aufgefallen, aber hier hast du mich wohl missverstanden. Vom Begriff der Zahl ist der Begriff des Zahlensinns oder der Mengenunterscheidung scharf zu trennen. Wenn ich von "Zahlenverständnis" spreche, dann meine ich, dass man konkret ein Zahlwort einem Objekt zuordnen kann. Menschen, die ein solches Verständnis nicht besitzen, "zählen" in dem Sinne eben auch nicht. Dennoch können sie Mengen unterscheiden, aber auch nur so weit wie die Menge überschaubar ist. Aus einer Menge von vier Gegenständen würden solche Menschen das Fehlen eines Gegenstands noch einfach bemerken. Dafür benötigen sie keinerlei Begriff von einer Zahl. Bei größeren Mengen dagegen, wie z.B. 400 Gegenstände, ist das kaum noch möglich.
Der Begriff der "Simultanerfassung" spielt hier eine Rolle, wie du sie hier ja indirekt erwähnt hast, nämlich das unmittelbare, mit einem Blick, Erfassen von Elementen in einer Menge. Diese Simultanerfassung lässt sich auch trainieren, was mir ebenfalls gelungen ist. (Und nein, ist keine Quasi-Simultanerfassung) Um das irgendwie mal gefühlt so zu beschreiben: Es ist wie als würde ich mein Sichtfeld oder mein Bewusstsein "dehnen" und dann kann ich mehrere Objekte simultan erfassen. Ich war beim ersten Mal damals ziemlich begeistert, dass ich dadurch Mengen noch wesentlich schneller zählen und erfassen konnte als vorher.
Wie zählen Menschen, die keinerlei Zahlenverständnis besitzen?
Eins, zwei drei, ganz viele
Das hört sich ganz nach dem Begriff der Simultanerfassung an. Ist die Simultanerfassung die natürliche intuitive Art Dinge voneinander zu unterscheiden?