Was spricht für / gegen die Rückgabe von Raubkunst?

3 Antworten

Falls du von Objekten in öffentlichen Museen sprichst, habe ich ein paar Überlegungen dazu. Kann man alles von mehreren Perspektiven betrachten (Besitzer, Bewahrung, Forschung, Kosten, Rechtslage, etc.)

pro:

  • die Nachfolger der Beraubten sind die heutigen Besitzer (moralisch betrachtet, darüber kann man diskutieren). Im Kolonialkontext wurden die meisten Objekte unrechtmäßig oder mit Tricks "rechtmäßig" angeeignet.
  • der beraubten Gesellschaft einen Teil Ihrer Geschichte, Kultur, Identität durch Restitution zurückgeben
  • Zeichen der "Wiedergutmachung" (das wäre Augenauswischerei)
  • Museen sparen sich Depot- und Restaurierungskosten (die meisten Objekte der Ethnologiemuseen befinden sich im Depot, nur ein geringer Bruchteil in den Schausammlungen)

contra

  • mit hohen Kosten für Museen verbunden (Provenienzforschung, Restitution, Einnahmenverlust bei Eintrittskarten wenn Top-Objekte restituiert werden --> andererseits Chance für Museen, sich neu zu orientieren)
  • fehlende/unklare Rechtslage
  • Restituierte Objekte werden von den neuen Besitzern verkauft, Objekte kommen in Privatbesitz und sind nicht mehr für die Öffentlichkeit und Forschung zugänglich
  • Restituierte Objekte werden nicht im Sinne westlicher Museen konserviert und öffentlich zugänglich gemacht (manche Objekte sind ursprünglich gar nicht gedacht, "betrachtet" zu werden oder kommen nur in bestimmten Zeremonien zum Einsatz)

Find ich toll, dass über so etwas in der Schule in Deutschland diskutiert wird!


Chrissteve 
Fragesteller
 04.10.2020, 19:52

Ich danke dir, für deine Mühe. Ich finde, dass Thema selbst auch sehr interessant. Ist halt aus meiner Sicht schwer, sich für eine Partei zu entscheiden

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topfblume83  04.10.2020, 19:55
@Chrissteve

Du musst dich auch gar nicht entscheiden. Jeder einzelne Restitutionsfall wird von Experten genauestens betrachtet und beurteilt (im Idealfall zumindest), das ist deren Aufgabe. Du sollst dir nur viele gute Überlegungen machen, was für eine Restitution sprechen könnte, aber auch, welche Schwierigkeiten damit verbunden sind. Dass darüber gesprochen wird, ist immerhin schon eine gute Sache und war nicht immer so.

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Chrissteve 
Fragesteller
 04.10.2020, 20:00
@topfblume83

Könntest du mir den ersten pro Argument etwas genauer erklären?

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topfblume83  04.10.2020, 20:26
@Chrissteve

die Frage nach den heutigen Besitzern ist schwierig zu klären. Viele Gesellschaften wurden von den Europäern ausgerottet und es finden sich keine direkten Erben mehr. Wen adressiert man in einem solchen Fall? Das heutige Land in dem sich die Vorfahren befunden haben?

Finden sich direkte Nachfahren, diese sind aber zersplittert, wer ist dann die Ansprechperson?

Führt das dazu, dass man sich Überlegungen für eine etwaige Restitution erst macht, wenn es Forderungen von Nachfahren gibt? Macht man sich die Mühe Nachfahren proaktiv auszuforschen? Viele Nachfahren haben vielleicht nicht das Wissen und die Mittel, sich eine Stimme zu verschaffen. Ignoriert man diese dann einfach?

Weiters und besser dargestellt, als ich darüber schwafeln kann:

https://www.sueddeutsche.de/kultur/kolonialismus-postkolonialismus-humboldt-forum-raubkunst-1.4334846

https://www.deutschlandfunk.de/debatte-um-koloniale-raubkunst-ueber-die-zukunft-der.691.de.html?dram:article_id=434129

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Chrissteve 
Fragesteller
 04.10.2020, 20:29
@topfblume83

Ich verstehe. Vielen lieben Dank, für deine Mühe. Du hast mir wirklich sehr geholfen!

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man spricht bei Raubkunst von doch namhaften Summen, die der rechtmässige Inhaber auf barbarische Art obendrein mit seinem Leben bezahlen musste. Also Nazideutschland, wo im Übrigen auch viele Kunstwerke einfach vernichtet wurden.

Und nach Jahrzehnten taucht eine namhafte Sammlung in einem verlotterten Einfamilienhaus auf......und die Suche nach den Erben beginnt, kann wie nicht mehr in Gerechtigkeit , welche Gerechtigkeit auch, zurück gegeben werden.

Raubkunst ist eben nicht nur so der einfache Raub eines Gemäldes........sondern die Besitzer wurden zu Tode geschunden und auch noch ihrer Goldzähne beraubt.

Diese Gemälde gehören darum im traurigen Andenken an ihre Besitzer und dass das gar nie mehr passieren darf........ganz klar in ein Museum.

Denn eben rechtmässige Nachkommen gibt es kaum mehr, nach dem 3. Reich. Aber natürlich doch muss man das probieren aber eben es gab nur wenige nach dem bedeutenden Fund der dem Kunstmuseum Bern vermacht wurde. Es ist ein Vermächtnis das man nicht gerade braucht oder wünscht....so viel ich weiss, ist die Suche nach rechtmässigen Erben für die Gemälde noch nicht abgeschlossen.

Diese Bilder wurden nicht nur geraubt......man raubte den Besitzern davon auf bestialische Weise ihr leben.

Raubkunst ist anders, als irgendwo clever einen Miro aus einem Museum zu entwenden.....an Raubkunst klebt Blut, Brutalität, Ungerechtigkeit die man mit nichts wieder gut machen kann.

Darf ich mal den avocado diaboli spielen, ohne zerfleischt zu werden?

In Europa sind die Sachen wenigstens für die Zukunft halbwegs sicher untergebracht.

Die zerstörerischen Geschichten die da gerade in Afrika ablaufen, wo unschätzbare Kulturgüter zerstört werden, sprächen deutlich dafür.

<duck und weg>