Wie bezeichnet Aristoteles/Epikur und Kallikles Glück?

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Die antiken Philosophen sprechen von eudaimonia. Das heißt wörtlich, einen guten Geist haben, oder besser, eine gute Orientierung, um ein gelingendes Leben zu führen. Glück in unserem heute gebräuchlichen Sinn war da nicht gemeint. Die zentrale Frage aller antiken Philosophen spätesens nach den Sophisten (ca. 45o v.Chr.) war, welche Einstellungen, welche handlungsleitenden Tugenden führen zu einem erfüllten Leben. Dazu muss man zweierlei wissen.

(1) Das Leben damals war viel riskanter, der eigenen Initiative überlassen. Der Staat regelte nur das Nötigste und es gab keine sozialen Netzwerke. Da war man auf sich, auf die Familie und Freunde angewiesen. Hier erkennt man auch, dass Freundschaft in der Antike einen anderen, existentielleren Charakter hatte. Die Sterblichkeit war hoch, die Gefahr, z.B. außerhalb der eigenen Polis in Gefangenschaft und Sklaverei zu geraten groß. So auf sich, Familie und Freunde gestellt war es wichtig, das nahe Umfeld realistisch einzuschätzen und das Richtige zu tun. Wenn das alles gut organisiert war, hatte man eudaimonia (einen guten Geist und Zufriedenheit, Sicherheit) und Gelassenheit.

(2) Wir leben in einer nachchristlichen Zeit. Mit dem Christentum erfolgte eine Akzentverschiebung. Nicht mehr ein aktuell gelingendes Leben war Ziel, sondern ein Leben, das zum ewigen Leben führte. Für das Leben im jetzt aber gab es klare Vorschriften und Gebote der Kirche. Sinn des Lebens, war das ewige Leben zu erreichen. Diesen Sinn hat die Kirche okkupiert. Erst langsam machen wir uns frei von dieser Außenbestimmung und für viele ersetzt heute Vater Staat die ehemals dominante Rolle von Mutter Kirche. Glück als gelingende Selbstsorge für ein gutes Leben ist noch lange nicht in allen Köpfen. Sie suchen nach äußeren Sinnangeboten, nach Ersatz-Kirchen.

(3) Glück als Lebensglück ist eine starke Hoffnung und wer wäre nicht verwundert, dass sich die Warenwelt mit ihren Angeboten und verlogenen Werbung darüber hermacht. Glück durch Sex, Glück durch den richtigen Urlaub, Glück durch das protzige blechstrotzende Auto, Glück durch die Smartphonedemo des Gefragsseins, Glück durch das richtige Haus mit Supereinrichtung usw. Glück wird uns allüberall als käuflich geboten. Mit der richtigen Versicherung kann man sich sogar den persönlichen Schutzengel kaufen. Irgendwann zappeln die Menschen in diesen Spinnennetzen der Glücksversprechen und hoffen nur noch auf eins: Glück in der Ratesendung bei Günther Jauch.