Weitere Interview-Fragen zum Thema Kindheit und Jugend in der DDR?

2 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Kurz zu mir - ich war 11 als die Wende kam.

Schulzeit

Mein Lieblingsfach war Sport, was wohl einfach daran lag, das ich ziemlich sportlich war, was mein Sportlehrer auch entsprechend anerkannte (mich motivierte, lobte etc.).

Als besondere Lehrer habe ich einige in Erinnerung. 

Allen voran meine Deutschlehrerin, die gleichzeitig auch die Pionierleiterin der Schule war. Eine etwas ältere Frau, ziemlich streng aber sehr fair. Ich erinnere mich einmal meine Hausaufgaben nicht gemacht zu haben und als Ausrede gesagt zu haben ich hätte das Heft zu Hause vergessen. Was macht die gute Frau? Schickt mich nach Hause um das Heft zu holen (habe nicht so wahnsinnig weit weg gewohnt von der Schule). Wie es ausging weiß ich allerdings nicht mehr..

Ein Geschichtslehrer. Ich erinnere mich an die ersten Geschichtsstunden. Er war sehr alt (zumindest habe ich ihn als sehr alt empfunden) und konnte wunderbar erzählen. Alle klebten quasi an seinen Lippen als er von Urmenschen und Dinosauriern erzählte. Er war nicht streng, hat nie gemeckert, sondern merkte lediglich an, das es ihn traurig macht, wenn wir nicht aufgepasst haben. Wir Kinder hatten also ein schlechtes Gewissen, wenn wir nicht aufpassten und er tat uns leid. Also wurde aufgepasst und aufmerksam zugehört. Leider hatten wir nicht lange Unterricht bei ihm, da er in Rente ging. In der letzten Schulstunde mit ihm, haben viele geheult, weil sie traurig waren, das er uns nicht weiter unterrichtet.

Zur Abschlussprüfung kann ich nichts sagen - die hab ich zu DDR Zeiten nicht mehr erlebt.

Freizeit

Meine Woche war relativ gut (und aus heutiger Sicht sinnvoll) gefüllt. 

Ich war im Schulchor aktiv - da wurde immer Montag Nachmittag nach der 6. Stunde geprobt.

Dienstags hatte ich Musikschule. Angefangen klassisch mit Blockflöte, später durften wir uns andere Instrumente aussuchen. Ich habe Violine und Klavier gewählt.

Einen Mittwoch im Monat war immer Pioniernachmittag. Da traf sich die ganze Klasse und ein paar Lehrer in der Schule oder im Hort  zu Tee und Kuchen. Da wurde meist ein kleines Programm aufgeführt (ich musste z.b. häufig was auf der Flöte spielen) und zusammen gebastelt, Wandzeitungen erstellt und sowas.

Donnerstags hatte ich von 14-16 Uhr Sport AG.

Bis auf den Pionierrnachmittag waren das alles Dinge, die ich mir freiwillig aufgehalst hatte - also wollte. Der Pioniernachmittag hingegen war Pflicht.

Ansonsten erinnere ich mich als Kind viel draußen gewesen zu sein (bin in einer Kleinstadt aufgewachsen). Drinnen sitzen und TV schauen oder sowas gab es im Normalfall nicht. Wir bauten Buden im Wald oder sämtliche Kinder aus der Nachbarschaft trafen sich auf dem Spielplatz.

Es war irgendwie immer was los. Häufiger gab es Straßenfeste, die von den jeweiligen Anwohnern organisiert wurden und manchmal sammelten wir Kinder Eicheln und Kastanien oder Altpapier. Das konnte man bei einer zentralen Stelle abgeben und hat je nach Menge eine bisschen Geld bekommen und einen Beleg. Den konnte man in der Schule vorzeigen und in gewissen Abständen wurden Kinder ausgezeichnet, die besonders viel gesammelt hatten.

gesellschaftliche Organisation (Pioniere, PDJ, GST)

Ich war Pionier - wie jeder den ich kannte. Warum ich in der Pionierorganisation war weiß ich nicht. Es gehört irgendwie einfach dazu. Ich habe später meine Eltern mal gefragt, ob sie mich und meine Schwester aus irgendwelchen Gründen dafür angemeldet haben. Beide meinten, das darüber gar nicht nachgedacht wurde, sondern es einfach Standard war, ohne irgendeinen Hintergedanken oder eine bestimmte Motivation.

Das man im Grunde die Wahl gehabt hätte, also nicht hätte zwingend beitreten müssen, wurde mir erst weit nach der Wende klar.

Politisierung des Lebens

Ich schätze ich war einfach zu jung, um davon bewusst was mitbekommen zu haben. Natürlich wurden uns schon im jungen Alter auch gewisse Werte vermittelt. Frieden auf der Welt. Freundschaft mit anderen sozialistischen Ländern, wir lernten viel über diverse sozialistische Helden (Thälmann und Co.)

Über die 'andere Seite' wurde nicht viel bzw. gar nicht geredet. Mir war bewusst das es Grenzen gab, die man nicht überschreiten durfte (ich erinnere mich mal in einem Ferienlager gewesen zu sein, das ziemlich Grenznah lag und das uns eingetrichtert wurde, das sie in die besagte Richtung nicht zu weit gehen dürfen). Ich empfand das als normal.

Ich hoffe ich konnte dir ein bisschen weiterhelfen.

Unduso2 
Fragesteller
 02.11.2016, 14:50

Vielen Dank, das du dir dafür Zeit genommen hast. Das hilf wirklich sehr. Ich hätte noch eine Zusatzfrage die du aber nicht beantworten musst, wenn du nicht willst. Findest du die DDR sollte "wiederkommen"?

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holjan  03.11.2016, 11:46
@Unduso2

Gerne. :)

Sollte die DDR wiederkommen?

Jein. Beides hat bzw. hatte seine Vor- und Nachteile. 

Ob ich heute glücklicher unter damaligen Bedingungen wäre...darüber kann ich nur spekulieren. Ich weiß es nicht, vor allem, weil ich mich vermutlich auch völlig anders entwickelt hätte, hätte es die Wende nicht gegeben.

Ich traurere der Zeit damals nicht wirklich nach, bin aber dankbar, sie erlebt zu haben. 

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Ich hatte mehrere Lieblingsfächer: Deutsch, Englisch, Russisch, Geographie, Geschichte. Abschlussprüfungen hatte ich schriftlich in Russisch, Deutsch, Mathe und Physik, 4 waren Pflicht. Dazu war auch die Sportprüfung in der Leichtathletik Pflicht.

Mündlich war ich in 2 Prüfungen: Geographie und Biologie. 2-5 waren Pflicht, ausgesucht haben das die Lehrer.

Zu den Pionieren und in die FDJ mussten wir, alles andere hätte Strafen zur Folge gehabt, auch beruflich für meine Eltern.

Freizeit: Fernsehen, mit Freunden reden, Westmusik hören, Hausaufgaben, mit den Eltern und Großeltern etwas unternehmen... viele Freizeitangebote gab es hier damals nicht, da hat man heute deutlich mehr Möglichkeiten in Vereinen. Wir hattena ber auch samstags Schule.