Was passiert, wenn ein Krankenwagen jemanden anfährt?

7 Antworten

Von Experte RedPanther bestätigt

Moin,

bei einem Eigenunfall mit Personenschaden gilt im Prinzip genau das, was § 34 StVO vorschreibt (egal, ob man mit oder ohne Sonderrechte unterwegs ist): anhalten, Rückmeldung an Leitstelle, Unfallstelle absichern, sich über mögliche Unfallfolgen vergewissern und möglichen Verletzten helfen.

Es ist bei einem Unfall zwischen Transporter und Fußgänger von einem Schwerverletzten auszugehen - Es sind weder unerlaubtes Entfernen vom Unfallort (§ 142 StGBnoch unterlassene Hilfeleistung (§ 323c StGB) durch die Sonderrechte gedeckt.

Es wird also angehalten, unverzüglich die Leitstelle informiert (sowohl zur Alarmierung der Polizei, als auch zur Alarmierung weiterer Rettungsmittel zum ursprünglichen Einsatz, als auch zur Unfallstelle), die Unfallstelle abgesichert und die Erstversorgung eingeleitet.

Bei einem Eigenunfall ohne Personenschaden kann - nach Absprache mit der Leitstelle und der Schwere des ursprünglichen Einsatzes - die Einsatzfahrt fortgesetzt werden, wenn

  • sichergestellt wurde, dass es keine Personenschäden gab (anhalten und und über Unfallfolgen vergewissern ist trotzdem Pflicht!),
  • kein anderes Rettungsmittel den ursprünglichen, dringenden Einsatz zeitnah übernehmen kann (§ 34 StGB, rechtfertigender Notstand),
  • die Polizei umgehend informiert wird,
  • das Fahrzeug noch fahrbereit ist und
  • nach Beendigung des Einsatzes unverzüglich an die Unfallstelle zurückgekehrt wird.

Lg.

Das ist meiner Tante passiert und sie wurde gleich mitgenommen

helfen sie dann der angefahrenen Person

Nein, warum denn auch? Warum sollte man sich um jemanden kümmern, der angefahren wurde?

oder fahren die dann einfach weiter?

Ja natürlich. Weil einender Paragraph in der StVO, der einen weitgehend von den Regeln der StVO entbinden, auch das komplette Strafgesetzbuch außer Kraft setzt... einschließlich solcher Dinge wie unterlassene Hilfeleistung und Fahrerflucht.

#nicht!

Es gelten eben sehr wohl noch sämtliche Paragraphen aus dem Strafgesetzbuch. Und da steht zum Beispiel drin, dass man sich nicht so einfach von einem Unfallort entfernen darf.

Das heißt, dass so eine Einsatzfahrt grundsätzlich vorbei ist, wenn es zu einem Unfall kam. Es muss auf jeden Fall angehalten werden, um sich über die Unfallfolgen zu vergewissern.

Wenn es sich um eine Bagatelle handelt (kleiner Sachschaden), dann kann allerdings der rechtfertigende Notstand eintreten, weil z.B. jemand gerade ein lebensbedrohliches Problem hat und der unfallbeteiligte Rettungswagen als einziger in vertretbarer Zeit dorthin fahren kann. Dann ist es rechtlich zulässig, Prioritäten zu setzen und weiterzufahren. Das ist die Ausnahme von der Regel, nicht der Normalfall.

Das kann natürlich nicht in einer Großstadt angewandt werden, in der der nächste andere Rettungswagen nur 3 km entfernt ist. Oder wenn der Patient, zu dem man unterwegs war, nur einen eingerissenen Fingernagel hat. Oder eben wenn beim Unfall jemand verletzt wurde und man sich um ihn kümmern muss.

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Ich hatte so einen Fall selbst einmal. Wir haben mit dem Schwerlast-RTW eine ca. 250 kg schwere Patientin mit kritischen Herzrythmusstörungen in Richtung Klinik gefahren. Weil die Kreislaufsituation sehr unsicher war und die Behandlungsmöglichkeiten unserer Notärztin ausgereizt waren, fuhren wir mit Sonderrechten. Duch einige unglückliche Umstände bzw. aufgrund eines Fehlverhaltens eines Autofahrers traf ich dabei den Außenspiegel eines entgegenkommenden LKW.

  • Angehalten (der Autofahrer fuhr weiter und ward nie wieder gesehen)
  • In den Patientenraum gefragt, ob alles gut ist
  • Nach dem Aussteigen ein kurzer Blick auf den RTW: Nur zwei Kratzer, d.h. weiter fahrbereit
  • Gespräch mit dem LKW-Fahrer: Unverletzt, regt sich über den Autofahrer auf
  • Schaden am LKW: Schaden an Spiegel und Seitenscheibe
  • Rücksprache mit Leitstelle: So "mitten im Nirgendwo" auf dem Lande kann natürlich kein anderer Schwerlast-RTW zeitnah anrollen
  • Austausch der Kontaktdaten mit dem LKW-Fahrer
  • Unfallmeldung über Leitstelle an Polizei
  • Fortsetzung der Fahrt
  • Anschließend Telefonat mit der Polizei, Terminabsprache (nach Dienstende) zwecks Zeugenaussage.

Weg fahren wäre Unfallflucht und unterlassene Hilfeleistung und davon befreien auch keine Sonder- und Wegerechte.

Anhalten, Rückmeldung geben, erste Hilfe leisten. Der ursprüngliche Patient und der abgefahrene Patient werden übrigens nicht von der beteiligten Besatzung weiter versorgt und transportiert, da diese beteiligt und somit befangen ist und sich sowie so in einer polizeilichen Maßnahmen befinden wird. Das Einsatzfahrzeug wird als "Tatwerkzeug" sicher gestellt. Nach den ganzen Maßnahmen würde die Besatzung für den Rest der Schicht höchstwahrscheinlich auch außer Dienst genommen.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung

Also, dass sie den Angefahrenen auch noch mit einladen halte ich für unwahrscheinlich...

iwaniwanowitsch  26.04.2021, 10:08

Tut auch niemand. Da spricht sehr vieles gegen.

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