Was macht Pflegeberufe so stressig?

7 Antworten

Da gibt es einmal die körperliche Belastung. Man arbeitet in Wechselschicht und der beinhaltet mindestens zwei, meist aber drei verschiedene Arbeitszeiten. Früh-, Spät- und Nachtdienst. Dies ist immer wieder eine Umstellung für den Körper und vor allem Nachtarbeit führt auf Dauer zu gesundheitlichen Problemen. Dies führt auch dazu, dass man unregelmäßig isst, was auch nicht gut ist für den Körper. Dazu kommt, dass man oft schwer heben muss, was oft zu Problemen mit dem Rücken führt.

Dann gibt es die psychischen Belastungen. Man arbeitet mit schwer kranken, oft sterbenden Menschen. Man wird konfrontiert mit Leid, Schmerz, Angst und dem Tod. Sowas kann nicht jeder Mensch so einfach verarbeiten. In Pflegeheimen kommt dazu, dass die Menschen ihre Wohnung und ihr gewohntes Umfeld aufgeben mussten. Im Krankenhaus kommt dazu, dass oft junge Menschen oder sogar Kinder an nicht heilbaren und tödlichen Erkrankungen leiden.

Als dritten Punkt gibt es noch die strukturellen Belastungen. Es gibt immer mehr pflegebedürftige und kranke Menschen, dafür aber immer weniger Pflegepersonal. Man muss also übermäßig viele Menschen versorgen und die Qualität, die man erbringen möchte, bleibt größtenteils auf der Strecke. Man steht ununterbrochen unter Strom. Dazu kommt eine hohe Ausfallquote und Fluktuation. Man wird an freien Tagen immer mal wieder angerufen und muss einspringen.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung – Pflegefachkraft

Das Problem ist das es körperlich anstrengend ist und die Stellen unterbesetzt sind.

Also anstatt dir Zeit für eine Person nehmen zu können musst die sie wie am Fließband abarbeiten.
Das ist menschlich anstrengend und natürlich stressig.
Wenn du zb in 2 Stunden bei 8 Personen vorbei musst, sie wecken, waschen, ankleiden, Frühstück machen.

Dabei bleibt das Menschliche auf der Strecke. Nun stell dir einsame alte Dame vor für welche der Kontakt mit dem Pflegepersonal der Einzige Kontakt ist. Und nicht mal mit dem kann sie sich etwas unterhalten. Weil die schlicht keine Zeit dafür haben.

Und Viele sind eigentlich genau deshalb in die Pflege gegangen, um sich um Menschen zu kümmern. Einfach mal unterhalten, zuhören gehört eigentlich dazu.
Aber wenn dafür keine Zeit ist...

OrangeLila  16.06.2023, 20:31

2h für 8 Patienten wäre traumhaft. Realität sagt leider was anderes. Oft betreut eine Pflegekraft 20 Patienten tagsüber. Nachts doppelt so viel. Einfach schrecklich..

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Caila  16.06.2023, 21:26
@OrangeLila

Naja bezog sich jetzt auf meine Erfahrung im mobilen Pflegedienst. Also Fahrzeiten noch einberechnen. Für mich als Praktikantin fühlte sich das schon sehr viel an.

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OrangeLila  16.06.2023, 21:30
@Caila

Ja ambulanter Pflegedienst ist auch nicht ohne..

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Zu wenig Pflegekräfte auf zu viele Patienten. Man muss in Akkord arbeiten, um nur einen Bruchteil der Arbeit zu schaffen und die Arbeit ist am Ende nicht mal gut erledigt worden.
Das Leid tragen am Ende die Patienten leider. Bei uns betreut eine PK tagsüber 18 Patienten. Wenn es zeitlich nicht drin ist, dann werden die Patienten eben nicht gewaschen und wer nicht selber essen kann.. hat leider Pech gehabt, weil ja eben nur eine Person da ist die Essen anreichen kann. Verbände..? Nässen halt 2-3 Tage mal durch bis endlich jemand Zeit hat diese zu versorgen. Jemand hat eingenässt oder eingestuhlt..? Kann leider Stunden dauern bis jemand kommt und das beseitigt.

Das ist schrecklich. Grausam. Abscheulich. Einfach respektlos und nicht akzeptabel! Aber das Leute.. ist leider die Realität.

Ich liebe meinen Job, ich gebe immer 300% (obwohl man fix und fertig ist), aber die leidtragenden sind die Patienten und es macht mich unendlich wütend!

20Fragender00 
Fragesteller
 16.06.2023, 22:23

Vielen Dank für deine Einblicke. Wie sieht denn deine Meinung aus, könnten sich die Zustände in Zukunft bessern oder ist da eher keine Besserung in Sicht? Und was müsste man machen, damit die Arbeitsbedingungen besser werden?

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OrangeLila  16.06.2023, 22:53
@20Fragender00

Das was wir wollen ist mehr Personal. Eigentlich löst das fast alle Probleme. Aber das zu kriegen ist nicht einfach. Geld ist nicht das Problem. Die Leute kommen nicht in die Pflege, nur weil sie dort plötzlich viel Geld kriegen. Attraktiver gestalten: Weniger lange Schichten, nicht so viele Tage am Stück arbeiten, weniger Überstunden, mehr Frei bieten, weniger Feiertage und Wochenenden arbeiten, mehr Flexibilität bei der Arbeitszeit, Leiharbeiter verbieten, mehr Komfort für Mitarbeiter (Fitnessstudiomitgliedschaft, Gutscheine, Prämien, vernünftige Angebote für Mitarbeiter halt).. Aber das alles kann man wiederum nur anbieten, WENN man genug Personal hat. Es ist also eigentlich ein Teufelskreislauf.

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Topses  04.09.2023, 10:30
@OrangeLila

Nochmals 100%ige Zustimmung. Danke! Natürlich würde ich mich sehr über mehr Geld freuen, aber lieber auf eine Gehaltserhöhung verzichten, wenn man dafür deine aufgezählten Leistungen erhält.

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Topses  04.09.2023, 10:28

Absolut korrekt. Für mich gibt es keine Krankenpflege mehr, es ist leider nur noch reinste Schadensbegrenzung.

Und was mich noch mehr wütender macht, dass es den verantwortlichen Politikern die ganze Katastrophe ungehindert am A... vorbeigeht.

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Was das stressig macht ? Die Politik.

Zuviele Patienten auf zu wenig Personal

Zeitdruck

Doppelschichten

Nachtschichten

Gesundheitspolitik und auch die Bewohner, die Krankheitsbilder werden "Anspruchsvoller" , psychische Erkrankungen werden mehr die in die Heine einziehen und auch die Angehörigen die sind auch oft nervig...

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Da ich schon älter bin und Erfahrungen habe

Ich bin nicht in der Pflege, Folge auf Instagram aber Tammy Hentschel, einer Aktivistin, die in der Pflege tätig ist.

Und sie beschreibt ganz klar den Personalschlüssel als Problem.

Es gibt viel zu wenige Pflegekräfte für viel zu viele Patienten/Kunden.

Darunter leidet nicht nur die Qualität sondern natürlich auch die Pfleger selbst.

Von der miesen Bezahlung mal ganz zu schweigen.