Was sind die Hauptmerkmale von Autismus?

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Es gibt keine direkten Hauptmerkmale, denn bei jedem Autisten zeigt sich der Autismus anders. Bei manchen sind die Unterschiede größer als bei anderen.

Es gibt keine einzige Eigenschaft, die jeder Autist hat.

Beispielsweise denken viele, dass Autisten immer hypersensibel sind, obwohl einige Autisten auch hyposensibel sind. Manche in fast allen Bereichen, manche nur in ein paar. Dazu zählen Dinge wie: Geräusche, Gerüche, Lichter, Berührungen, Interozeption, Stoffe (Kleidung), Texturen (Essen) etc. Also alles, was sensorische Reize sind - Ob von außen oder von innen.

Da nicht wenige Autisten sich maskieren - was sehr gesundheitsschädigend ist und keinesfalls unterstützt, gutgeheißen oder unter den Teppich gekehrt werden sollte - wird es noch schwieriger. Selbst "Hält keinen Augenkontakt" ist nicht immer korrekt.

Dabei geht es auch nicht darum, dass man keinen Augenkontakt halten kann, sondern es geht generell um Auffälligkeiten, die den Augenkontakt betreffen. Das kann bedeuten, dass man oft wegschaut, aber es kann auch bedeuten, dass man jemanden anstarrt. Die meisten Autisten berichten davon, dass Augenkontakt ihnen sehr unangenehm ist. Für einige sorgt sowas für einen Sensory Overload und es kann ihnen physische Schmerzen bereiten - So wie z.B. mir. Einige haben auch Schwierigkeiten damit, auditive Informationen zu verarbeiten und zu verstehen, wenn sie jemandem in die Augen schauen müssen. Das heißt, dass wir Autisten oftmals viel besser zuhören und Dinge verstehen können, wenn wir keinen Augenkontakt halten müssen.

und gibt es da auch verschiedene Stufen wie ausgeprägt es ist?

Nein. Bzw. kann das nicht offiziell festgelegt werden und ist sehr individuell. Es hängt auch stark damit zusammen, wieviel Support und Verständnis man von seinem Umfeld bekommt. Manche Autisten empfinden ihren Autismus als schwächer, andere als schwerer. Das ist auch alles korrekt so, nur kann niemand außer die "betroffene" Person selbst dies entscheiden.

Alles in einem gibt es keinen "leichteren"/"milderen" oder "stärkeren"/"schweren" Autismus: https://neuroclastic.com/its-a-spectrum-doesnt-mean-what-you-think/

Du kannst deinen Autismus und die Probleme, die du mit/wegen ihm hast, als "stark"/"schwach" einordnen, weil es sich für dich so anfühlt, doch ganz egal, wie sehr/wenig dich dein Autismus stört/behindert: Du bist nicht mehr/weniger autistisch, als ein anderer Autist, der seinen Autismus als stärker/schwächer wahrnimmt.

Es ist schwer für mich, das verständlich zu erklären.

Und ab wann kann man von sich sagen das man ein Autismus hat oder leichte züge von Autismus zeigt?

Wenn man eine offizielle Diagnose von einem Neurologen oder Psychiater mit Fachrichtung Autismus hat - Erst dann weiß man es ganz gewiss.

Es gibt da keine genaue Anzahl.

Ein paar Anzeichen für Autismus sind z.B (Aus dem Stehgreif runtergerattert, vieles fehlt, man muss nicht alles dafür erfüllen. Wenn du dich in dem meisten wiedererkennst, wäre es ratsam, dem auf die Spur zu gehen - Falls du dich mehr über Autismus informieren willst, versuche bitte zum Großteil auf englischsprachigen Quellen zu bleiben, außer es geht nicht anders):

  • Auffälligkeiten bezüglich Augenkontakt
  • Hyper- und/oder Hyposensibilität
  • Stimming
  • Probleme mit den Exekutiven Funktionen
  • Probleme mit der Mimikerkennung (zumindest oft bei Fremden - Viele Autisten können die Mimik etc. von Leuten, die sie gut kennen, ziemlich gut lesen, weil Mimik Mustern folgt)
  • Probleme mit dem Lesen, Verstehen, "korrekten" Anwenden von Gestik, Körpersprache, alles was dazugehört
  • Probleme, die eigene Sprechlautstärke anzupassen
  • Spezialinteressen (Keine - nur extrem, extrem, extrem selten! - Inselbegabungen!)
  • Auffälligkeiten in der Empathie (z.B. sehr gut affektive Empathie, Probleme mit der kognitiven Empathie), Hyperempathy, selektive Empathie, ... Wir Autisten können definitiv sehr viel mitfühlen und meistens tun wir das, aber wir können es nicht immer zeigen/ausdrücken
  • Meltdowns/Shutdowns (Nicht direkt auf Autismus zurückzuführen, sondern mehr auf ein verständnisloses Umfeld)
  • Sensory Overloads (Welche zu Meltdowns/Shutdowns führen können, nicht müssen)
  • Selektives Essverhalten (Nicht aufgrund von Allergien)
  • Probleme mit spontanen Planänderungen (Kann aber sein, dass man voll okay damit ist, solange die Änderung von einem selbst kam)
  • Starkes Bedürfnis nach Routine
  • Probleme in der Grob- und/oder Feinmotorik
  • Infodumping
  • Oversharing
  • Overexplaining (Um die letzten drei Wörter zu erklären: Infodumping = Sehr viel in sehr kurzer Zeit über das eigene Spezialinteresse reden/monologisieren, Oversharing = Nach zu kurzer Zeit zu viele Informationen über das private Leben, die eigenen Gefühle, Erlebnisse, Gedanken etc. rauslassen (Macht jeder mal, aber manche von uns Autisten können das nicht abschalten und damit starke Schwierigkeiten haben, einen tiefen, inneren Drang und können daher auch unter Umständen als "naiv" angesehen werden. Overexplaining: Generelle Dinge in zu vielen Details erklären, da du willst, dass dein Gegenüber exakt das gleiche Bild im Kopf hat wie du. Kann leider oft als nervig empfunden werden.)
  • Probleme damit haben, Geräusche oder andere sensorische Reize auszublenden (Beispiel: Du bist in einem Restaurant, dein Tischpartner redet, aber du musst dich anstrengen, ihn zu hören, weil vier Tische weiter gelacht wird, alle reden wild durcheinander, in der Küche klappern die Teller etc.)
  • Schwierigkeiten mit dem Abschätzen von Höhen, Tiefen, Breiten, Längen, Distanzen
  • Schwierigkeiten, zu erkennen, wo sich der eigene Körper in Relation zu anderen Objekten befindet (sich regelmäßig anstoßen, tollpatschig sein)
  • Wissen müssen, was passieren wird, wann, wieso, wie, mit wem, etc. pp. Besonders in Situationen, in denen du dich noch nicht so gut auskennst (Beispiel: Neue Bowlingbahn mit den Freunden besuchen, aber du kennst diesmal nicht alle, weil deine Freunde ein paar weitere von ihren Freunden eingeladen haben und denen wurdest du noch nicht vorgestellt.)
  • Sich seit man Denken kann wie ein Alien fühlen
  • Probleme im Knüpfen und/oder Aufrechterhalten von Freundschaften (Deshalb fällt es vielen Autisten schwer, neue Freunde zu finden, je älter sie werden)
  • Das Verhalten anderer kopieren, andere Menschen beobachten, wie sie ihre sozialen Interaktionen meistern (Eine Form des Maskings - Leider bereits bei kleinen Kindern mit Autismus zu beobachten)
  • Abneigung gegenüber Lügen
  • Probleme damit, Autorität zu respektieren, nur weil es eine Autorität ist
  • Probleme mit dem Lesen von Analoguhren
  • Schwarz-Weiß-Denken
  • Rechts-Links-Schwäche
  • Visuelles Denken
  • Starker Gerechtigkeitssinn
  • Blick fürs Detail
  • Das haben einige Autisten: Sich als Kind erwachsener/reifer fühlen als andere Kinder, aber als Erwachsener sich mehr wie ein Kind fühlen
  • Object personification
  • Alexithymie - Ist zwar nicht direkt ein Anzeichen für Autismus, aber einige Autisten haben ebenfalls Alexithymie und es ist bewiesen, dass die Ursache für weniger Empathiefähigkeit bei manchen Autisten viel eher mit Alexithymie als mit Autismus zusammenhängt.
  • Mieser Orientierungssinn
  • Probleme damit, Anweisungen zu folgen, wenn es zu viele hintereinander sind
  • Probleme, Ironie/Sarkasmus zu verstehen oder verständlich anzuwenden
  • Dinge zu wörtlich nehmen

Ich bin das mal durchgegangen und um dir einen Vergleich zu geben: 36 von 40 Punkten treffen auf mich zu - Natürlich in unterschiedlichen Schweregraden, aber sie treffen auf mich zu, ich habe damit Probleme und hatte sie über den Verlauf meines bisherigen Lebens stets gehabt, wenn auch mal mehr und mal weniger.

Und so weiter und sofort und was weiß ich noch alles.

Falls ich dir die einzelnen Begriffe genauer erklären soll, kannst du gerne nachfragen.

Ich entschuldige mich für eventuelle Rechtschreib- sowie Grammatikfehler!

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Ich bin diagnostizierte Autistin (Keine Selbstdiagnose)👽

Ich glaub einer der Hauptmerkmale sind nicht in den Augen schauen, sehr viel Abstand halten mehr weiß ich nicht genau