Warum waren Juden früher so unbeliebt - abgesehen von den Nazis?

9 Antworten

Sie waren deshalb unbeliebt weil sie anders waren. Die ersten Juden kamen mit den Römern. Damals waren die Germanen noch keine Christen. Sie lebten noch in Stämmen und haben sich gegenseitig bekämpft. Die Juden lebten aber nicht in ihren Dörfern, sondern in den Städten der Römer. Nach der Vertreibung der Römer blieben die Juden in Germanien zurück.

Sie passten sich auch danach nicht an die einheimische Bevölkerung an und machten sich selbst durch ihre fremdartige Sprache und ihre Kleidung kenntlich. Trotzdem vermischten sie sich stark mit den Germanen. Heute hat ca. jeder zehnte Deutsche auch jüdische Vorfahren. Das kann man genetisch nachweisen. So haben sich die Juden unfreiwillig doch an die Deutschen angepasst.

Im Mittelalter waren die Juden gezwungen sich kenntlich zu machen. Sie mussten zum Beispiel gelbe Hüte tragen und so kam es immer wieder zu Pogromen. Bei diesen Pogromen wurden sehr viele Juden nach Osteuropa vertrieben. Ihre Sprache war damals Jiddisch und diese Sprache nahmen sie mit. Jiddisch hat sich in Deutschland entwickelt und das kann man noch heute hören.

Bis zum Kaiserreich hatten sich die hier gebliebenen Juden durch die Vermischung mit den Deutschen optisch so weit an die Deutschen angenähert, dass man sie nicht mehr von ihnen unterscheiden konnte. Sie sahen aus wie die Deutschen, sie sprachen wie die Deutschen, sie hatten sogar viele Sitten übernommen. Nur ihre Religion legten sie nicht ab. Viele von denen sprachen noch nicht einmal mehr Hebräisch und selbst Jiddisch war ihnen fremd.

Der Deutschen Bevölkerung waren diese Juden vollkommen egal, weil sie die nicht unterscheiden konnten. Diese Juden haben im Kaiserreich auf der Seite der Deutschen gegen die Franzosen gekämpft und auf französischer Seite gegen die Deutschen. Sie waren zu Deutschen und Franzosen geworden.

Die Bevölkerung hat sich an ganz anderen Juden gestört. Die kamen zu dieser Zeit in großen Massen aus dem Osten, aus Russland, Polen, Ungarn, Rumänien und so weiter. Diese Juden sahen vollkommen anders aus, als die angepassten deutschen Juden. Sie trugen andere Kleidung, andere Frisuren, sie sprachen kein Deutsch und sie hatten andere Sitten. Diese Juden wurden von den Deutschen auch als Juden wahr genommen. Diese Juden waren die Nachfahren derer, die im Mittelalter aus Deutschland vertrieben wurden. Jetzt kamen die Nahfahren also zurück.

Dabei wollten diese Juden gar nicht in Deutschland bleiben. Sie kamen aus dem Osten, weil sie dort durch die ständigen Pogrome vertrieben wurden. Dort erschlug man sie auf offener Straße oder hängte sie an die Bäume, weil sie sich einfach nicht anpassen wollten. Sie haben sich selbst kenntlich gemacht durch ihre Andersartigkeit und so bald etwas Schlimmes eintrat, wie eine Dürre oder ein Hagelsturm, dann waren die Juden Schuld. Aber auch wenn jemand sein Land verlor oder wenn jemand einen schlechten Tag hatte, dann waren die Juden schuld. Die waren eigentlich immer Schuld, egal was passierte. Also hat man sie aus diesen Ländern in immer wiederkehrenden Wellen, mit einem dauerhaft aufrecht erhaltenen Druck und immer wieder kehrenden Pogromen vertrieben.

Sie sind nach Deutschland geflohen um von Hamburg und Bremen aus, nach Amerika weiter zu fahren. Allerdings hat es nur ein kleiner Teil der Juden auf die Schiffe geschafft. Viele hatten gar nicht das Geld für eine Überfahrt. Anderen gefiel es so gut in Deutschland, dass sie geblieben sind. Denn hier gab es zu dieser Zeit schon lange keine Pogrome mehr. Gegen wen hätten sich die auch richten sollen? Die Juden die hier lebten, waren ja nicht zu erkennen.

Natürlich haben die neuen Juden aus dem Osten sich auch hier nicht angepasst, sondern sind so herum gelaufen wie in ihrer alten Heimat. Das hat selbst die Juden gestört, die schon seit 1700 Jahren hier lebten. Darüber gibt es Augenzeugen Berichte aus dieser Zeit.

Der deutschen Bevölkerung gefiel es natürlich gar nicht, dass die Juden sich jetzt in ihrem Land breit machten. Es gab eine allgemeine Ablehnung, die von der Presse aufgegriffen und sehr verstärkt wurde. Die waren Fremde und Fremde bedeuteten nie etwas Gutes. Die konnten eigentlich nur gekommen sein um sich hier ein feines Leben zu machen, auf Kosten der deutschen Bevölkerung. So wurde es in der Presse dargestellt und so war das Empfinden der Deutschen. Antisemitismus war weit verbreitet und niemand störte sich daran, wenn jemand in der Zeitung gegen die Juden hetzte.

So etwas gab es aber nicht nur in Deutschland, sondern auch in allen anderen Ländern in Europa. Auch in den USA gab es einen starken Antisemitismus. In Deutschland und Frankreich gab es so gut wie keinen Unterschied in der Wahrnehmung der Juden.

Als dann die Nazis an die Macht kamen, benutzten sie genau diese Juden aus dem Osten als Projektionsfläche, dabei meinten sie aber die Juden, die schon lange angepasst unter den Deutschen lebten. Denn die hatten Geld und politische Macht. Die anderen waren nur arme Bauern aus dem Osten. Die hatten gar nichts.

Diesen Irrtum der eigenen Bevölkerung haben die Nazis nie aufgeklärt. Im Gegenteil! Sie haben alle Juden in einen Topf geworfen und wurden so auch die Juden los, die seit 1700 Jahren unter den Deutschen lebten.


Oderwieoderwat 
Fragesteller
 21.05.2023, 10:10

Danke! Ich finde Jiddisch klingt dem deutschen auch sehr ähnlich

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Bodesurry  21.05.2023, 10:55

Manches stimmt - manches auch nicht. Die Nazis wollten das Vermögen der reichen Juden. Deren Firmen, Häuser und Wertgegenstände. Die Juden aus dem Osten spielten dabei fast keine Rolle. Ich habe sehr viele Biografien von Juden und Nazis gelesen. Juden aus dem Osten waren fast nie ein Thema.

Um 1900 war einem Teil der Bevölkerung ein Dorn im Auge, dass es so viele Juden zum Wohlstand brachten.

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Fuchssprung  21.05.2023, 10:57
@Bodesurry

Du hast die Projektionsfläche außer acht gelassen. Dafür benutzte man die Juden aus dem Osten.

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Bodesurry  21.05.2023, 11:09
@Fuchssprung

Das ist richtig so. Jedoch vor allem durch die Propaganda von Josef Goebbels. Im Alltag merkte man in Deutschland wenig von Juden aus dem Osten.

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Fuchssprung  21.05.2023, 11:09
@Bodesurry

Sag ich doch! Sie wurden als Projektionsfläche benutzt. Sie wurden viel bedrohlicher dargestellt als sie waren. Und das nicht erst bei den Nazis sondern auch schon viel früher.

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Das hat mit 2000 jährigem christlichen Antijudaismus zu tun. Die christlichen Kirchen wurden nicht müde, die Juden als Gottesmörder zu diffamieren. Im christlichen Zeitalter, als die Religion noch eine zentrale Rolle spielte, hatte das fatale Folgen.

Dabei kann die neutestamentliche Forschung die Juden entlasten. Es waren eindeutig die Römer, die Jesus als Aufrührer hinrichten ließen. Und dass sich der Wanderprediger und Endzeitprophet selbst gar nicht als Gott gesehen hat, macht die Sache um so tragischer. Als gläubigem Juden wäre ihm das nie in den Sinn gekommen.


Bodesurry  21.05.2023, 10:57

Der Vorwurf Gottesmörder ist auch völlig paradox. Die Rettung eines Christen ist nur dank dem Opfertod von Jesus am Kreuz möglich. Somit hätten die Christen den Juden dafür dankbar sein müssen.

Neben dem Vorwurf, den Du beschreibst, wurden die Juden auch für die Pest, Hungersnöte und andere nicht erklärbare Vorkommnisse verantwortlich gemacht.

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Ein Teil der Juden war sehr erfolgreich. Als Ärzte, Anwälte, Unternehmer, Künstler... durch ihre Namen fielen sie auf und man erkannte sie als Juden.

Minderheiten nimmt man auch gerne als Sündenböcke. Wenn es nicht so läuft wie es sollte, dann sind diese dafür verantwortlich.

Das brachte Neid und Missgunst hervor.

Ein französischer Mönch schrieb 1135 über die Juden:
 "… Unter allen Nationen verstreut, ohne König oder weltliche Fürsten, werden die Juden mit schweren Steuern bedrückt.
 Das Leben der Juden ist ihren grimmigsten Feinden anvertraut. Selbst im Schlaf werden sie von Schreckensträumen nicht verlassen. Wenn sie zum nächstgelegenen Ort reisen wollen, müssen sie mit hohen Geldsummen den Schutz der christlichen Fürsten erkaufen, die in Wahrheit ihren Tod wünschen, um ihren Nachlass an sich zu reißen.
 Äcker und Weinberge dürfen sie nicht besitzen. Also bleibt ihnen als Erwerb nur das Zinsgeschäft und dieses macht sie wieder bei den Christen verhasst …" (Quelle www.planet-schule.de)

Im Mittelalter durften Juden nur sehr wenige Berufe ergreifen. Eines davon war der Geldhandel. Wenn man Geld brauchte, machte man gerne Geschäfte mit den Juden. Wenn es um die Rückzahlung ging, hasste man sie.


adianthum  21.05.2023, 18:39

Und das hat über die Jahrhunderte die merkwürdigsten (Gedanken) Blüten bei allen Andersgläubigen getrieben.

Und waren die Juden mal nicht verfügbar, verbrannte man halt ein paar Hexen (Hexeriche) oder falls greifbar, Rothaarige mit Sommersprossen...

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Bodesurry  21.05.2023, 18:56
@adianthum

...oder umgekehrt. Bei den Kreuzzügen tötete man Juden, wenn keine Muslime da waren. Manchmal schon auf dem Weg ins "Heilige Land".

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Eine kurze Antwort von mir, für Genaueres bitte weiter informieren:

Juden sahen sich immer als abgeschlossene Gruppe in die man nicht einsehen konnte. Ihnen wurden früher viele Tätigkeiten verboten aber der Handel mit Geld nicht, was dazu führte daß viele Menschen von ihnen abhängig wurden wie heute bei Banken. Das führte dazu, daß man schnell dachte, die Juden sind Schuld an meiner Misere.


Bodesurry  21.05.2023, 10:59

In den meisten Fällen wählten die Juden die Absonderung nicht. Sie wurden dazu gezwungen. Dazu nur ein Beispiel:

Mit der päpstlichen Bulle Cum nimis absurdum verfügte Paul IV. am 14. Juli 1555 den Ghettozwang für die im Kirchenstaat lebenden Juden.[2] Diese Lebensform in einem zugewiesenen Stadtteil oder einer einzelnen Judengasse wurde bis zur jüdischen Emanzipation im 19. Jahrhundert aufrechterhalten.[3]

https://de.wikipedia.org/wiki/Ghetto

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steefi  21.05.2023, 12:30
@Bodesurry

Dann stellt sich mir die Frage: Warum wurden sie dazu eigentlich gezwungen ?

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Weil sie reich sind, wenn alle anderen Arm sind. Weil sie es meistens waren die gerade in den Krisen noch mal mehr Geld verdient haben.

Das wirkte auf die meisten Menschen etwas „komisch“. Da teilweise verhungerten, während die Juden immer reicher wurden.

Da führte dann zu der Missgunst welche Juden in allen Kulturen entgegengebracht wurde.


Bodesurry  21.05.2023, 11:07
Weil sie reich sind, wenn alle anderen Arm sind. 

Das entspricht nicht in Ansätzen der Wahrheit. Ganz abgesehen davon, dass es neben reichen Juden, auch immer viele durchschnittlich verdienende und arme Juden gegeben hat.

Christen haben Juden im Mittelalter zum Geldwechselberuf gezwungen. Sie durften selber kein Zinsgeschäft führen.

Der Judenhass kommt aus Vorkommnissen wie diesen:

Ein Mädchen der 1. Klasse erzählt im Buch „Daniel, mein jüdischer Bruder“, dass sie in der Schule ein Buch durchnahmen mit dem Titel „Der Giftpilz – ein Stürmerbuch für Jung und Alt“. Darin waren Juden mit betont hässlichen Gesichtern abgebildet. Sie hatten hervorquellende Augen, dicke, krumme Nasen und die Männer trugen struppige Vollbärte. Sie zeigen alle einen hinterhältigen und verschlagenen Gesichtsausdruck. Ihr Körperhaltung waren gekrümmt und einige hatten einen Buckel.

Im weiteren erzählt die Autorin, dass die Lehrerin ein grosses Plakat zeigte, auf der ein angeblicher Judenjunge dargestellt war. Der Junge hatte ein hässliches Gesicht, schmuddelige Kleider und struppiges Jahr. Er sei ein Dieb, sagte die Leherin, und würde aufrührerische Reden gegen gute, „arische“ Menschen führen. So wie er seien alle Judenkinder, man müsse sich vor ihnen in Acht nehmen.  Die Schülerin wagte gegen eine solche Darstellung zu protestieren. Sie sagte, die Juden, die sie kenne, die würden diesem Bild nicht entsprechen. Darauf bekamen sie und ihre Eltern ziemliche Probleme.

 

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